U17-Weltmeister-Torhüter:Duell der Goldjungs

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Aufwärmen fürs Drittligator: Konstantin Heide, hier vor einem Spiel gegen Sandhausen im Oktober. (Foto: Jenni Maul/Imago/Eibner)

Konstantin Heide von der SpVgg Unterhaching und Max Schmitt vom FC Bayern zeigten beim WM-Sieg der deutschen U17 ihr Talent. Und nun? Für einen der beiden ist schon ein Stammplatz für die nächste Saison reserviert.

Von Stefan Galler und Christoph Leischwitz

Manfred Schwabl holte den Unterhachinger Helden selbstredend persönlich vom Flughafen ab. Zwei Fans seien noch dagewesen, erzählt er, die Konstantin Heide um eine Unterschrift auf einem Trainings-Shirt baten. Nach einem WM-Erfolg einer U17 ist der Empfang daheim natürlich noch nicht so pompös wie bei den Großen. Doch wer weiß, wie viel diese Unterschrift einmal wert sein wird, ebenso jene von Max Schmitt, der zusammen mit drei weiteren Spielern des FC Bayern bei der WM in Indonesien dabei war.

Dieser Titel sei "eine Visitenkarte", sagt Schwabl, der Präsident des Fußball-Drittligisten SpVgg Unterhaching. Er sei jetzt gespannt, "wo wir unsere Goldjungs in den kommenden Jahren sehen werden". Es ist eine Anspielung darauf, dass nach Meinung vieler die heimische Jugend nicht ausreichend gefördert und vor allem: gefordert wird. Umgekehrt sind aber gerade Heide und Schmitt Beispiele dafür, dass einiges schon auch ganz gut läuft.

Max Schmitt und Konstantin Heide sind 20 Kilometer voneinander entfernt aufgewachsen, Schmitt in Milbertshofen, Heide in Kirchheim bei München. Sie wurden im Januar 2006 im Abstand von neun Tagen geboren, sie sind also noch nicht einmal volljährig, haben aber schon viel Aufsehen erregt. Deshalb ist es gut möglich, dass die beiden gemeinsam eine Torhüter-Generation prägen werden, gerade weil sie sich im ständigen Konkurrenzkampf miteinander befinden. Vergangene Woche freilich war Heide der große Held: Der Keeper der SpVgg Unterhaching hielt bei der U17-WM nicht nur im Halbfinale, sondern auch im Finale je zwei Elfmeter. Schmitt war eigentlich die Nummer eins, doch er hatte erkrankt passen müssen. Das wird ihn vermutlich ärgern und seinen Ehrgeiz weiter anstacheln - idealerweise macht sich das Duo weiterhin gegenseitig besser.

Zumal beide ausreichend gefördert werden, und das bedeutet auch: früh. Konstantin Heide begann beim Kirchheimer SC und wechselte mit zehn Jahren zur SpVgg Unterhaching, wo sein Talent seither intensiv geschärft wird. Anfang Oktober gegen den MSV Duisburg (0:1) gab er bereits sein Drittligadebüt, weil Stammtorwart René Vollath bei seiner hochschwangeren Frau weilte. "Wenn er jetzt von irgendwoher zu uns gekommen wäre, würden wir uns nicht rühmen. Aber er spielt seit der U11 für Haching", sagt Manfred Schwabl stolz. Vermutlich hat Heide auch schon das Interesse anderer Vereine geweckt, doch Schwabl weiß das gar nicht so genau. Er habe zuletzt ein paar unbekannte Anrufe auf seinem Handy gehabt, aber gar nicht erst zurückgerufen, erzählt er und schmunzelt. Das passt zu dem, was Heide selbst sagt: "Ich möchte bei der SpVgg Unterhaching bleiben, weil ich davon überzeugt bin, dass ich hier die besten Möglichkeiten habe, im Profibereich Fuß zu fassen."

Heide macht im Frühjahr sein Abitur: "Dann hat er diesen Rucksack weg und den Kopf frei", sagt Schwabl

Der Chef macht keinen Hehl aus seiner Begeisterung für den 17-Jährigen: Ein "ganz feiner Kerl" sei der junge Mann, der im kommenden Frühjahr sein Abitur machen will. "Dann hat er diesen Rucksack weg und den Kopf frei", ist Schwabl überzeugt. Heide sagt: "Erst das Abitur bestehen, dann Stammkeeper in Haching werden - das wäre unfassbar." Und dieses Ziel scheint greifbar, denn im Verein haben sie Großes vor mit ihrem neuen Star: "Er wird die nächsten Jahre bei uns in der Kiste stehen", sagt Schwabl, schon zu Beginn der kommenden Saison ist Heide als neue Nummer eins vorgesehen.

Das bedeutet, dass Vollath seinen Platz räumen wird. Und das mit dem größten Vergnügen, auch wenn der 33-Jährige durchaus noch im besten Fußballer-Alter ist. "René ist Konstantins Mentor, er unterstützt unseren Plan, dass wir junge Leute in den Profifußball bringen wollen, das war von Anfang an seine Jobbeschreibung", sagt Schwabl. "Und wenn er das nicht akzeptiert hätte, hätten wir ihn auch nicht genommen."

Die WM zeigte mal wieder: Für Torhüter ist es oft besonders tückisch, den Platz räumen zu müssen, ein Nachrücker sorgt gerne mal für Schlagzeilen. Schmitt, der mit elf Jahren zu den Bayern kam, profitierte auch schon auf diese Weise, was seine Karriere beschleunigt haben dürfte. Als im September gleich zwei Nachwuchs-Keeper absagen mussten, feierte Schmitt sein Debüt im Erwachsenen-Fußball. Mit erstaunlichen Parallelen zum Heide-Erfolg: Gegen den FV Illertissen sicherte Schmitt einen 3:2-Erfolg des FC Bayern II in der Regionalliga, auch, indem er einen Elfmeter hielt.

Max Schmitt, hier beim Pokalspiel in Münster, stand zumindest schon im Kader der ersten Mannschaft. (Foto: Marina Brüning/HMB-Media/Imago)

An jenem Abend zeigte Schmitt, wie abgezockt er schon ist. Den Schützen machte er vorab mit Trash Talk offensichtlich erfolgreich nervös, Sekunden nach dem vergebenen Strafstoß sah Illertissens Kevin Frisorger auch noch Frust-Rot. "Er macht eine Entwicklung, die ihm viele nicht zugetraut haben", sagt Michael Hartmann, als U19-Trainer der Bayern zurzeit hauptverantwortlich für Schmitt. Sein junger Torhüter spielt unter anderem auch in der Youth League, wenn er nicht gerade auf einem großen Turnier weilt.

FCB-Trainer Hartmann hat bei Hertha BSC und bei den Bayern schon viel Erfahrung im Jugendfußball gesammelt. Er hatte auch schon vor einiger Zeit den Finger in die Wunde gelegt und öffentlich gefordert, den taktisch fraglos gut geschulten Fußballern wieder mehr "Basics" nahezulegen - Dinge, die oft auch als "deutsche Tugenden" bezeichnet werden. Zu den vielen guten Torhütern in der Region sagt er: "Das ist eher ein bisschen Zufall. Aber wenn man alle Jahrgänge durchgeht, sieht man: Wir hatten immer gute Torhüter bei den Auswahlmannschaften."

Vielleicht gibt es ja noch Dinge im deutschen Fußball, die sich nie ändern.

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