Tourismus auf Mallorca:Akutes Überfüllungsgefühl

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Nie allein: 14 Millionen Urlauber kommen pro Jahr nach Mallorca. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

14 Millionen Besucher kommen jedes Jahr nach Mallorca. "Zu viele", sagt der Tourismusminister. Er will ein Limit für Urlauber "zumindest im Sommer". Und jetzt?

Von Brigitte Kramer, Bunyola, Mallorca

Auf Mallorca leben 880 000 Menschen, man muss sich diese Zahl vergegenwärtigen, wenn man versuchen will, mit den armen Mallorquinern mitzufühlen. Die nämlich werden jedes Jahr von Touristenmassen auch aus Deutschland überrollt, erst vor Kurzem sagte der neue Landesminister für Tourismus, Biel Barceló, es seien "zu viele".

In Zahlen: Vergangenes Jahr besuchten 13,5 Millionen Menschen die Insel, in Worten: Dreizehnkommafünf Millionen. Und nun diskutieren sie auf der Insel über diese Frage: Wie viele Touristen hält Mallorca aus? Biel Barceló, der auch stellvertretender Ministerpräsident des linken Regionalbündnisses Més ist, das seit Mai die Balearen regiert, will die Zahl der Touristen beschränken, "zumindest im Sommer", und wenn das nicht von alleine geht, dann sei auch ein von der Regierung verordnetes Touristen-Limit "nicht ausgeschlossen".

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Dadurch solle nicht nur das "Überfüllungsgefühl der Touristen" selbst kleiner werden. Die Maßnahme könnte Umwelt und Ressourcen schonen und die Lebensqualität der Insulaner verbessern, die unter der Fülle auf ihrer Insel leiden. Mallorca will sich ein Beispiel an den Kanarischen Inseln nehmen, die jüngst konkrete Pläne für eine Begrenzung der Touristenzahlen bekannt gaben; sie kontrollieren dort nun vor allem die Bettenzahl. Barceló weiß vermutlich, dass er da mutige Worte spricht - schließlich ist Mallorca von den Touristen ja abhängig.

Entsprechend fielen auch die Reaktionen aus, in Madrid etwa zeigte man sich irritiert: Ministerpräsident Mariano Rajoy betonte, man müsse gerade beim Tourismus "mit extremer Vorsicht" agieren. Und auch der mächtige mallorquinische Hotelierverband Fehm lehnt Barcelós Vorstoß ab: Auf Mallorca sei bei einer derzeitigen Bettenbelegung in der Hochsaison von "80 bis 90 Prozent" sogar noch Spielraum, sagte eine Sprecherin.

Aber dass gerade die Hoteliers auf Mallorca Barcelós Meinung nicht teilen, liegt nicht nur an der Angst, die Touristen zu verärgern, sondern auch an einem anderen Aspekt in Barcelós Vorschlag: Er will auch die Einnahmen von den vielen Besuchern gerechter verteilen. Es geht um Klasse statt Masse und darum, "dass das Geld nicht in den Händen einiger weniger, vor allem der Hoteliers, bleibt", sagte ein Sprecher des Ministers. Barceló findet, es gebe viel Spielraum, um den Tourismus außerhalb der Hauptsaison wachsen zu lassen.

Denn 80 Prozent der Touristen kommen derzeit in den Sommermonaten. Er räumte allerdings auch ein, dass eine Begrenzung kompliziert werden könnte. Deshalb will er auch auf Selbstregulierung setzen. Die Branche könnte die Saison verlängern und eine bessere Qualität der Hotels bieten, um weniger, aber zahlungskräftigere Touristen anzulocken.

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Außerdem könnten die Touristen noch eine kleine Steuer entrichten: die Umweltabgabe, die sogenannte Ecotaxa. Sie soll in Hotels, Fincas und Ferienwohnungen gleichermaßen kassiert werden und etwa einen Euro pro Person und Nacht ausmachen. Die Einnahmen sollen allen zugutekommen, Einheimischen und Besuchern. Die Regierung will damit Naturparks besser verwalten, die Müllproblematik lösen und Infrastruktur erhalten.

Doch was in deutschen Ferienregionen oder in Städten wie Berlin, Paris und Rom längst eingeführt ist, stößt auf Mallorca auf Widerstand. Die Hoteliers fürchten um Mallorcas internationale Konkurrenzfähigkeit. Zudem verweisen sie beim Thema sozialer Rücklauf der Einnahmen auf ihre gemeinnützigen Stiftungen und auf ihre Verantwortung als Arbeitgeber. 500 Millionen Euro habe man in den vergangenen vier Jahren in Modernisierung investiert.

Letztlich geht es bei Mallorcas Tourismusdebatte um die Versöhnung verschiedener Lager. Hier die Hoteliers, die oft als Gewinnler gesehen werden, dort die Kellner, Köche oder Zimmermädchen, die vom Massenbetrieb leben, und schließlich die Umweltschützer, die den Tourismus kritisch sehen. "Wir haben manchmal das Gefühl", sagt Maria Suau von der Naturschutzgruppe GOB, "dass die Hoteliers das Goldene Kalb Mallorca melken, ohne etwas zurückzugeben."

© SZ vom 17.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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