Breitensport - Hannover:Sportvereine leiden unter Corona: Jüngste sollen in Blick

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Ein Schulkind hüpft mit einem Ball zwischen den Beinen. Foto: Patrick Pleul/zb/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Hannover (dpa/lni) - Viele Sportvereine in Niedersachsen leiden weiterhin unter den Folgen der Corona-Pandemie. Nach einem Rückgang um fast 100.000 Mitgliedschaften werden beim Landessportbund (LSB) neue Aktivitäten zur Gewinnung geprüft, wie Verbandssprecherin Katharina Kümpel auf Anfrage der Deutschen-Presse Agentur sagte. Im Fokus sind dabei nach LSB-Angaben gar nicht so sehr die Austritte, sondern die fehlenden neuen Mitglieder. "Insbesondere bei den 0-6-Jährigen zeigen sich deutlich verringerte Zahlen bei den Eintritten in die Sportvereine", sagte Kümpel.

"Corona macht den Vereinen zu schaffen", lautete der erste Satz der LSB-Statistik, die zu Beginn des Jahres vorgestellt wurde. Der LSB-Vorsitz richtete aber in seiner Analyse einen vorsichtig optimistischen Blick auf die kommenden Monate, weil ein noch größerer Rückgang ausblieb. Das wiederum ärgerte große Sportvereine, die mit einem offenen Brief reagierten. Der LSB benenne Probleme wie Kurzarbeit und fehlende Einnahmen wegen ausbleibender Events nicht. Das komme zu den fehlenden Neueintritten dazu.

"Grundsätzlich sprechen wir aktuell aber nicht von einer durchgehenden Krise des Vereinssports", heißt es beim LSB aber weiterhin. Zur Frage, ob und wie eventuell um neue Mitglieder geworben oder Rückgewinnung forciert werden sollen, gebe es noch keine fertigen Papiere. Zunächst ist es laut LSB nachvollziehbar, dass es keine Neuanmeldungen ganz kleiner Sportler gibt, wenn im Lockdown Angebote, wie Eltern-Kind-Turnen, Schwimmkurse oder Bambini-Fußball ausfallen.

In die aktuelle Debatte um Lockerungen auch beim Sport hat sich der LSB unter anderem mit der Forderung nach kontaktlosem Sport draußen in festen Gruppen bis 30 Personen eingebracht. Die neue Corona-Verordnung sieht nun sogar vor, dass bis zu 30 Kinder und Jugendliche draußen mit getesteten, geimpften oder genesen Betreuungspersonen wieder Kontaktsport betreiben können - auch Mannschaftssport.

Eine Perspektive, die aus Sicht der Sportwissenschaftlerin Ina Hunger dringend nötig ist. Durch das Fehlen der Sportangebote fallen für die kleinen Kinder im Kindergartenalter die Gelegenheiten der gezielten frühkindlichen Entwicklungsförderung oft ersatzlos weg, wie die Professorin der Universität Göttingen betonte. "Das bleibt sicherlich nicht ohne Auswirkungen auf die Kinder", sagte Hunger.

Die Sportpädagogin sieht aber deutliche Unterschiede. Hunger ist überzeugt, dass der Lockdown diejenigen, die einen Garten haben und deren Eltern ein bewegungsaktives Freizeitprogramm auf die Beine stellen, anders betrifft, als Kinder, die beengt wohnen und deren Eltern kaum selbst aktiv sind.

"Für diese Kinder stellt der Vereinssport vielfach die einzige vorstrukturierte Möglichkeit dar, sich aktiv zu bewegen, sich körperlich auszuprobieren, sich zu verausgaben oder in Kontakt zu anderen Kindern zu treten", erläuterte Hunger. Daneben fehle den Familien auch ein wichtiges Element ihrer Wochenstruktur.

Dadurch droht sich aus Sicht von Hunger nicht nur die Bindung zum Sportverein zu lösen. Die Sportwissenschaftlerin sieht auch die Gewöhnung an mediale Alternativen und Schulkinder, die sich vielfach in der "körperlichen Inaktivität" einrichten. "Bewegung wieder einen angemessenen Stellenwert im Alltag der Kinder und damit eine Entwicklungschance zu geben, muss eine gesellschaftliche Aufgabe werden", forderte Hunger. Sie geht davon aus, dass das Phänomen "Übergewicht im Kindes- und Jugendalter" als eine Folge der Pandemie ein zentrales Thema wird.

© dpa-infocom, dpa:210523-99-710371/2

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