FC Bayern reist nach Katar:"Hervorragende Trainingsbedingungen"

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David Alaba und der FC Bayern gastieren wieder in Katar. (Foto: Andreas Gebert/dpa)
  • Der FC Bayern fliegt erneut zu seinem umstrittenen Wintertrainingslager nach Katar.
  • Die Verantwortlichen nennen vor allem sportliche Gründe dafür - und dass der FC Bayern ein Wirtschaftsunternehmen sei wie jedes andere.
  • Menschenrechtsorganisationen üben immer noch Kritik am Emirat. Sie prangern vor allem die Situation normaler Arbeiter an.

Von Moritz Baumstieger und Benedikt Warmbrunn, München

Die Zeiten, in denen sich der Ehrenpräsident Franz Beckenbauer im Namen des FC Bayern äußerte, liegen schon etwas zurück, im Falle des an diesem Freitag beginnenden Wintertrainingslager des FC Bayern ist das sicher kein Verlust für den Klub. Wobei: Interessant wäre schon gewesen, ob ein neues Gesetz des Gastgeberlandes Katar Beckenbauer empören könnte. Zum Jahreswechsel überraschte die Regierung von Emir Hamad bin Khalifa al-Thani mit einer neuen Steuer, die den Preis für Alkoholika über Nacht verdoppelte. Ein Gebinde mit 24 Dosen Bier kostet nun ab 384 katarischen Rial, immerhin 92 Euro. Was wohl die frühere Weißbier-Werbefigur Beckenbauer, der einst im Sportstudio an der Torwand vom Weißbierglas aus traf, dazu sagen würde?

Die berühmte Feststellung Beckenbauers aus dem Jahr 2013, er habe bei seinen Reisen nach Katar keinen einzigen Sklaven gesehen, hängt dem FC Bayern immer noch nach - auch, weil sich die Offiziellen lange nicht wirklich positionieren wollten zu der Kritik, die Menschenrechtsorganisationen an dem Emirat äußern, in dem der FC Bayern gerne trainiert und dessen Airline er seit einem Jahr als Platin-Partner und Ärmelsponsor führt. "Dort gibt es hervorragende Trainingsbedingungen", sagte Präsident Uli Hoeneß im Dezember bei einem Fanklub-Besuch auf die Frage, warum Katar denn sein müsse.

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Auch das Frauenteam des FC Bayern wird nach Doha reisen

Dass der Verein jeden Januar nach Doha fliegt, begründen die Verantwortlichen weiterhin vor allem mit sportlichen Argumenten - oder mit dem Hinweis, der FC Bayern sei ein Wirtschaftsunternehmen wie jedes andere. Der Verein sei "eines von vielen Mittelstandsunternehmen, die mit einem Partner aus Doha kooperieren", sagt Klubboss Karl-Heinz Rummenigge vor dem Abflug in diesem Jahr. "Wir stehen mit unseren Partnern in Katar in regelmäßigem Austausch über Entwicklungen in unseren Gesellschaften, der das Thema der Menschenrechte und die Rechte von Arbeitern beziehungsweise Arbeitnehmern einschließt."

Auch Bayerns Frauenteam wird wieder nach Doha reisen, nicht nur wegen der Trainingsbedingungen, sondern auch als Zeichen für die Förderung des Frauensports am Golf, als Symbol für die dortige Gleichberechtigung von Mann und Frau im Sport. Das Bemühen, für mehr als allein den Fußball einzutreten, ist erkennbar - aber reicht das für einen Verein, der lange nicht zu unrecht stolz darauf war, nicht nur ein Fußballklub zu sein, sondern einer, der mit seinen Werten eine Strahlkraft in die Gesellschaft hinein besitzt?

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Von Benedikt Warmbrunn

Das Emirat Katar ist bei Menschen- und Arbeiterrechten noch lange nicht bei den Standards angekommen, zu denen es laut der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen verpflichtet ist, das Gastgeberland der WM 2022 hinkt selbst den Richtlinien hinterher, mit denen der Weltfußballverband Fifa die Achtung der Menschenrechte in seine Statuten aufgenommen hat.

Homosexuelle Handlungen könnten noch immer mit dem Tode bestraft werden, Hinrichtungen gab es in den vergangenen Jahren aber keine. Unabhängige Parteien sind weiter verboten, Versammlungs- und Pressefreiheit ist praktisch nicht vorhanden in dem Land, das sich mit seinem Sendeverbund um den Nachrichtenkanal al-Jazeera nach außen als Fels der Meinungsfreiheit gibt. Doch zumindest was die Situation jener angeht, die in Katar Stadien und Infrastruktur für die WM 2022 errichten, hat sich zuletzt etwas bewegt.

Als Beckenbauer 2013 keine Sklaven im Emirat erblickte, galt das sogenannte "Kafala"-System für die zwei Millionen Gastarbeiter, die 95 Prozent aller Arbeitnehmer in Katar stellen. Es machte ausländische Arbeiter abhängig von ihrem katarischen Arbeitgeber: Es gab diesem das Recht, die Pässe der Arbeiter einzuziehen, was diese praktisch zu Leibeigenen machte. Wer die Arbeitsbedingungen, den Lohn oder die Unterbringung nicht akzeptieren wollte, konnte nicht einfach abhauen, sofern er überhaupt das Geld dazu hatte. Zur Ausreise war die Zustimmung des Arbeitgebers notwendig - der sie aber auch verweigern konnte. Aufmüpfige Arbeiter saßen dann fern der Heimat fest.

Das "Kafala"-System hat das Emirat nun Ende 2017 auf internationalen Druck aufgegeben und seine Gesetze in Kooperation mit der UN-Organisation für Arbeit geändert. Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch (HRW) kritisieren jedoch, dass die Umsetzung der neuen Richtlinien nicht ausreichend kontrolliert werde. Auch der neu eingeführte Mindestlohn von 750 Rial wird nicht überall in dem laut Internationalen Währungsfonds reichsten Land der Welt gezahlt.

Berichten des Guardian zufolge schuften Männer aus Nepal, Bangladesch und Indien teils für weniger als 5,50 Euro am Tag auf den Baustellen. Einige der neu eingeführten Regeln gelten laut HRW zudem nur für die Arbeiter, die am Bau der sieben Stadien für 2022 eingesetzt sind - die aber gerade mal 1,5 Prozent aller auf den derzeitigen Baustellen Katars Beschäftigten ausmachen. Wer an den ebenfalls für die WM benötigten U-Bahnen, Straßen und Hotels arbeitet, hat einen schlechteren Status.

Wenig geändert hat sich zudem an der Arbeitssicherheit: Noch immer sterben Arbeiter auf den Baustellen, teils auch wegen Überhitzung: Seit 2007 gilt im Sommer zwar offiziell ein Arbeitsverbot zwischen 11.30 und 15 Uhr, eingehalten wird es nicht. Während die WM in den Winter verlegt wurde, weil den Spielern die Temperaturen von bis zu 50 Grad nicht zuzumuten sind, scheinen die Baustellenbetreiber bei ihren Arbeitern weniger Bedenken zu haben.

Die kursierende Zahl von bis zu 4000 Arbeitern, die bis 2022 ihr Leben auf Baustellen verloren haben könnten, wird vor allem von Medien mit einer Verbindung zu Saudi-Arabien verbreitet, das Katar feindlich gegenübersteht und es seit Sommer 2017 mit einer Blockade in die Knie zu zwingen versucht. Dass die Zahl der bisher umgekommenen Arbeiter aber weit höher als die von katarischen Stellen offiziell angegeben 18 liegt, dürfte auch klar sein.

© SZ vom 04.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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