Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat mit scharfer Kritik auf die Streikankündigung der Lokführergewerkschaft GDL reagiert. "Ich habe null Verständnis für diese Form der Tarifauseinandersetzung", sagte der FDP-Politiker im ZDF. Seiner Meinung nach nimmt der Tarifkonflikt zwischen Bahn und GDL zunehmend destruktive Züge an. "Ich glaube auch nicht, dass Herr Weselsky sich und seiner Gewerkschaft mit diesem Stil einen Gefallen tut", sagte Wissing mit Bezug auf den GDL-Vorsitzenden Claus Weselsky.
Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hatte zuvor ihre Beschäftigten erneut zum Streik aufgerufen. Dieser wird im Personenverkehr am frühen Mittwochmorgen um zwei Uhr beginnen und soll bis Montag kommender Woche, 18 Uhr, andauern. Die Deutsche Bahn hatte am Freitag ein neues Tarifangebot vorgelegt, das bisher dritte in dieser Runde. Darin geht die Bahn erstmals auf die Kernforderung der GDL ein, die Arbeitszeit für Lokführer und andere Schichtarbeiter ohne Lohneinbußen zu reduzieren.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will sich trotz der Ankündigung für den langen Streik nicht in den Tarifkonflikt einmischen. Dies sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht geplant, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Die Tarifautonomie in Deutschland sei wichtig. "Das ist Sache der Tarifparteien." Allerdings wünsche sich der Kanzler natürlich schnelle und konstruktive Gespräche, sodass die Nebenwirkungen möglichst gering blieben. Er bekräftige daher seinen Aufruf, sich gütlich zu einigen.
Weselsky: Streiks sind rechtmäßig und verhältnismäßig
GDL-Chef Weselsky verteidigte erwartungsgemäß den sechstägigen Streik. Es ist der längste Arbeitskampf, den er in seiner bisherigen Zeit als Vorsitzender der Gewerkschaft, die er seit 2008 leitet, ausgerufen hat. Die Arbeitgeber seien der Gewerkschaft mit ihrem jüngsten Angebot nicht entgegengekommen, kritisierte er. "Wir können lesen. Wir wissen, was dort geschrieben steht. Und es ist keine Verhandlungsgrundlage zum Einstieg in einen Verhandlungstermin mit der DB." Die Streiks bezeichnete Weselsky als "rechtmäßig, verhältnismäßig und zulässig".
Vor anderthalb Wochen hatte die Bahn noch per einstweiliger Verfügung versucht, den damaligen Lokführerstreik zu verhindern. Sie scheiterte damit aber vor dem Arbeitsgericht Frankfurt und dem Landesarbeitsgericht Hessen. Diesmal will der Konzern gegen die GDL-Pläne nach eigenen Angaben nicht gerichtlich vorgehen. "Die DB wird gegen den sechstägigen GDL-Streik keine Rechtsmittel einlegen", teilte das Unternehmen mit. Eine einstweilige Verfügung zu erwirken, sei nach rechtlicher Prüfung aktuell nicht geplant.