DFB-Frauen:Der dritte Mann

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Die Unterschrift im Goldenen Buch der Stadt Frankfurt hatte Christian Wück schon gesetzt - nun steht seine Signatur auch unter dem Vertrag als Bundestrainer der DFB-Frauen. (Foto: Jürgen Kessler/dpa)

Mit den U17-Fußballern hat Christian Wück die EM und die WM gewonnen. Nun soll er als erst dritter Bundestrainer überhaupt die DFB-Frauen zu Titeln führen. Bei seinen bisherigen Erfolgen legte Wück Wert auf sogenannte deutsche Tugenden.

Von Anna Dreher

Immer wieder ist Nia Künzer auf dieses eine Thema angesprochen worden, was kein Wunder war, denn es handelte sich um die wirklich sehr drängende Frage: Wer wird neue Bundestrainerin oder neuer Bundestrainer des deutschen Nationalteams der Frauen? "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht", antwortete die Direktorin des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) darauf bisher beispielsweise, oder: "Wir werden uns dazu äußern, wenn es so weit ist." Diverse Namen wurden gehandelt: Stefan Kuntz, Emma Hayes, Jill Ellis - Frauen, Männer, deutsche wie internationale Coaches. Aber über den richtigen Kandidaten wurde nicht spekuliert, das lässt sich seit Freitagmittag sagen.

Am Weltfrauentag meldete der DFB, dass Christian Wück nach Olympia neuer Bundestrainer wird, ohne Angabe zur Vertragsdauer. Damit tritt der 50-Jährige die Nachfolge von Horst Hrubesch an, der das Team nach der turbulenten Trennung von Martina Voss-Tecklenburg im Herbst 2023 interimsweise bereits zum zweiten Mal nach 2018 übernommen hatte. Mit Hrubesch gelang im Februar die Qualifikation für die Sommerspiele in Paris - danach wird ein neues Kapitel beginnen. Wück ist nach Hrubesch und Gero Bisanz (1982 bis 1996) erst der dritte Mann, der die sportliche Verantwortung für die DFB-Frauen tragen wird.

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"Christian Wück hat uns mit seiner Leidenschaft, Expertise und seinem zielgerichteten und sehr klaren Konzept überzeugt", wird Künzer in der Pressemitteilung zitiert. Ihre Beschreibung von Wück entspricht dann so ziemlich einem Wunschzettel für DFB-Trainer: Spielerinnen entwickeln und individuell besser machen, kommunikativ sein, Siegermentalität vermitteln, aus einzelnen Persönlichkeiten ein Team formen. Wichtig sei dem Verband außerdem gewesen, dass Talente an die Auswahl herangeführt würden, sagte die 44-Jährige: "Dafür ist er der Richtige. Für uns war das Gesamtpaket überzeugend."

Neue Assistenztrainerin wird Maren Meinert. Die 50-Jährige hatte im WM-Finale 2003 den 1:1-Ausgleich gegen Schweden erzielt, bevor Künzer das Golden Goal gelang. Als Trainerin hat Meinert zwei U20-WM-Titel sowie dreimal die U19-EM gewonnen. Die zweite Assistentenstelle soll "zeitnah" besetzt werden. Damit ist klar, dass auch Britta Carlson und Thomas Nörenberg aufhören. "Christian Wück ist ein ausgewiesener Experte und er spricht die Sprache der Spielerinnen und Spieler", sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf. "Ich bin davon überzeugt, dass er der Richtige ist, um unsere Mannschaft nach Olympia in die Zukunft zu führen."

Für Wück ist es der erste Trainerjob im Frauenbereich, sein erstes Turnier könnte die EM 2025 in der Schweiz sein. "Als die Anfrage kam, habe ich nicht lange gezögert", sagte Wück. Die DFB-Frauen zu übernehmen, "zählt zu den spannendsten und verantwortungsvollsten Aufgaben im deutschen Fußball".

Bei der U17 setzte Wück auf die sogenannten deutschen Tugenden - und gewann EM und WM

Der DFB musste gar nicht groß in seinen Archiven kramen, um Bildmaterial für die Arbeit dieses Kandidaten zu finden. Wück hat die U17-Junioren im Juni 2023 erst zu Europameistern und im Dezember auch noch zu Weltmeistern gemacht. In beiden Endspielen wurde Frankreich im Elfmeterschießen bezwungen. Dabei stachen jene Attribute heraus, die auf einem zweiten Wunschzettel des DFB notiert sein dürften, weil sie bei den Erwachsenenteams - Frauen wie Männer - bisweilen fehlten: Leidenschaft, Widerstandskraft, Einsatz, Zielstrebigkeit, Solidarität. Wück hält diese sogenannten deutschen Tugenden für obligatorisch.

Nach den U17-Turnieren erzählte Wück, er habe seinen Spielern das Ziel vorgegeben, den anderen Nationen zu zeigen, wie schwer es sei, gegen Deutschland zu gewinnen. Dass die jungen Spieler dieses Motto so erfolgreich beherzigten, fand der gebürtige Franke umso bemerkenswerter, weil die heutige Generation das Spiel der Vergangenheit so genau "gar nicht mehr kennt". Also das Spiel von Fußballern wie Weltmeister Guido Buchwald, Europameister Hans-Peter Briegel - oder auch, passenderweise, Horst Hrubesch. Nicht immer schön anzusehen, aber effektiv und mit dem Fokus auf die wesentlichen Aufgaben.

Das wiederum erinnert an das Erfolgsrezept des Interimsbundestrainers: Als Hrubesch übernahm, fanden beide Male verunsicherte Nationalspielerinnen mit Grundlagenarbeit zurück zu Selbstvertrauen. Auf dieser Basis wird Wück aufbauen können, wenn er gut zwölfeinhalb Jahre nach seinem ersten Engagement beim DFB seine bisher größte Herausforderung als Trainer beginnt.

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