Kryptowährung:Wie das Halving bei Bitcoin funktioniert

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Vor allem für Mining-Unternehmen ist das Halving beim Bitcoin eine Herausforderung. Ihre Marge sinkt schlagartig und drastisch. Der Preis der Währung jedoch dürfte mittelfristig anziehen - wenn die Nachfrage stabil bleibt. (Foto: Lars Hagberg/AFP)

Am Samstagmorgen halbiert sich der Nachschub an neuen Bitcoin, die in großen Rechnerfarmen geschürft werden. Das Event dürfte einige Auswirkungen haben - auch auf den Preis der Währung.

Von Max Muth

Man stelle sich vor, die Hälfte aller Goldquellen der Welt würde schlagartig versiegen. Unzählige Minen, in denen von heute auf morgen kein einziges Quäntchen Gold mehr zu finden wäre. Der Nachschub an frischem Gold, das Investoren kaufen können: plötzlich halbiert. Was würde solch ein Vorkommnis wohl mit dem Preis von Gold machen?

Mit dieser etwas kruden Analogie werden derzeit landauf landab in Bitcoin-Publikationen und Investment-Podcasts die möglichen Folgen des anstehenden "Halvings" im Bitcoin-Protokoll illustriert. An sich ist der Goldvergleich gar nicht schlecht, denn Bitcoin wird ähnlich wie das Edelmetall "geschürft". Nur eben nicht in Minen mit Spitzhacken, sondern in großen Rechnerfarmen und durch Computer, die Mathematikrätsel lösen. Ein wenig krude wird die Goldanalogie vorwiegend dadurch, dass das Halving eben nicht überraschend geschieht. Dass sich der Bitcoin-Nachschub mal wieder verringern würde, war eigentlich seit Jahren, mindestens aber seit Monaten klar. Vor allem diejenigen, auf die das Halving die größten Auswirkungen hat, dürften gut vorbereitet sein: die Mining-Unternehmen. Also die Betreiber der riesigen Rechnerparks, die mit ihren Rechenkapazitäten nach neuen Bitcoins schürfen.

Diese Miner bekamen in den Jahren seit dem letzten Halving pro gelöstem Mathematikrätsel - also pro erfolgreichem Schürfvorgang - genau 6,25 Bitcoin gutgeschrieben. Ab Samstagmorgen etwa 4 Uhr mitteleuropäischer Zeit halbiert sich dieser Betrag. Miner erhalten ab diesem Zeitpunkt nur noch 3,125 Bitcoin für einen erfolgreichen Rechenvorgang. Das macht ihr Geschäft schwieriger, und zwar brutal schwieriger. Die Firmen müssen schließlich teure Hochleistungsrechner kaufen, die obendrein enorm viel Strom fressen.

Die Gold-Analogie: nett, aber krude

Derzeit liegt der Preis, den ein Bitcoin auf dem Markt erzielen muss, damit Mining-Unternehmen nach Abzug ihrer Kosten auf null kommen, bei rund 23 000 Dollar. Nach dem Halving werde dieser Wert auf rund 43 000 Dollar steigen, sagte der Chef des großen Mining-Unternehmens Marathon, Fred Thiel, Bloomberg TV. Die Marge würde damit um 20 000 Dollar pro geschürftem Bitcoin sinken. Beim aktuellen Kurs von rund 63 000 Dollar wäre sie aber immer noch ziemlich hoch.

Gefährlicher würde es, wenn der Bitcoin-Preis nach dem Halving noch einmal deutlich sänke. Fiele der Preis unter die Marke von 43 000 Dollar, dann würden viele Mining-Operationen unrentabel. Zur Erinnerung: Ein Bitcoin-Preis von 43 000 Dollar ist noch gar nicht lange her. Zuletzt war das vor wenigen Monaten, im Dezember 2023, der Fall. Vor allem ältere und weniger effiziente Mining-Computer dürften in so einem Fall abgeschaltet werden - bis der Preis wieder steigt oder der Bitcoin-Abbau wieder leichter wird.

Denn auch das ist im Bitcoin-Protokoll vorgesehen: Sinkt die Rechenpower, die für das Schürfen im gesamten Netzwerk zur Verfügung steht, passt das Netzwerk die Schwierigkeit so an, dass weiterhin rund alle zehn Minuten künftig 3,125 neue Bitcoins geschürft werden. Wird das Schürfen wieder leichter, dann werden zuvor abgeschaltete ältere Maschinen erneut rentabel und gehen wieder online. Dieses ökonomische Ballett ist für Miner nichts Neues. Das am Samstag anstehende Halving ist bereits das vierte derartige Ereignis.

Was macht der Preis nach dem Halving?

Für Anleger viel interessanter sind jedoch die Überlegungen, wie sich der erneute einprogrammierte Angebotsschock auf den Preis auswirken wird. Ökonomische Orthodoxie hat dazu eine klare Meinung: Sinkt das Angebot bei gleichbleibender Nachfrage, dann steigt der Preis. Doch es gibt wie immer ein paar Unwägbarkeiten. Die Nachfrage nach Bitcoin ist nach der Erlaubnis von neuen Bitcoin-Fonds durch die US-Börsenaufsicht im Januar nämlich bereits stark gestiegen. Mit diesen sogenannten Bitcoin-Spot-ETFs können Anleger in den Vereinigten Staaten dem Preis der Kryptowährung eins zu eins folgen, und zwar über regulierte Börsen. Wie viel dieser gestiegenen Nachfrage schon auf Erwartung des Halvings zurückzuführen ist, weiß niemand. Gut möglich, dass die Nachfrage nun erst einmal zurückgeht. Auch möglich ist, dass die Mining-Unternehmen zusätzlich zu den geschürften Bitcoins auch Bitcoin-Bestände abverkaufen, um ihre Kosten zu decken, das Bitcoin-Angebot also die ersten Monate gar nicht sinkt.

Auch Hartmut Giesen, der bei der Hamburger Sutor Bank für Kryptowährungen zuständig ist, erwartet keine großen Preisbewegungen. "Das Halving ist als Spekulationstreiber im aktuellen Bitcoin-Kurs bereits eingepreist", schreibt Giesen in einer Mitteilung der Bank. Durch Gewinnmitnahmen sei es sogar eher wahrscheinlich, dass der Kurs zunächst nachgibt. Mittel- bis langfristig geht Giesen jedoch von steigenden Kursen aus: "Eine höhere Nachfrage durch Bitcoin-ETFs und eine allgemein vereinfachte Zugänglichkeit treffen auf ein nach dem Halving knapperes Angebot. Schon heute übersteigt die Nachfrage das tägliche Mining von Bitcoin."

Nimmt man die Geschichte der bisherigen Halvings als Maßstab, gibt es ebenfalls Anlass zu Optimismus unter Bitcoin-Haltern. Bislang gab es drei Halbierungen der Bitcoin-Belohnungen. Rund um die Halvings selbst stagnierte der Preis oft eine Weile, ein paar Monate danach schloss sich jeweils eine starke Rallye an.

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Ottmar Neuburger hat Raketen gebaut, Blaualgen gezüchtet, Bücher und Software geschrieben. Der IT-Unternehmer über erfolgreiche Kryptowährungen, erfolglose Romane und seine schlechte Zeit im Internat.

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