Weihnachten, die Tage zwischen den Jahren - für viele Menschen ist das die Zeit, in der sie die Füße hochlegen. In der sie Plätzchen essen bei Kerzenschein, in der sie Freunde und Verwandte treffen, endlich mal wieder ein Buch lesen. Oder in der sie in den Urlaub fahren, was ja nur eine andere Art der Entspannung ist.
Manch einer mag sich in dieser besinnlichen Zeit daran erinnern, dass es Menschen gibt, die an den Feiertagen arbeiten: die Ärztin, die den Notdienst wuppt, Polizisten und Feuerwehrleute, die auch in der stillen Nacht ausrücken - sie werden verlässlich (und zu Recht) alle Jahre wieder gelobt. Was dabei allerdings untergeht: Die meisten Menschen, die an Feiertagen wie Weihnachten und Neujahr arbeiten müssen, schuften in ziemlich prekären Verhältnissen. Sie verdienen schlecht und sie machen viele Überstunden - nicht selten sogar unbezahlt. Das ist das Ergebnis einer Anfrage von Bundestagsabgeordneten der Linken an die Bundesregierung, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.
3,7 Millionen Arbeitnehmer, also etwa jeder zehnte Beschäftigte, mussten demnach im Jahr 2022 - aus diesem Jahr stammen die letzten verfügbaren Daten - an Sonn- und Feiertagen Dienst tun. Etwa zwei Fünftel von ihnen verdienen zwischen 1250 und 2250 Euro netto im Monat, ein weiteres Fünftel sogar noch weniger. Die meisten arbeiten im Hotelgewerbe (43,5 Prozent), viele in der Gastronomie (41,3 Prozent) - also dort, wohin an Feiertagen die Gäste strömen, um es sich gut gehen und sich bedienen zu lassen. Zugleich sind das aber auch die Branchen, in denen besonders viel Zusatzarbeit geleistet werden muss: 303 Millionen Überstunden nennt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in seiner Arbeitszeitrechnung für den Bereich Verkehr, Handel und Gastgewerbe, 159 Millionen davon seien nicht bezahlt worden.
Die Linken-Abgeordnete Susanne Ferschl, die hinter der Anfrage steht, kritisiert diese "weihnachtliche Plackerei" und fordert, die Menschen müssten endlich besser bezahlt werden. "Die Ampel muss umschalten und prekärer Beschäftigung und unbezahlten Überstunden klar die rote Karte zeigen." Der Mindestlohn, der ab dem 1. Januar 2024 bei 12,41 Euro liegen wird, müsse auf 14 Euro steigen, fordert Ferschl. Außerdem müssten wieder mehr Arbeitgeber nach Tarif bezahlen. Um das zu erreichen, hat Arbeitsminister Hubertus Heil im vergangenen Frühjahr das Tariftreuegesetz auf den Weg gebracht, es ist allerdings noch nicht beschlossen. Zudem fordert Ferschl, die Regierung müsse dafür sorgen, dass alle Firmen die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter elektronisch erfassen. Das geplante Gesetz sieht Ausnahmen etwa für kleine Betriebe vor.
Dass es in Sachen Arbeitszeit großen Verbesserungsbedarf gibt, zeigt ein weiterer Befund aus der Linken-Anfrage: Insgesamt sind laut der Arbeitszeitberechnung in Deutschland im Jahr 2022 über alle Branchen hinweg 1,44 Milliarden Überstunden angefallen, das sind 150 Millionen Stunden mehr als veranschlagt. Und 839 Millionen dieser Stunden werden noch nicht einmal bezahlt. Das zu ändern wäre für Bundesregierung und Arbeitgeber ein guter Vorsatz für das neue Jahr.