Champions League:Weltrekord im Camp Nou

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Volles Haus in Barcelona: So viele Menschen wie am Mittwochabend im Camp Nou sind noch nie zu einem Frauen-Fußballspiel gekommen. (Foto: Joan Monfort/AP)

Die Fußballerinnen des FC Barcelona ziehen nach dem 5:2 gegen Real Madrid ins Halbfinale der Königsklasse ein - und stellen mit 91 553 Zuschauern eine neue Bestmarke auf. Der FC Bayern scheidet nach dem 2:2 gegen Paris aus.

Von Anna Dreher

Keine acht Minuten waren vergangen, als María León den Ball von Jennifer Hermoso zugespielt bekam. León bewegte sich ein gutes Stück entfernt vom Tor Real Madrids, keine Gegenspielerin attackierte sie, so ungefährlich wirkte die Abwehrspielerin des FC Barcelona. Aber dann ging alles sehr schnell. León sah all diesen Raum vor sich - und beschloss, den Ball auf eine lange Reise zu schicken. Er flog und flog, zehn, zwanzig Meter, derart präzise, dass Torhüterin Misa sich strecken konnte, wie sie wollte, der Ball war drin. Was folgte, war eine Explosion.

Sollte León sich diesen Moment schon das ein oder andere Mal vorgestellt haben, die Realität dürfte sich nun derart schön angefühlt haben, als sei es doch ein Traum. Denn dieses Tor wurde bejubelt von 91 553 Zuschauern, die aufsprangen und schrien und sich freuten - im Camp Nou, dem größten Fußballstadion Europas, im Viertelfinale der Champions League gegen den Erzrivalen. Es sollte an diesem Abend noch vier solcher Explosionen geben und nur zwei Treffer, nach denen es ganz ruhig war in dieser Arena. Am Ende herrschte Ekstase.

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Von Anna Dreher

Die Fußballerinnen des FC Barcelona haben mit dem 5:2 (1:1) nicht nur den Einzug ins Halbfinale der Champions League geschafft. Sie haben am Mittwoch auch einen Weltrekord aufgestellt. So viele Menschen sind noch nie zu einem Frauen-Fußballspiel gekommen. Die bisherige Bestmarke lag bei 90 185 Zuschauern, die sich 1999 das WM-Finale zwischen den USA und China anschauten. Und nun hatte nicht viel gefehlt, um alle 99 354 Plätze im Camp Nou zu füllen. "Ich kann kaum meine Tränen zurückhalten, das ist verrückt", sagte Caroline Graham Hansen bei Dazn. "Es ist etwas, von dem ich nicht mal gewagt habe zu träumen."

Madrid kann sich anfangs noch Hoffnung auf einen Erfolg machen

Und angesichts dieser besonderen Atmosphäre an einem historischen Abend wirkten letztlich nicht mal die Madrileninnen allzu niedergeschlagen. Im Hinspiel hatten sie noch viel Gegenwehr geleistet, bevor sie für vergebene Chancen mit einer 1:3-Niederlage bestraft wurden. Nun aber fand das Team um die frühere deutsche Nationalspielerin Babett Peter kaum in die Partie, womöglich beeindruckt von dieser außergewöhnlichen Kulisse, vor allem aber eingeengt von den Gastgeberinnen. Die erste Halbzeit hatte Barcelona 70 Prozent Ballbesitz und war kaum vom Spielgerät zu trennen.

Madrid konnte sich trotz des 0:1 anfangs noch Hoffnung machen. Erst verwandelte Olga Carmona cool einen Handelfmeter (16. Minute) - und dann kamen die Königlichen auch noch besser aus der Pause: Claudia Zornoza zog frech kurz hinter dem Mittelkreis zum 1:2 ab, diesmal war es Sandra Paños, die sich strecken konnte, wie sie wollte, der Ball war drin (48.). Aber Barcelona schlug erbarmungslos zurück. Fast jeder Treffer zeugte von der technischen Finesse und dem enormen Talent des Triple-Siegers. Aitana Bonmatí (52.) glich zum 2:2 aus, danach schloss Claudia Pina brillant ab (55.), bevor Weltfußballerin Alexia Putellas mit einem an sich harmlosen flachen Schuss auf 4:2 erhöhte (62.) - und Graham Hansen in der 70. Minute den Schlusspunkt setzte an einem durch und durch außergewöhnlichen Abend.

