Eishockey:Ein Ende in Melancholie

Lesezeit: 3 min

Alle Anweisungen vergebens: Münchens engagierter Trainer Toni Söderholm bei der letzten Niederlage der Halbfinale Serie in Bremerhaven. (Foto: Carmen Jaspersen/dpa)

Titelverteidiger EHC München scheitert im Halbfinale der Eishockey-Meisterschaft. Das bedeutet auch, dass in der neuen Spielstätte der Münchner zunächst keine Champions-League-Spiele zu sehen sind.

Von Christian Bernhard

Die Worte, mit denen sich die Saison des EHC Red Bull am genauesten erfassen lässt, fielen, als die Münchner noch im Spiel waren: in der vierten von fünf Partien der Halbfinalserie. Dieses 2:3 verlorene Duell gegen die Fischtown Pinguins aus Bremerhaven am vergangenen Sonntag in eigener Halle lag erst wenige Minuten zurück, als Münchens Trainer Toni Söderholm es einordnete. Dabei fiel der Satz, der nun, da die Saison für den letztjährigen Meister der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zu Ende ist, als Kommentar zur Spielzeit herangezogen werden kann: "Der Eishockeysport ist ehrlich genug, dass, wenn du deine Sachen gut genug erledigst, du auch mit dem Resultat belohnt wirst."

Die Belohnung blieb diese Saison aus. Am Dienstag, durch eine weitere Niederlage (0:3) in Bremerhaven, verabschiedeten sich die Münchner in die Sommerpause: Sie haben in der Best-of-seven-Serie mit 1:4 deutlich den Kürzeren gezogen. Für den EHC endet damit eine Saison, die in vielen Bereichen nicht so verlief, wie er sie sich vorgestellt hatte. Nach 52 Hauptrundenspielen in der DEL und einer "Achterbahnfahrt", wie Christian Winkler, Münchens Manager, sagte, stand nur der fünfte Platz zu Buche. In der Champions Hockey League (CHL) waren die Münchner im Achtelfinale an Servette Genf gescheitert. Das Jahr eins nach Trainer Don Jackson war ein Glatteisjahr.

Trainer Söderholm musste mit einer Mannschaft spielen, die sein Vorgänger geprägt hatte

Nach einer überzeugenden DEL-Viertelfinalserie gegen Wolfsburg, in der die Münchner Offensive noch hatte überzeugen können, biss sich die Abteilung Angriff an den disziplinierten Bremerhavenern die Zähne aus. "Wir haben keinen Weg gefunden, wirklich durchzukommen", analysierte Nationalspieler Maximilian Kastner selbstkritisch: "Wir haben zum Teil richtig gut gespielt, aber Schönspielen hilft nicht, wenn die Effizienz nicht da ist." Es war sogar das erste Halbfinalaus in der DEL in der Münchner Klubgeschichte; zwar hatten sie das Semifinale nicht immer erreicht, aber wenn, dann folgte auch der nächste Schritt. Somit steht auch fest, dass im hochmodernen neuen Münchner SAP Garden, der im September mit einem Spiel gegen die Buffalo Sabres aus der nordamerikanischen Profiliga NHL eröffnet wird, erst einmal kein Champions-League-Eishockey gespielt wird. Zum ersten Mal seit neun Jahren verpasste der EHC die Qualifikation für die CHL.

EHC-Manager Winkler sagte direkt nach der finalen Niederlage auf dem Bremerhavener Eis, er werde zunächst "selbst in den Spiegel schauen", um zu sehen, "was richtig und was nicht so gut gemacht wurde, bevor ich über andere rede" - und danach die Saison analysieren. Zur Zukunft von Söderholm, 45, sagte er im Sender Magentasport, es sei der Plan, mit dem ehemaligen Bundestrainer weiterzuarbeiten: "Toni hat in meinen Augen ein sehr gutes erstes Jahr geliefert. Es war nicht einfach, die Schuhe von Don anzuziehen." Nach neun Jahren unter besagtem DEL-Rekordtrainer Don Jackson musste sich Söderholm nicht nur mit dem Wirken des Vorgängers auseinandersetzen, sondern auch mit einer Mannschaft, die in ihrem Wesen noch eine Jackson-Mannschaft war.

Winkler ließ durchblicken, dass er besonders ab Januar, als sich die Mannschaft stabilisiert hatte, mehr erwartet habe: "Vom Kader her waren wir schon in der Lage, auch den nächsten Schritt zu machen." Zuletzt, in den entscheidenden Spielen gegen Bremerhaven, aber blieben einige Spieler hinter ihren Leistungsmöglichkeiten. "Wir haben in der Halbfinalserie nicht unser Level erreichen können", befand auch Söderholm. So blieb etwa Yasin Ehliz, vergangene Saison zum DEL-Spieler des Jahres gekürt, nach der ersten größeren Verletzung seiner Karriere in den Playoffs ohne Treffer. Der im Februar verpflichtete und als offensivstarker Verteidiger angepriesene Les Lancaster verbuchte in neun Playoff-Spielen nicht einen Scorerpunkt.

Der Münchner Kader ist in die Jahre gekommen

Dazu kamen atmosphärische Störungen. Nationalspieler Andreas Eder verließ den Klub im Januar Richtung Schweiz, da das Verhältnis zwischen dem Angreifer und Söderholm belastet war. Austin Ortega, mit 21 Treffern Münchens bester Torschütze in der Hauptrunde, saß die abschließenden vier Halbfinalspiele auf der Tribüne, obwohl das Münchner Überzahlspiel gegen Bremerhaven kaum eine Lösung fand und Ortega der erfolgreichste Powerplay-Torjäger der Saison war. Es dürfte nun spannend werden, wie sich der in die Jahre gekommene Münchner Kader nach der holprigen Saison verändern wird. Vornehmlich auf den Ausländerpositionen standen zahlreiche ältere Profis auf dem Eis: etwa Ben Street, 37, Ben Smith, der im Sommer 36 wird, Ryan McKiernan, 34, Andrew MacWilliam, 34, und Trevor Parkes, 32. Nach SZ-Informationen kommt zur neuen Saison in Tobias Rieder, 31, ein großer deutscher Name nach München.

Was von der Saison bleiben wird? Womöglich Bilder der Melancholie. Etwa jenes vom Sonntag, weit nach Ende der ominösen vierten Partie, der letzten Heimniederlage, als der Pressesprecher des Klubs allein über die Fläche der Olympia-Eishalle ging und gedankenverloren den Blick durch das Rund schweifen ließ. Sein Gefühl, dass es nach 57 Jahren das letzte Spiel in der alten Halle gewesen sein könnte, hatte ihn nicht getrogen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Bremerhavens Eishockey-Manager Alfred Prey
:Ein Seebär aus der Oberpfalz

Bremerhaven, die selbst ernannte Eishockey-Diaspora, geht als Tabellenerster in die DEL-Playoffs. Für Manager Alfred Prey, "Mister Fischtown", Herz und Hausmeister des Klubs, kündigt sich nach mehr als 30 Jahren ein emotionaler Abschied an.

Von Christian Bernhard

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: