Rechtskolumne:Darf der Vermieter den Müll kontrollieren?

Lesezeit: 3 min

Mülltonnen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen werden von der WGV über Weihnachten und Neujahr nicht zu den üblichen Zeiten geleert. Darauf verweist die WGV. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Papier, Glas, Bio, Plastik: Abfall muss getrennt werden. Aber wer trägt die Verantwortung und die Kosten, wenn sich Hausbewohner nicht daran halten?

Von Eva Dignös

Der grüne Zausel aus der "Sesamstraße" bekäme heute ziemlichen Ärger: Oskar aus der Mülltonne, Bewohner der ersten Stunde in der legendären Kinderserie, war in Sachen Mülltrennung eher nachlässig. Zieht er doch, inbrünstig "Ich mag Müll" singend, nicht nur einen löchrigen Schuh aus seiner Blechtonne, sondern auch eine alte Zeitung (gehört ins Altpapier!) und ein ausrangiertes Telefon (muss zum Elektroschrott!). Aber gut, es waren die Siebzigerjahre, es waren andere Zeiten. In denen der Müll-Oskar aus der US-amerikanischen Kinderserie übrigens bei deutschen Eltern gar nicht gut ankam - nicht sauber genug, der Bursche, und überhaupt, mit Müll spiele man nicht. Aber das ist ein anderes Thema.

Eine Tonne für alles, diese Zeiten sind lange vorbei. Mülltrennung zum Zwecke des Wertstoff-Recyclings ist in Deutschland seit 2015 Pflicht, meist gibt es eine Restmüll-, eine Bio- und eine Papiertonne, dazu noch gelbe Säcke oder Behälter für Verpackungen aus Plastik. Wer falsch trennt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 5000 Euro bestraft werden kann. Privatsache? Nun, nicht ganz. Denn oft stellen die Entsorger Zusatzkosten in Rechnung oder holen die Tonnen nicht ab, wenn Plastikboxen im Biomüll liegen oder Glasflaschen im Restmüll, vor allem, wenn es regelmäßig vorkommt. "Diese Kosten darf der Vermieter grundsätzlich genauso wie die normalen Müllgebühren auf die Mieter umlegen, auch auf diejenigen, die den Abfall korrekt trennen", sagt Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund.

Mieterinnen und Mieter müssen auch dulden, dass Vermieter oder Hausmeister einen prüfenden Blick in die Tonnen werfen, vor allem, wenn es bereits Ärger mit fehlerhafter Mülltrennung gab. Denn Vermieter sind ihren Mietern gegenüber zu wirtschaftlichem Handeln verpflichtet. Sprich: Sie müssen dafür Sorge tragen, dass die Nebenkosten nicht unnötig hoch ausfallen. "Sie dürfen deshalb überprüfen, ob die Anzahl der Mülltonnen für den Bedarf ausreicht und ob die Mieter ihren Abfall richtig trennen", sagt Hartmann. Wobei der Vermieter-Fokus ausschließlich auf genau diesem Thema liegen darf. Gelegentlich die korrekte Trennung zu kontrollieren, ist erlaubt, regelmäßig Mülltüten zu durchwühlen, um den Mietern und ihren Lebensgewohnheiten nachzuspionieren, dagegen ausdrücklich nicht.

Kolumne: Darf man das?
:Ramsch wegwerfen

Ob kaputte Fahrräder, ein alter Grill oder ein noch brauchbares Regal: Es ist oft ein großes Ärgernis, wenn Mieter Gegenstände im Garten oder Keller parken. Was Vermieter dagegen tun können.

Von Katharina Wetzel

Zusatzkosten, die durch solche Kontrollen entstehen, können laut einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ebenfalls über die Betriebskosten umgelegt werden. Mieter aus Berlin hatten sich dagegen gewehrt, dass ihr Vermieter sie für einen Dienstleister bezahlen ließ, der regelmäßig die Restmülltonnen der Wohnanlage kontrollierte und falsch eingeworfenen Abfall bei Bedarf nachsortierte. Die Richter gaben dem Vermieter Recht: Auch die Kontrollen seien Teil der Müllbeseitigung und deshalb auf die Mieter umlegbar. Es handele sich "um eine vorrangig dem gesamtgesellschaftlichen Interesse dienende Reaktion des Vermieters auf ein fehlerhaftes Verhalten der Mieter bei der Mülltrennung". Dass dafür auch diejenigen zahlen mussten, die korrekt sortierten, war für die Richter nicht relevant ( Az. VIII ZR 117/21).

Grau, grün, braun, blau, gelb - welche Tonnen bereitgestellt werden müssen, ist in den kommunalen Abfallsatzungen festgelegt, kann sich also von Stadt zu Stadt unterscheiden. Das Behältnis, das man in A-Stadt gewohnt war, sucht man nach dem Umzug nach B-Stadt möglicherweise vergebens. Laut Satzung vorgeschriebene, aber im Müllhäuschen der Wohnanlage nicht vorhandene Tonnen könne man grundsätzlich beim Vermieter einfordern, sagt Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund.

Rechtskolumne
:Wann Laubbläser verboten sind

Lärm ist im Zusammenleben ein großes Streitthema. Kein Wunder, dass gerade Laubbläser und Rasenmäher immer wieder für Konflikte sorgen. Wie man sie entschärfen kann.

Von Stephanie Schmidt

Vor allem bei den Biotonnen sei in Deutschland allerdings noch "viel Luft nach oben", bemängelt der Naturschutzverband Nabu. Eine Pflicht-Biotonne gebe es lediglich in 284 von 400 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland, ergab eine aktuelle Auswertung des Verbandes. Die übrigen Kommunen setzten auf ein freiwilliges Angebot, auf "wenig nutzerfreundliche Bringsysteme" oder hätten, trotz gesetzlicher Pflicht, gar kein Biomüll-Sammelsystem.

Wie auch immer getrennt wird: Abfall gehört immer in die dafür vorgesehenen Tonnen, nicht in den Keller, nicht in die Garage und nicht in den Hausflur. Und wenn sich die übrigen Hausbewohner nicht daran halten? Dann darf die Miete gemindert werden, nach Angaben von Jutta Hartmann um fünf bis zehn Prozent.

Immerhin hier verhielt sich der Mülltonnen-Oskar aus der Sesamstraße vorbildlich: Was immer er an Schätzen aus seiner Tonne zog, stopfte er auch brav wieder dorthin zurück.

Die Autorin hat etwas gegen Stürme im Wasserglas. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusWohnen in München
:Gemeinsam alt werden

Gerade für Rentnerinnen sind die hohen Mieten in Städten ein Problem. Ein Wohnprojekt in München zeigt, wie man es lösen kann. Ein Besuch bei acht Frauen, die zusammengezogen sind.

Von Miriam Dahlinger und Catherina Hess (Fotos)

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: