Champions League:Vom Sandplatz ins Camp Nou

Champions League: Die Ausgangslage ist gut, die Aussicht noch besser: Das Viertelfinal-Hinspiel gewannen die Fußballerinnen des FC Barcelona um Alexia Putellas (rechts) mit 3:1 bei Real Madrid. Nun geht es ins Camp Nou.

Die Ausgangslage ist gut, die Aussicht noch besser: Das Viertelfinal-Hinspiel gewannen die Fußballerinnen des FC Barcelona um Alexia Putellas (rechts) mit 3:1 bei Real Madrid. Nun geht es ins Camp Nou.

(Foto: Susana Vera/Reuters)

Die Fußballerinnen des FC Barcelona spielen ihr Champions-League-Viertelfinale gegen Real Madrid im legendären Riesenstadion. 85 000 Karten sind innerhalb weniger Tage verkauft worden, die Partie wird mit Pathos aufgeladen.

Von Anna Dreher

Womöglich, nein, ziemlich sicher hatte sich die Marketing-Abteilung des FC Barcelona eine detaillierte Strategie ausgedacht, um bestens vorbereitet zu sein. Einen Ausspielplan, um das Interesse von möglichst vielen Menschen an diesem Höhepunkt zu wecken. Aber was auch immer sich die kreativen Köpfe alles zurechtgelegt haben mochten, sie mussten gar nicht groß überzeugen. Am 10. Januar gab der FC Barcelona bekannt, dass seine Fußballerinnen das Viertelfinal-Rückspiel der Champions League am 30. März gegen Real Madrid nicht wie sonst im Estadio Johan Cruyff austragen würden. Diesmal sollte es die ganz große Bühne sein: Das Camp Nou. Innerhalb weniger Tage waren die Tickets aus dem Vereinskontingent vergriffen.

In der ersten Mitteilung zum Umzug in das größte Fußballstadion Europas hieß es, Barça werde alles tun, um sicherzustellen, dass die größtmögliche Menge die Mannschaft im Stadion unterstütze. Das sah dann so aus, dass Klubmitglieder ein Zeitfenster von 24 Stunden erhielten, um je maximal vier Plätze zum Preis der Bearbeitungsgebühr zu reservieren. Danach wurde der Ticketverkauf für alle anderen für neun bis 15 Euro freigeschaltet. Eine Woche nach der ersten Mitteilung hieß es auf der Barca-Webseite: Das Camp Nou wird voll sein - mit 85 000 Zuschauern.

"Wir sind bereit, vor so vielen Menschen zu spielen", sagte Kapitänin Alexia Putellas auf der Pressekonferenz am Dienstag und mischte etwas Pathos dazu: "Morgen könnte der Beginn einer neuen Ära sein. Die Partie wird viele Menschen begeistern, vor allem Mädchen." Und: "Ich denke, es kann ein Vorher und ein Nachher im Frauenfußball markieren. Morgen ist ohne Zweifel ein großer Moment."

"Es ist wunderbar, diese Mannschaft spielen zu sehen", sagt Barças Männercoach Xavi Hernández

Das Hinspiel gewann Barcelona 3:1 und natürlich hängt die Attraktivität des Ereignisses mit dem Gegner zusammen. Der Clásico gegen Real um die frühere deutsche Nationalspielerin Babett Peter ist auch bei den Frauen zu jenem Duell geworden, das jede unbedingt gewinnen will. Zwei Wochen vor dem Viertelfinale in der Königsklasse triumphierte Barça mit 5:0 gegen den Tabellenvierten - um sich sechs Partien vor Saisonende den dritten Meistertitel in Serie und den siebten insgesamt zu sichern.

Die Statistik unterstreicht die Dominanz, mit der die Katalaninnen seit geraumer Zeit über den Rasen wirbeln: Aktuell 25 Siege in 25 Spielen bei einer Torbilanz von 138:7. Mit 75 Punkten hat das Team von Trainer Jonatan Giráldez 19 mehr als der Zweite Real Sociedad San Sebastián. "Es ist wunderbar, diese Mannschaft spielen zu sehen", sagte Barças Männercoach Xavi Hernández, "sie gehen genauso voran wie das Dream Team damals oder das Barça von Pep (Guardiola, Anm. d. Red). Sie sind ein Vorbild für die Männer."

Champions League: Platz für sehr viele Zuschauer: Das Camp Nou in Barcelona. Wird es hier am Mittwochabend einen neuen Rekord im Klub-Fußball der Frauen geben?

Platz für sehr viele Zuschauer: Das Camp Nou in Barcelona. Wird es hier am Mittwochabend einen neuen Rekord im Klub-Fußball der Frauen geben?

