Fragen und Antworten zur WM:Wer sind die Matildas?

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Emma Wirkus, frühere australische Nationalspielerin, und Tazuni, Maskottchen des Turniers, präsentieren das Objekt der Begierde: den WM-Pokal. (Foto: Noe Llamas/Sports Press Photo/Imago)

Wie ist das mit den Zeitzonen? Bekommen alle gleich viel Geld? Kann man das live sehen? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Start der Fußball-WM der Frauen in Australien und Neuseeland.

Von Felix Haselsteiner, Auckland

Was wird gespielt?

Fußball. Von Frauen. Falls noch Unklarheit herrschen sollte: Elf Spielerinnen auf der einen gegen elf Spielerinnen auf der anderen Seite auf einem rechteckigen, grünen Feld mit einem runden Ball, bis ins letzte Detail deckungsgleich mit den Regeln im Männerfußball. Wer unbedingt nach Unterschieden suchen möchte, könnte allerdings zum Beispiel auf Kontostände, Fairplay-Verhalten und weltweite Aufmerksamkeit schauen.

Wer spielt?

Mehr Teams als je zuvor. 32 Nationen treten in Australien und Neuseeland an, was die vierte Vergrößerung in der Geschichte des Turniers ist. Bis 1995 nahmen zwölf Nationen teil, zwischen 1999 und 2011 waren es 16, seit 2015 24. Die Steigerung auf 32 Teams wurde nach dem Erfolg der WM 2019 auf Initiative von Fifa-Boss Gianni Infantino beschlossen. Zwölf Teams kommt aus Europa, jeweils sechs Nationen aus Asien sowie aus Nord-, Mittelamerika und der Karibik, vier aus Afrika, drei aus Südamerika und Gastgeber Neuseeland aus Ozeanien.

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Wo wird gespielt?

In zehn Stadien an neun Orten in Australien und Aotearoa, wie Neuseeland in der Sprache der Māori genannt wird. Eröffnet wird das Turnier am Donnerstag, 20. Juli, im altehrwürdigen Eden Park in Auckland, dem mit knapp über 40 000 Plätzen größten Stadion des kleinen Co-Gastgeberlandes. Neuseeland hat zudem zwei weitere Standorte auf der Nordinsel ausgewählt, Hamilton, eineinhalb Stunden Autofahrt südlich von Auckland, und die Hauptstadt Wellington. Dazu kommt noch die kleine Stadt Dunedin auf der Südinsel. In Australien finden die Spiele in Perth, Adelaide, Brisbane, Melbourne und in zwei Stadien in Sydney statt - das größere davon, das Stadium Australia, das für die Olympischen Spiele 2000 errichtet wurde, ist Spielort des Finales.

Im Stadium Australia in Sydney findet das Endspiel statt. (Foto: Mao Siqian/dpa)

Wird es kalt?

Ja. Auf der Südhalbkugel ist Winter, was in Australien und Neuseeland viel Regen und Temperaturen etwa zwischen acht und 15 Grad Celsius zur Folge hat. Am kältesten wird es im südlichen Dunedin, das an der Küste liegt und von wo aus man in gerade einmal fünf Flugstunden in der Antarktis ist. Als deutsche Referenz stelle man sich einen Stadionbesuch in Kiel Mitte Januar vor.

Wann wird gespielt?

Die vielleicht komplizierteste Frage des Turniers. In vier verschiedenen Zeitzonen finden Spiele statt, mit einem Zeitunterschied von plus sechs Stunden nach Deutschland in Perth, plus siebeneinhalb Stunden in Adelaide, plus acht Stunden in Melbourne, Sydney und Brisbane und plus zehn Stunden in Neuseeland. Da die Fifa Spiele gezielt so angesetzt hat, dass möglichst die Heimatmärkte der Nationen davon profitieren, finden die deutschen Spiele immerhin zu verträglichen Zeiten statt: Um 10.30 Uhr, 11.30 Uhr und 12.00 Uhr MESZ.

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Und gegen wen spielt Deutschland?

In Gruppe H gegen Marokko (Montag, 24. Juli in Melbourne), Kolumbien (Sonntag, 30. Juli in Sydney) und Südkorea (Donnerstag, 3. August in Brisbane). Grundsätzlich handelt es sich damit um eine "auf dem Papier machbare Gruppe", wie es in der Fachsprache heißt. Falls allerdings bei einem finalen Gruppenspiel gegen Südkorea eventuell Erinnerungen wach werden, könnte das mit Ereignissen aus dem Jahr 2018 zu tun haben. Im Achtelfinale wartet je nach Ausgang der Parallelgruppe allerdings schon ein mögliches Duell mit Brasilien oder Frankreich auf den DFB.

Beste Spielerin im deutschen Kader: Lena Oberdorf. (Foto: Memmler/Eibner/Imago)

Kann man das Turnier live im Fernsehen anschauen?

Ja! ARD und ZDF haben sich zwar lange mit der Fifa um die Preise für die Rechte gestritten, wenige Wochen vor dem Turnier aber doch noch eine Einigung erreicht. Die beiden Sender übertragen alle Spiele live.

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Und muss man dabei wie bei den Männern in Katar ein schlechtes Gewissen haben?

Nein. Also, wenn man Probleme mit machtvollen Weltverbänden und Korruptionsvorwürfen hat, vielleicht schon ein bisschen - aber womöglich sind Großereignisse im Sport dann generell nicht das Richtige. Ansonsten findet die WM in zwei lupenreinen Demokratien statt, ohne Milliardeninvestitionen in absurde Stadionneubauten und sogar ohne den saudi-arabischen Tourismus-Sponsor "Visit Saudi", der von der Fifa Anfang des Jahres präsentiert, nach Protesten mehrerer Spielerinnen aber wieder ausgeschlossen wurde.

Wer gewinnt das Turnier, wenn Deutschland es nicht gewinnt?

Vermutlich die USA. Diese Aussage lässt sich deshalb relativ zuversichtlich treffen, weil die Amerikanerinnen - Weltmeisterinnen von 2015 und 2019 - sie selbst in ähnlicher Art und Weise formulieren. Falls Selbstvertrauen zu Hochmut werden sollte und vor dem Fall käme, kommen die anderen favorisierten Teams neben Deutschland aus England, Frankreich, Schweden, Brasilien und Spanien.

Meistens Turnierfavorit: Die USA mit Alex Morgan, hier als Freiheitsstatue mit WM-Pokal. (Foto: Kirby Lee/USA TODAY Network/Imago)

Auf wen sollte man auf jeden Fall achten?

Eine unvollständige Liste von Spielerinnen, die beim Turnier im Fokus stehen werden, könnte mit der Spanierin Alexia Putellas beginnen, die nach einer schweren Knieverletzung kurz vor der EM 2022 als zweimalige Weltfußballerin ein Jahr lang ausfiel und nun ihr Comeback geben wird. Die vielleicht beste Stürmerin der Welt, Sam Kerr, wird in ihrer Heimat Australien im Fokus stehen, Ada Hegerberg nach einer langen Geschichte von Streitigkeiten mit ihrem eigenen Nationalverband bei Norwegen. Verteidigerinnen wie Wendie Renard (Frankreich) und Lucy Bronze (England) sollten ebenfalls unter Beobachtung stehen - genauso wie natürlich die Überfigur des Frauenfußballs: Megan Rapinoe könnte etwas weniger Spielzeit bei den Amerikanerinnen bekommen, aber dürfte bei ihrem finalen Turnier erneut eine bedeutende Rolle auf und neben dem Platz spielen.

Und die Gastgeberinnen?

Nennen sich die "Matildas" (Australien) und "Football Ferns" (Neuseeland, ferns heißt Farne, die Nationalpflanze). Erstere stehen unter einigem Erfolgsdruck, weil sie eine vielversprechende Mannschaft haben (siehe: Sam Kerr) und ein begeistertes Land im Rücken. Die Neuseeländerinnen sind ein Underdog, haben in ihrer Geschichte noch nie ein WM-Spiel gewonnen und wollen in der Heimat dringend Begeisterung für ihren Sport auslösen, der bislang neben Rugby und Cricket noch etwas zu kurz kommt.

Hoffnung Australiens: Nationalstürmerin Sam Kerr (Foto: William West/AFP)

Was ist denn nun mit dem Equal Pay, über das alle reden?

Ausgeglichen sind die Zahlungen des Weltverbands an die Nationen auch im Jahr 2023 nicht. Ein Drittel des Betrags, der im vergangenen Jahr in Katar an die Männer floss, wird nun unter den Teilnehmerinnen bei der Frauen-WM verteilt - aber immerhin sind das rund 110 Millionen US-Dollar, was eine deutliche Steigerung gegenüber 2019 (30 Millionen) und 2015 (15 Millionen) ist. Jede Spielerin soll mindestens 28 000 Euro an Prämien erhalten, die 23 Weltmeisterinnen etwas mehr als eine Viertelmillion. 2026 und 2027 soll es dann auch bei der Fifa tatsächlich gleiche Prämien für Frauen und Männer geben - das zumindest ist dies das Versprechen.

Ach, dann ist die Sache also geklärt?

Nein. Der Weltverband zahlt schließlich nur einen Teil der Prämien direkt an die Spielerinnen aus. Der Rest geht an die Verbände, die dann selbst weiterverteilen können. Dort verzichtet unter anderem der DFB ausdrücklich auf Equal Pay bei Männern und Frauen und will lieber in die Infrastruktur investieren, während Länder wie Norwegen, Australien, Finnland, die Schweiz, England, die Niederlande, Spanien oder die USA Parität geschaffen haben. Und die Australierinnen haben noch nicht genug: Sie protestierten in einem Video gegen das ausbleibende Fifa-Equal-Pay, das damit weiterhin Thema bleibt, bis die Versprechen eingelöst werden.

Gibt es sonst noch was Neues?

Ja, im Schiedsrichterwesen: Zum ersten Mal werden bei der WM Schiedsrichterinnen live ihre VAR-Entscheidungen über die Stadionmikrofone erklären. Das verspricht neben interessanten Einblicken in die Englischkenntnisse der Unparteiischen auch ein Experiment, das sich bei Erfolg im gesamten Fußball durchsetzen könnte.

Und was sagt man, wenn man während der WM ein wenig australisch-neuseeländisches Feeling verbreiten möchte?

Zum Start in den Tag und zur Begrüßung: G'Day oder Kia ora. Und wer ein wenig Aussie oder Kiwi sein möchte, sieht grundsätzlich jeden Mitmenschen als Mate an.

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