Streit um Klimaschutz:Wissing droht mit Fahrverboten

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Bundesverkehrsminister Volker Wissing fordert eine schnelle Entscheidung der Ampelfraktionen im Bundestag. (Foto: Friedrich Bungert)

Sollten die Ampelfraktionen nicht bald das Klimaschutzgesetz ändern, müsse der Auto- und Schwerlastverkehr eingeschränkt werden, teilt der FDP-Bundesminister mit. Zuletzt verfehlte sein Sektor die CO₂-Ziele deutlich.

Im Streit über eine Reform des Klimaschutzgesetzes hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) vor drastischen Einschnitten für Autofahrer gewarnt - bis hin zu Fahrverboten am Wochenende. Das geht aus einem Schreiben Wissings an die Fraktionschefs der Ampelfraktionen SPD, Grüne und FDP hervor. Es lag der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag vor, zuerst hatte die Bild-Zeitung darüber berichtet.

In dem Brief heißt es, sofern das novellierte Klimaschutzgesetz nicht vor dem 15. Juli in Kraft trete, sei das Ministerium nach dem geltenden Gesetz verpflichtet, ein Sofortprogramm vorzulegen, das die Einhaltung der Jahresemissionsmengen des Sektors Verkehr in den kommenden Jahren sicherstelle.

"Unbefristete Fahrverbote an Samstagen und Sonntagen"

Um die Sektorziele alleine im Jahr 2024 zu erreichen, wäre nach Wissings Argumentation eine deutliche Verringerung der Pkw- und Lkw-Fahrleistung notwendig. Diese wäre "nur durch restriktive und der Bevölkerung kaum vermittelbare Maßnahmen wie flächendeckende und unbefristete Fahrverbote an Samstagen und Sonntagen möglich". Darunter würden nicht nur Bürger leiden, auch Lieferketten könnten nachhaltig gestört werden, da eine kurzfristige Verlagerung des Transports von der Straße auf die Schiene unrealistisch sei, warnt Wissing.

Die stellvertretende Grünen-Fraktionschefin Julia Verlinden sagte zu drohenden Fahrverboten: "Diese Behauptung ist schlichtweg falsch. Ein Minister sollte nicht unbegründet Sorgen bei den Menschen schüren." Das aktuell geltende Recht verlange von Wissing lediglich, ein Klimaschutzprogramm vorzulegen, "in dem sinnvolle Vorschläge enthalten sind, die zu mehr Klimaschutz im Verkehrssektor führen". Es gebe hier viele unterschiedliche Möglichkeiten wie etwa ein Tempolimit. Es sei an der Zeit, dass der Minister gute Vorschläge machte.

Bei den Verhandlungen der Ampelfraktionen zum Klimaschutzgesetz ist dem Vernehmen nach strittig, welche Verantwortlichkeiten Ressorts künftig noch haben, falls Zielvorgaben bei der CO₂-Einsparung verfehlt werden - wie im Verkehrssektor. Das Kabinett hatte eine Reform des Klimaschutzgesetzes beschlossen, die erste Lesung im Bundestag war im September.

Im Gesetz sind die Klimaschutzziele verbindlich geregelt. Für einzelne Sektoren wie Industrie, Energiewirtschaft, Verkehr und Gebäude wurden bis 2030 zulässige Jahresemissionsmengen festgelegt. Kernpunkt ist bisher folgender Mechanismus: Wenn Sektoren Vorgaben verfehlen, müssen die zuständigen Ressorts der Bundesregierung in Form von Sofortprogrammen nachsteuern - um die Einhaltung der Emissionsmengen sicherzustellen.

Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll die Einhaltung der Klimaziele künftig nicht mehr rückwirkend nach den verschiedenen Sektoren kontrolliert werden - sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend. Die Bundesregierung als Ganzes soll künftig entscheiden, in welchem Sektor und mit welchen Maßnahmen die zulässige CO₂-Gesamtmenge bis 2030 erreicht werden soll - allerdings erst, wenn es zwei Jahre in Folge zu einer Zielverfehlung kommt. Vor allem die FDP drängt auf eine Reform des Gesetzes.

Insgesamt 10,1 Prozent weniger klimaschädliche Treibhausgase

Im Jahr 2023 wurden nach Angaben des Umweltbundesamts in Deutschland 10,1 Prozent weniger klimaschädliche Treibhausgase emittiert als 2022. So gab es im Sektor Energie deutliche Rückgänge, das Umweltbundesamt begründete dies mit einem geringeren Einsatz fossiler Brennstoffe zur Erzeugung von Strom und Wärme. Insbesondere der Verkehrssektor müsse beim Klimaschutz aber nachsteuern, so die Behörde. Er verfehle seine Klimaziele erneut deutlich.

Am kommenden Montag wird der Expertenrat für Klimafragen voraussichtlich die Zahlen bestätigen und darauf hinweisen, dass Wissing dem Gesetz zufolge ein Sofortprogramm vorlegen muss, um wieder auf Klimakurs zu kommen.

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