Bundesliga: Trainer:"Wir haben einen Plan B"

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Hans Meyer sagt allen ab, Leverkusen ist genervt, Schalke droht ein Abfindungsstreit, Oennings Beförderung gilt bis 2012 und Robben kennt nun seinen FC Bayern. Neue Entwicklungen auf dem Bundesliga-Trainermarkt.

Thomas Hummel

VfL Wolfsburg, Platz 17.

Pierre Littbarski, Interimstrainer des VfL Wolfsburg. (Foto: dapd)

Am Samstag, nach der 1:2-Niederlage gegen den 1. FC Nürnberg und dem Abrutschen in der Tabelle auf den direkten Abstiegsplatz 17, erklärte Pierre Littbarski forsch: "Ich werde den Dieter sicher nicht fragen, ob ich weitermachen darf." Der Dieter, das ist der Manager Hoeneß, der Sportchef beim VfL Wolfsburg. Und der Dieter war für eine Stellungnahme das gesamte Wochenende nicht zu erreichen. Was viele Beobachter so deuteten, dass Littbarski nichts anderes erwartet als die Entlassung.

Hans Meyer, 68, ein alter Weggefährte von Dieter Hoeneß, galt als zwangsläufiger Feuerwehrmann in Niedersachsen, der das Schlimmste, den Abstieg, noch irgendwie verhindern soll. Doch der sagte am Montag der Nachrichtenagentur dpa: Er habe kein Interesse - weder an einem Job beim VfL noch woanders, "ich übernehme auch nicht die Bayern und auch nicht Barcelona".

Schon zuvor hatten sich die Spieler des VfL Wolfsburg einträchtig hinter ihrem Trainer Littbarski versammelt und sich für eine Weiterbeschäftigung ausgesprochen. Und so verdichten sich die Anzeichen, dass der 50-jährige Littbarski, den Hoeneß ja auch bei großartigsten Erfolgen nur bis zum Mai als Cheftrainer dulden will, vorerst bleibt. Zumindest bis zum Abstiegs-Knüller am kommenden Sonntag beim VfB Stuttgart.

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Bayer Leverkusen, Platz 2.

Jupp Heynckes, Noch-Trainer von Bayer Leverkusen. (Foto: dpa)

Ein zweitplatziertes Team der Bundesliga ist in eine Trainerdiskussion verwickelt? Da kann eigentlich nur der FC Bayern dahinterstecken. Jupp Heynckes wankt offiziell zwischen den lockenden Bayern und seinen geliebten "Jungs" bei Bayer Leverkusen. Offensichtlich genervt von dem Hin und Her geht nun allerdings Leverkusen in die Offensive.

"Es dauert schon zu lange. Und wir dürfen auch kein Risiko eingehen. Ich habe ja bereits gesagt, dass wir einen Plan B haben. Und es gibt durchaus interessante Trainer auf dem Markt, die derzeit zu haben sind", sagte Bayers Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser nach dem 1:0 (0:0)-Erfolg beim FSV Mainz 05 dem Sport-Informations-Dienst (SID).

Franz Beckenbauer entblößte im Fernsehsender Sky die Bayern-Seele in der Trainer-Frage: "Er ist einmalig. Mit seinen jungen 65 Jahren ist er immer noch mit Feuer dabei. Er hat damals, nach Jürgen Klinsmann, bewiesen, dass er ein Bayern-Trainer sein kann."

Und was sagt Heynckes? "Ich werde mich nächste Woche mit den Herren zusammensetzen, dann werden wir vieles besprechen, und dann sagen wir Bescheid, welche Entscheidungen wir treffen werden." Sportchef Rudi Völler entfernt sich bereits von seinem Trainer: "Wir werden mit der Entscheidung (von Heynckes) leben können."

Bleibt die Frage, welchen Plan B Bayer Leverkusen in der Tasche hat. Robin Dutt aus Freiburg?

FC Schalke 04, Platz 10.

Die Einladung zur eigenen Entlassung hat Felix Magath bereits erhalten. Der mächtige Magath ist ja nicht nur Trainer und Sportdirektor, sondern auch Vorstandsmitglied, und da müssen gewisse Fristen und Regularien eingehalten werden. Drei Tage vor einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung muss Vorstandsmitglied Magath also schriftlich eingeladen werden. Tagesordnungspunkt eins: seine Anhörung und mögliche Abberufung. Andere Tagesordnungspunkte: keine.

Am Sonntag schon wollte sich Aufsichtsratschef Clemens Tönnies mit Magath zu einem "Gespräch unter Männern" mit Magath treffen. Beide Seiten brachten aber angeblich ihre Juristen mit. So dauerte das Männergespräch nur eine halbe Stunde und Tönnies teilte Magath lediglich mit, welche Vorwürfe konkret gegen ihn erhoben werden. "Der nächste Termin ist am Mittwoch, ansonsten gibt es nichts zu sagen", kommentierte der Coach im Kicker.

Es geht wohl nur noch um die Höhe der Abfindung, Magath und sein Trainerteam haben sich angeblich eine vollständige Weiterbezahlung im Falle einer vorzeitigen Trennung zusichern lassen. Schon heißt es, Schalke prüfe, ob Magath gegen die 300.000-Euro-Klausel der Vereinssatzung verstoßen habe: Ohne Rücksprache mit dem Aufsichtsrat darf der Trainer/Manager keine Ausgaben über dieser Grenze tätigen. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, spart sich der Klub womöglich mehrere Millionen Abfindung.

