Westafrika:Malis Militärregierung fordert "unverzüglichen Abzug" von UN-Friedenstruppe

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Soldaten der Bundeswehr im Camp Castor in Gao. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Mali verlangt ein Ende des friedenssichernden UN-Einsatzes Minusma. Außenminister Diop beschuldigt Bundeswehr-Soldaten, "Teil des Problems" geworden zu sein.

Die Militärregierung des westafrikanischen Krisenstaats Mali fordert den sofortigen Abzug der seit einem Jahrzehnt im Land stationierten UN-Friedensmission Minusma. Außenminister Abdoulaye Diop beschuldigte die Blauhelme der Vereinten Nationen, darunter auch Hunderte Bundeswehr-Soldaten, "Teil des Problems" geworden zu sein, anstatt ausreichend auf die Sicherheitslage reagiert zu haben. "Vor diesem Hintergrund fordert die malische Regierung den unverzüglichen Rückzug von Minusma. Die Regierung ist jedoch bereit, diesbezüglich mit den Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten", sagte Diop im UN-Sicherheitsrat am Freitag in New York.

Malis Übergangsregierung unter Oberst Assimi Goïta bekräftigte am späten Freitagabend ihre "strategische" Entscheidung, den Abzug der Minusma zu fordern. Es sei "unmöglich, den Frieden zu wahren in einer Situation, in der es keinen Frieden zu wahren gibt", teilte sie mit. Sie warf der UN-Mission vor, das Mandat zur Unterstützung der malischen Autoritäten ins Gegenteil verkehrt zu haben.

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Die Bundesregierung will den Einsatz der Bundeswehr auch nach der Aufforderung zum sofortigen Abzug in geordneten Schritten beenden. Verhandlungen der Vereinten Nationen würden unterstützt, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums am Samstag in Berlin. "Dass die malische Transitionsregierung und Russland die anstehende Verlängerung des UN-Mandats nutzen werden, um politisches Kapital daraus zu schlagen, überrascht uns nicht. Unser Interesse ist weiterhin ein geordneter Abzug."

Die Ankündigung der Militärjunta kam kurz vor einem lang erwarteten Verfassungsreferendum in Mali an diesem Sonntag. Malis Bürger sollen mehr als zwei Jahre nach dem letzten Militärputsch über eine neue Verfassung abstimmen, was als erster Schritt hin zu Präsidentschaftswahlen bis kommenden März gilt. Die Übergangsregierung wirbt offensiv für die Annahme des Entwurfs, der unter anderem dem Präsidenten mehr Macht verleiht.

Die UN-Mission zur Stabilisierung des Landes ist seit 2013 in Mali aktiv. Damals hatten islamistische Terroristen in Folge des Zusammenbruchs des angrenzenden Libyens und einer Rebellion der nomadischen Tuareg 2012 den Norden des Landes am Rande der Sahara überrannt. Eine Militärintervention der früheren Kolonialmacht Frankreich drängte die teils mit den Terrormilizen IS und al-Qaida verbündeten Islamisten nur vorübergehend zurück. Die Terrorgruppen breiten sich seitdem im Norden und Zentrum Malis und in seinen Nachbarstaaten aus.

Bis zu 2000 russische Wagner-Söldner sind in Mali aktiv

Das Militär übernahm 2020 und 2021 in zwei Putschen die Macht in dem Sahelstaat mit rund 23 Millionen Einwohnern und wandte sich Russland zu, von dem es sich robustere Hilfe gegen die Islamisten versprach. Während die Militärjunta nur von Ausbildern spricht, sind Schätzungen zufolge bis zu 2000 russische Wagner-Söldner im Land aktiv. Frankreich beendete daraufhin seinen Militäreinsatz.

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Es ist richtig, dass der Bundestag den Abzug der Bundeswehr aus dem westafrikanischen Land beschließt. 4,3 Milliarden Euro hat der Einsatz gekostet. Man könnte solch eine Summe künftig auch anders ausgeben.

Kommentar von Bernd Dörries

Deutschland will seine Soldatinnen und Soldaten zum 31. Mai 2024 abziehen. Der Bundestag hatte Ende Mai das Mandat letztmalig verlängert. Derzeit sind knapp 1100 Bundeswehrsoldaten in Mali. Aktivitäten der Bundeswehr wurden zuletzt immer wieder eingeschränkt. So verweigerte Bamako etwa Fluggenehmigungen für die von den Deutschen im UN-Auftrag betriebene Aufklärungsdrohne Heron.

Die Vereinten Nationen sind für den Betrieb einer Friedensmission auf das Einverständnis des Landes angewiesen. Das Mandat der Minusma hätte vom UN-Sicherheitsrat bis zum 30. Juni um ein weiteres Jahr verlängert werden müssen. Der Missionsleiter und Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs, El-Ghassim Wane, sagte im Sicherheitsrat, dass die Minusma alles daran gesetzt habe, ihr Mandat trotz der "vielfältigen Einschränkungen, denen sie ausgesetzt ist, darunter auch Einschränkungen der Bewegungsfreiheit" bestmöglich umzusetzen.

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