DFB-Frauen in der Nations League:Geht doch!

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Schon als Horst Hrubesch zum ersten Mal das Nationalteam übernommen hatte, traf Lea Schüller (links), nun hatte die Stürmerin wieder entscheidenden Anteil am Sieg. (Foto: Simon Hofmann/Getty Images)

Im ersten Spiel von Horst Hrubesch gewinnt das Nationalteam 5:1 gegen Wales. Nach turbulenten Wochen zeigt sich, dass der Interims-Bundestrainer die nötige Lockerheit zurückgebracht hat.

Aus dem Stadion von Anna Dreher, Sinsheim

Fast, aber nur fast wäre diese Chance auch vergeben worden. Der Ball knallte ans Aluminium. Und in bangen Millisekunden verfolgte das deutsche Nationalteam nun die Flugkurve, die eher der eines einschlagenden Meteoriten glich: Von der Latte donnerte der Ball knapp hinter die Torlinie und von dort mit Spin ins Netz. Mit diesem Elfmeter von Giulia Gwinn zum 3:1 begann in der 80. Minute gewissermaßen der zweite Frühling des deutschen Nationalteams im Nations-League-Gruppenspiel gegen Wales.

Sechs Minuten später erhöhte Sjoeke Nüsken mit einem noch abgefälschten Schuss auf 4:1, wieder zwei Minuten darauf traf Nicole Anyomi zum 5:1-Endstand. Und auch wenn sich die Spielerinnen danach noch über verpasste Chancen ärgern mussten: Insgesamt war er dann doch gelungen, der Neustart unter Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch. In seinem neunten Länderspiel als Frauen-Bundestrainer war es der achte Sieg bei einem Unentschieden - und im Kampf um die Olympia-Qualifikation ein besonders wichtiger. "Wir haben es gut gespielt in der ersten Halbzeit, das Einzige, was wir nicht gemacht haben, waren die Tore", sagte Hrubesch in der ARD. "Dieses Ergebnis wird den Mädels jetzt natürlich helfen."

Deutsches Nationalteam
:Ein Ball für zwei

Mit Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch und Assistent Thomas Nörenberg will sich das deutsche Nationalteam für Olympia qualifizieren. Ihre Kombination aus Erfahrung und Emotionalität ist beliebt bei den Fußballerinnen.

Von Anna Dreher

Nach dem frühen WM-Aus und der folgenden Krankschreibung von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat Hrubesch das Team zum zweiten Mal nach 2018 übergangsweise übernommen. Lockerheit zurückbringen, lautete das Motto. Dass Hrubesch dies gelungen zu sein scheint, zeigte sich am Freitagabend vor 20 107 Zuschauern in Sinsheim. Das Spiel wirkte lebendiger, flüssiger, der Aufbau lief dynamischer und mit mehr Zug zum Tor.

Hrubesch beobachtete das Ganze die meiste Zeit vom rechten Eck der Coaching Zone, die Arme verschränkt oder die Hände in den Hosentaschen. Dass er angespannt sein könnte, hatte der 72-Jährige schon am Tag vorher vermutet: "Ich hätte nicht gedacht, dass die ganze Geschichte noch mal so jucken kann." Und auch, wenn sich bisweilen die alte Gewohnheit einschlich, den Ball lieber noch einmal abzugeben, lautete die Ausbeute: Vier gute Chancen schon in der ersten Viertelstunde. Aber eben kein Tor. Und so erhöhte sich Hrubeschs Redeanteil stetig, bis er zwei Behandlungspausen der Waliserinnen nutzte, um intensiv mit Lea Schüller zu sprechen. Seine Worte zeigten Wirkung: Sarai Linder sendete eine Flanke in den Strafraum ab - und Schüller stand genau richtig, um per Kopf in der 25. Minute das 1:0 zu erzielen. Hrubesch hob die Arme: Geht doch!

Das Ergebnis passt am Ende - aber die Defensive wirkt nach wie vor wackelig

Er hätte sich noch öfter freuen können, wären seine Spielerinnen nicht so fahrlässig mit ihren Möglichkeiten umgegangen. Laura Freigang - auf dem Platz für die angeschlagene Kapitänin Alexandra Popp - bekam einen wunderbaren, langen Pass von Lena Oberdorf in den Lauf gespielt, rannte allein aufs Tor, um mit ihrem Schuss dann aber die walisische Torhüterin Olivia Clark zu treffen. Selbst ungeübte Lippenleser konnten dechiffrieren, was es Hrubesch nun entfuhr: Mehr Mut!

Was er danach in den Sinsheimer Himmel rief, war womöglich nicht jugendfrei, denn direkt danach nutzten die Gäste in der 42. Minute ihren ersten Torschuss zum Ausgleich. Die Deutschen verteidigten viel zu passiv und präsentierten ihrem Fußballlehrer ein drängendes Thema für die nächste Trainingseinheit. Ceri Holland brachte den Ball nahezu mühelos an Ann-Katrin Berger vorbei, die Stammkraft Merle Frohms (Gehirnerschütterung) vertrat.

Zur Halbzeit verabschiedeten sich Sara Däbritz und Laura Freigang, es kamen Sjoeke Nüsken und Linda Dallmann - der Auftakt einer ganzen Serie von glücklichen Wechseln. Im Muster des ersten Treffers rannte Dallmann die rechte Seite entlang, flankte Richtung Tor und fand Schüller, die in der 47. Minute auf 2:1 erhöhte. Immer und immer wieder erspielten sich die Deutschen Chancen, was ja auch der klare Auftrag gewesen war. Sie müssen Dänemark noch als Gruppenerster verdrängen, um über den Einzug in die Endrunde der Nations League ihre Chance auf Olympia 2024 zu wahren. Aber dann kam ja noch der Elfmeter von Gwinn, das 4:1 von Nüsken und das 5:1 von Anyomi - eine Minute, nach ihrer Einwechslung.

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