BGH-Entscheidung:Bäckereien dürfen den ganzen Sonntag Semmeln verkaufen

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Eine Münchner Bäckerei verkaufte einem Testkäufer an Pfingsten 2017 eine Breze und zwei Krusti - und bekam dafür eine Klage bei der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)
  • Bäckereien mit angeschlossenem Café dürfen sonntags auch außerhalb der Ladenschlusszeiten Backwaren verkaufen, hat der Bundesgerichtshof entschieden.
  • Dabei sei es egal, ob die Backwaren belegt sind - sie seien ohnehin als "zubereitete Speisen" zu werten.
  • Hintergrund des Streits waren die Öffnungszeiten einer Kette in Bayern. Dort dürfen Bäckereien an Sonntagen eigentlich nur drei Stunden öffnen.

Von Vivien Timmler

Kein Sonntagsfrühstück ohne Brötchen und Brezeln - oder wie es in Bayern heißt: Semmeln und Brezn. Aber wie lange darf der Bäcker überhaupt aufhaben? Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun geklärt: Bäckereien dürfen Kunden auch außerhalb der vorgeschriebenen Öffnungszeiten bedienen - allerdings nur in Filialen, in denen der Thekenverkauf mit einem Café kombiniert ist. Solche Bäckereicafés zählten als Gaststätten, entschieden die Richter in Karlsruhe am Donnerstag.

Hintergrund war ein Streit aus Bayern: Die Wettbewerbszentrale hat einen Backwaren-Hersteller mit mehreren Filialen in München verklagt. Dort konnten Testkäufer an drei Sonntagen in den Jahren 2016, 2017 und 2018 sowohl vor-, als auch nachmittags einkaufen. Ein klarer Verstoß gegen das Ladenschlussgesetz, denn in Bayern dürfen Bäckereien an Sonntagen nur drei Stunden öffnen - eigentlich.

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Augenscheinlich geht es nur um die Sonntags-Öffnungszeiten eines Bäckers. Doch dahinter versteckt sich der kontroverse Komplex um die Sonntagsruhe.

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Die Klage der Wettbewerbszentrale wurde zuerst vor dem Land-, dann auch vor dem Oberlandesgericht abgewiesen. Der Grund: In den betroffenen Filialen stehen Tische und Stühle. Die Richter waren deshalb der Auffassung, es handele sich somit um ein Mittelding zwischen Café und Laden. Und ein solcher "Mischbetrieb" könne sich anstatt auf das Ladenschlussgesetz auch auf das Gaststättengesetz berufen.

Letzteres besagt, dass sogenannte "zubereitete Speisen" auch zu anderen Zeiten verkauft werden dürfen als den für bayerische Bäckereien üblichen. Die Frage, die sich daraus jedoch ergab: Sind unbelegte Semmeln und Brezn schon als eine solche "zubereitete Speise" zu werten?

Es geht um mehr als nur Wortklauberei

Das Münchner Oberlandesgericht fand: ja. Der Definition der Richter zufolge handelt es sich dabei um "verzehrfertige Nahrungsmittel, deren Rohstoffe durch den Backvorgang zum Genuss verändert worden seien". Der BGH bestätigte dies nun - und legte außerdem fest, dass es unerheblich sei, ob die Backwaren direkt in der Filiale produziert worden seien und ob der Verkauf über eine Selbstbedienungstheke erfolge.

Ladenöffnungszeiten sind in Bayern nicht nur im Zusammenhang mit Bäckereien ein großes Thema. Weil der Freistaat kein eigenes Ladenschlussgesetz hat, gilt das des Bundes. Während in anderen Bundesländern Öffnungszeiten von bis zu sechs Stunden erlaubt sind, dürfen Bäckereien sonn- und feiertags in Bayern nur drei Stunden Waren verkaufen. Die Regierung könnte den Streit ihrerseits also beilegen, indem sie einfach ebenfalls die Zeiten für den sonntäglichen Brezenverkauf ausweitet: auf vier, fünf oder sogar sechs Stunden. Touristen und Zugereiste aus anderen Bundesländern würden es ihnen danken.

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