Das Halbfinale knapp verpasst: Klara Bühl und die Fußballerinnen des FC Bayern müssen sich Paris Saint-Germain geschlagen geben. (Foto: Eibner/Memmler/Imago)

Etwas später und 800 Kilometer entfernt wurde ebenfalls ein Zuschauerrekord aufgestellt, wenn auch in kleinerer Dimension. In den Pariser Prinzenpark zum Rückspiel zwischen Saint-Germain und dem FC Bayern kamen 27 262 Zuschauer - für die französischen Meisterinnen ab sofort der neue Bestwert zu Hause. Das Publikum sah eine derart umkämpfte Partie, dass manch einer mit zunehmender Spieldauer wohl bereits einem Elfmeterschießen entgegenfieberte. Aber es war dann Ramona Bachmann, die mit einem flachen, unhaltbaren Schuss ins linke untere Eck zum 2:2 entschied, dass es ihr Team sein würde, das dem FC Barcelona ins Halbfinale folgen würde. Das Hinspiel hatte Paris 2:1 gewonnen.

Sandy Baltimore brachte PSG nach einer Ecke mit einem Schuss von rechts diagonal ins Tor aus mehr als 20 Metern, ganz im Stile von Barcelonas León, in Führung. Bayerns Torhüterin Janina Leitzig sah den Ball auf sich zufliegen, aber sie verschätzte sich. Sie kam noch an ihn ran, konnte ihn jedoch nicht halten. Und so lagen die Münchnerinnen nach 17 Minuten 0:1 zurück. Sie ließen sich weder davon, noch von der beeindruckend lauten Kulisse einschüchtern, die unermüdlich Paris anfeuerte. Die Antwort folgte prompt.

Klara Bühl setzt bei den Münchnerinnen mit ihrem Schuss zum 2:1 neue Energie frei - doch das reicht nicht

Saki Kumagai brachte den FC Bayern mit dem 1:1-Ausgleich nur eine Minute später zurück ins Spiel. "Gut, super, ruhig", rief Trainer Jens Scheuer auf den Platz. Seine größte Befürchtung im Vorfeld war gewesen, dass er wieder eine schlechte Nachricht bekommen würde. Wegen Corona-Infektionen musste er auf sieben Fußballerinnen verzichten. Zudem fehlte Viviane Asseyi gelbgesperrt. Nur zwei Feldspielerinnen, berichtete Scheuer vor dem Abflug, würden gegen PSG auf der Bank sitzen.

Ein neuer Plan musste her. Der ging insofern auf, als dass auch die nun zusammengestellte Startelf harmonierte und Wege in den gegnerischen Strafraum fand. Immer wieder starteten die Münchnerinnen Angriffe, die Abschlüsse jedoch fanden ihr Ziel häufig nicht. Ein Manko, das bereits im Hinspiel ein Ärgernis war und zur 1:2-Niederlage geführt hatte, wie auch das schlechte Verteidigen zweier Standards.

Nach der Pause war es Klara Bühl, die bei ihrem Team mit einem entschlossenen Schuss zum 2:1 (55.) neue Energie freisetzte. Jene Energie, die an diesem Abend nicht eingewechselt werden konnte. Aber die Menge reichte nicht aus, mit zunehmender Dauer unterliefen dem FC Bayern mehr und mehr Fehlpässe. Den Ball zurückzuerobern, kostete wertvolle Kraft, denn PSG hielt sich mit Kontern keinesfalls zurück. Aber auch die Französinnen waren zunächst nicht erfolgreich, das Viertelfinale ging in die Verlängerung - und dann traf Bachmann.

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