(Foto: David Ramirez/ZUMA Wire/Imago)

Mit der Kulisse von Mittwochabend (18.45 Uhr, DAZN) kann der FC Barcelona einen neuen Rekord im Klub-Fußball der Frauen aufstellen. Am bisherigen ist er ebenfalls beteiligt. Im März 2019 kamen 60 739 Zuschauer ins Wanda Metropolitano gegen Atletico Madrid. Doch dem FC Barcelona schwebt mehr vor und so sagte Vereinspräsident Joan Laporta vor dem Heimspiel beim Radiosender RAC1: "Wir haben alle Mitglieder aufgerufen, ihre Tickets zu nutzen. Wir wollen den Weltrekord für ein Frauenspiel brechen. Es gibt große Erwartungen, weil es ein majestätischer Veranstaltungsort ist."

Die Bestmarke in der Champions League liegt bei 50 212, die im Münchner Olympiastadion 2012 den 1. FFC Frankfurt gegen Olympique Lyon sahen. Um sich wettbewerbsübergreifend an die Spitze zu setzen, gilt es, 90 185 Zuschauer zu überbieten, die sich 1999 das WM-Finale zwischen den USA und China anschauten. Das Camp Nou hat Platz für 99 354 Gäste.

"Ich konnte mir nicht vorstellen, selbst im Camp Nou zu spielen. Ich habe dort immer nur Männer spielen sehen", sagt Weltfußballerin Alexia Putellas

Im Januar 2021 haben die Frauen bereits dort gespielt, in der Liga gegen RCD Espanyol, wegen der Corona-Maßnahmen allerdings ohne Zuschauer. Und dann gab es da noch den 25. Dezember 1970, als Fußballerinnen als Selecció Ciutat de Barcelona dort antraten. Es gilt als erstes Frauen-Team von Barça, durfte jedoch nicht offiziell unter dem Namen oder gar in der Kleidung der Azulgrana antreten. Laut Vereinsangaben kamen 60 000 Menschen, doch damals bildeten die Frauen gewissermaßen das Vorprogramm des Männerspiels gegen ZSKA Sofia. Nun sind sie das Hauptereignis.

"Ich konnte mir nicht vorstellen, selbst im Camp Nou zu spielen. Ich habe dort immer nur Männer spielen sehen", sagte Putellas am Dienstag. "Ich wusste, ich konnte Fußball spielen - aber ich habe nicht diese Dimensionen für möglich gehalten."

Champions League: Diesen Titel haben die Katalaninnen bereits erfolgreich verteidigt: Marta Torrejon (links) und Alexia Putellas feiern die Meisterschaft.

Diesen Titel haben die Katalaninnen bereits erfolgreich verteidigt: Marta Torrejon (links) und Alexia Putellas feiern die Meisterschaft.

(Foto: David Ramos/Getty Images)

Eine neue Bestmarke würde zu der Entwicklung des Vereins passen. Als die Uefa 2001 erstmals auch für die Frauen einen internationalen Vereinswettbewerb organisierte, gab es dieses Team offiziell noch gar nicht bei den Katalanen. Als Barcelona Women's Club trainierte es neben dem Camp Nou - dort, wo am Wochenende bei den Partien der Männer Autos geparkt wurden. "Jeder kleine Fortschritt war für uns ein großer Sieg. Wenn wir es geschafft haben, anstatt auf den Sandplätzen neben dem Camp Nou auf dem aus Kunstrasen neben dem Mini zu trainieren, waren wir schon glücklich", erzählte die frühere Trainerin Natalia Astrain der spanischen El País vor einem Jahr.

Erstmals für die Ausscheidungsrunde qualifiziert hat sich der FC Barcelona vor zehn Jahren und ging 0:3 und 0:4 gegen Arsenal unter, 1354 Menschen sahen sich das Heimspiel damals im Miniestadi an. Auch seit die Fußballerinnen am 26. Juni 2002 als Abteilung aufgenommen wurden, mussten viele Spielerinnen hartnäckig bleiben, bis die Bedingungen schließlich 2015 professionell wurden. Inzwischen haben die Klubverantwortlichen längst erkannt, welches Potenzial in dieser Sparte steckt.

Das Budget gilt mit geschätzten vier Millionen Euro als eines der höchsten in Europa. Nachdem die Frauen 2019 erstmals das Champions-League-Finale erreichten, wurde weiter investiert und die Stadt an der Küste Spaniens zu einer der gefragtesten Adressen. Schließlich folgte 2021 der Triumph unter Lluís Cortés, das Triple. Alexia Putellas wurde Weltfußballerin und erhielt den Ballon d'Or. Und nun also als womöglich nächster Triumph ein ausverkauftes Camp Nou.

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