Frauen-Bundesliga:Die Titelverteidigerinnen legen die Zündschnur

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Obenauf: Die Fußballerinnen des FC Bayern haben ihre Gäste aus Köln müde gespielt - auch wenn es hier so aussieht, als ruhte sich Georgia Stanway auf einer Gegnerin aus. (Foto: Sven Leifer/foto2press/Imago)

Im ersten Heimspiel der Saison deuten die Fußballerinnen des FC Bayern gegen Köln ihre Qualität an - und müssen direkt einen Ausfall verkraften: Nationalspielerin Sydney Lohmann verletzt sich.

Von Christoph Leischwitz

Bitte auf Englisch, bat Alexander Straus zu Beginn der Pressekonferenz, er habe gerade schon fürs Fernsehen sein erstes Interview auf Deutsch gegeben und sei nun "tired". Dann wurde der Trainer aber doch nicht müde, über das gute Spiel seiner Fußballerinnen vom FC Bayern zu sprechen. Minutenlang sinnierte der 47-jährige Norweger über das Spannungsfeld zwischen den hohen Erwartungen und der erforderlichen Geduld. Über das zuvor eingefahrene 2:0 (1:0) gegen den 1. FC Köln sagte er, dass sein Team "after Halbzeit" die Räume gefunden habe, die es nutzen konnte. So gesehen: Wenn die gesamte Entwicklung so schnell vonstattengeht wie in dieser Partie gegen Köln, wären sie in München wahrscheinlich zufrieden.

Der Start in die Saison war holprig gewesen, die Bayern-Frauen hatten zum Bundesliga-Auftakt nur 2:2 beim SC Freiburg gespielt. Zwei Punkte Rückstand auf den VfL Wolfsburg also, das ist gleich zu Beginn fast schon wieder eine Bürde. Insofern ist schon nicht mehr so richtig viel Zeit, um sich mal schön gemächlich zu entwickeln, zumindest die Ergebnisse sollten dabei stimmen.

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Je nach Anspruch kann dann die Analyse nach diesem Heimspiel-Auftakt, der eher wie ein Arbeitssieg daherkam, recht unterschiedlich ausfallen. "Wir haben ein gutes Spiel gezeigt, wir hatten auch in der ersten Halbzeit alles unter Kontrolle", fand Abwehrchefin Glodis Viggosdottir. "Na ja, ich glaube, es war nicht das beste Spiel von uns. Einige Abläufe sind noch nicht so, wie wir uns das vorstellen", sagte hingegen Linda Dallmann.

Der Trainer schlug sich eher auf die Seite der neuen Kapitänin: "Für mich ist es sehr wichtig, eine Balance zu finden zwischen einem geduldigen Passspiel und dem vertikalen Spiel", meinte Straus. Und das sei ja auch gelungen. Im Übrigen sei die Qualität in der Bundesliga sehr hoch, der Gegner "gut organisiert" gewesen.

Dallmann und Gwinn machen gemeinsam auf der rechten Seite jenes Tempo, das anderswo oft fehlt

Das war auch ein Kompliment an einen ehemaligen Mitarbeiter am FC-Bayern-Campus: Daniel Weber war dem Coach der Münchnerinnen in der vergangenen Saison an gleicher Stelle noch häufig über den Weg gelaufen, damals in seiner Funktion als Jugendkoordinator des FC Bayern. Inzwischen hat der 50-Jährige einen recht abrupten Wechsel in den Frauenfußball vollzogen, er trainiert nun die Kölnerinnen. "Ich habe mich mega gefreut auf den Tag", sagte er nach dem Gastspiel mit seinem neuen Team, "ich habe hier 25 Jahre gelebt, bin halber Münchner." Der ehemalige Coach des VfR Garching war zufrieden mit der Leistung seines Teams, merkte aber auch an, dass man gegen einen der besten Frauenkader der Welt zwar vieles, aber eben "nicht alles zulaufen" könne.

In neuer Funktion an alter Wirkungsstätte: Kölns Trainer Daniel Weber. (Foto: Sven Leifer/foto2press/Imago)

Die Bayern sind diese Saison auf jeder Position doppelt besetzt, und vor allem: doppelt gut besetzt. Der Kader ist womöglich ihr bislang bester, jetzt gilt es, sich einzuspielen. Besonders gut gelang das am Montagabend zwei Rückkehrerinnen, die wegen Verletzungen lange gefehlt hatten: Dallmann und Giulia Gwinn machten gemeinsam auf der rechten Seite jenes Tempo, das anderswo oft fehlte, um die gut positionierten Kölnerinnen öfter in Verlegenheit zu bringen. Gwinn schlug auch die Flanke zur Führung, die Zugang Pernille Harder per Kopf zum 1:0 unmittelbar vor dem Pausenpfiff verwertete. Dallmann wiederum traf zum 2:0 (57. Minute) nach einem vertikalen Zuspiel der Dauerläuferin Georgia Stanway. Davor hatten die Bayern die Gegnerinnen mit 72 Prozent Ballbesitz müde gespielt.

Die Abwehr präsentierte sich dabei stabiler als gegen Freiburg. Kapitänin Viggosdottir fand, dass ihr Zusammenspiel mit Zugang Magdalena Eriksson in der Innenverteidigung gut funktioniert habe. Doch auch sie sagt: "Wir haben alle zusammen den Prozess noch nicht annähernd beendet." Es werde gerade sehr langfristig gedacht beim FC Bayern, diesem Denken habe sie sich gerne angeschlossen. Kürzlich hatte die 28-Jährige ihren Vertrag bis 2026 verlängert, ebenso wie die Engländerin Stanway. "Wir bauen hier etwas Großes, etwas Starkes auf", sagte sie, da sei es für den Verein natürlich wichtig zu wissen, auf welche Spielerinnen man langfristig setzen könne.

Wer vom Münchner Kader also sofort ein Feuerwerk erwartet haben mochte, musste auch in Spiel zwei erkennen: Die Zündschnur ist noch ziemlich lang. Die Partie am Montag zeigte aber auch gleich auf schmerzhafte Weise, wie wichtig jener große Kader werden könnte, in dem Trainer Straus zunächst viel rotiert: Nationalspielerin Sydney Lohmann zog sich nur sieben Minuten nach ihrer Einwechslung eine Verletzung zu, als sie, auf dem Fuß einer Gegnerin landend, umknickte. Lohmann hatte Schmerzen, es flossen Tränen, ein langfristiger Ausfall ist zu befürchten.

Am kommenden Sonntag tritt ihr Team in Essen an. Der deutsche Meister hat einen relativ ruhigen Oktober vor sich, kann also auch viele Abläufe trainieren, während sich die Rivalen Wolfsburg und Frankfurt erst noch in je zwei Spielen für die Champions League qualifizieren müssen.

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