Da deutet sich keine einvernehmliche Scheidung an. Auch die Teilnahmen am Pokal-Finale, am Viertelfinale der Champions League und ein Tor des skurrilen Magath-Einkaufs Angelos Charisteas glätten hier keine Wogen mehr.

Hamburger SV, Platz 8.

Armin Veh ist erlöst. Der 50-Jährige sah ja schon lange aus wie ein 60-Jähriger, am Samstag in München hätten ihn alle Beobachter sofort in Rente geschickt, so alt und abgekämpft sah Veh nach dem 0:6 seines Hamburger SV aus. Also erbarmte sich auch der Vorstand, Vorsitzender Bernd Hoffmann unterbrach sogar seinen Skiurlaub in Österreich und fuhr die fast 1000 Kilometer nach Hamburg, um Veh zu entlassen.

Nun also darf der bisherige Veh-Assistent Michael Oenning übernehmen, an seiner Seite der frühere Mittelfeld-Lenker Rodolfo Esteban Cardoso. In der Ära Hoffmann seit 2003 ist der 45-jährige Oenning (der übrigens aussieht wie 32) bereits der neunte Trainer. Oenning steht noch bis 30. Juni 2012 unter Vertrag und die Beförderung gilt unbegrenzt. Doch Oenning kennt offenbar das Geschäft: "Meine Zukunft wird davon abhängen, ob wir in der Lage sind, Ergebnisse zu schaffen. Ich bin ja nicht blauäugig."

Eintracht Frankfurt, Platz 15.

Mal sehen, ob die Spieler von Eintracht Frankfurt am kommenden Samstag gegen St. Pauli aus wirklich allen Lagen auf das gegnerische Tor dreschen. 13 Stunden und 13 Minuten hatten sie ja vergeblich versucht, sich bis zum Strafraum durchzukämpfen und dann aus der Nähe den Ball unterzubringen. In Schalke schlug Georgios Tzavellas die Kugel aus 73 Metern Entfernung auf Theofanis Gekas, doch weil der Stürmer verpasste und Torwart Manuel Neuer falsch reagierte, hoppelte der Schuss ins Netz. Das erste Tor für Eintracht Frankfurt im Jahr 2011 gab dem Klub immerhin einen Grund, den Absturz auf Rang 15 irgendwie positiv zu verkaufen.

Vielleicht war Tzavellas' Tor der Grund für die Worte von Vorstandschef Heribert Bruchhagen, der sich erstmals offen und deutlich zu Trainer Michael Skibbe bekannte: "Wir sind in einer tiefen Krise. Aber der Trainer genießt unser Vertrauen. Ich traue Michael Skibbe zu, dass er mit der Mannschaft noch die Kurve kriegt."

Und so darf Skibbe weiterhin forsch und selbstbewusst auftreten: "Wir haben keine andere Wahl mehr, wir müssen gegen St. Pauli gewinnen. Punkt, Ende, aus." Die Schuld am 1:2 in Schalke haben ohnehin zwei seiner Spieler übernommen: Einmal Torwart Ralf Fährmann, der sich vor dem 0:1 vom Spanier Raúl übertölpeln ließ: "Es tut mir wahnsinnig leid für die Mannschaft und den Verein, aber ich kann es nicht mehr rückgängig machen." Zum anderen Marco Russ, der vor dem 1:2 einen weiten Schlag von Neuer passieren ließ: "Ich habe den Punkt verbockt. Die Niederlage geht auf meine Kappe. Ich möchte mich bei der Mannschaft entschuldigen."

FC Bayern München, Platz 4.

Einmal 6:0 gewonnen - und schon ist wieder alles anders. Robben war "phantastisch", Ribéry "großartig" und die gesamte Mannschaft "sehr gut", verkündete Trainer Louis van Gaal in jedes Mikrofon, dass er vor die Nase bekam. Die wahrsten Wort sagte aber sein niederländischen Landsmann Arjen Robben: "Es ist nur ruhig, wenn wir gewinnen."

Gewinnen (oder zumindest nicht verlieren) müssen die Bayern demnach schon wieder am Dienstagabend im Champions-League-Achtelfinale gegen Inter Mailand. Und danach in Freiburg und danach gegen Gladbach, dann in Nürnberg, dann daheim gegen Leverkusen. Ach ja, Leverkusen. Das könnte am 17. April ein brisantes Duell werden, wenn der Noch-Bayern-Trainer van Gaal den Bald-Bayern-Trainer Heynckes empfängt. Vieles deutet derzeit darauf hin, selbst wenn van Gaals Bayern nun alle acht Bundesliga-Partien gewinnt und auch die Champions League.

Ganz nach dem Worten des Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge: "Wir tun aber jetzt gut daran, ruhig zu bleiben und nicht zu glauben, dass jetzt alles wieder gut ist."

Werder Bremen, Platz 12.

Werder Bremen trennt sich von Thomas Schaaf? Das stand tatsächlich mal im Raum, weil Schaafs Bremer ihr eigenes Tor so wenig beschützen wollten wie Herr Tönnies gerade den Herrn Magath vor übler Nachrede.

Jetzt aber scheint Schaafs Demission nach fast zwölf Jahren so wahrscheinlich wie Ruhe in München nach einer Niederlage. Der dienstälteste Trainer der Bundesliga darf sich deshalb wieder Gedanken machen zu seinem Berufsstand im Allgemeinen und der turbulenten Phase im deutschen Trainergeschäft: "Ich sehe das Ganze nicht positiv. Das tut allen nicht gut. Wir müssen zusehen, dass wir zu einer Ruhe und Klarheit finden, die wir alle brauchen."

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