Hessen:"Alles hat seine Zeit"

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Volker Bouffier (rechts) stellt nach seiner Rücktrittsankündigung im Februar 2022 den damals noch designierten Nachfolger Boris Rhein vor. (Foto: Arne Dedert/dpa)

Volker Bouffier will Ende Mai sein Amt als hessischer Ministerpräsident niederlegen. Aber wer wird sein Nachfolger?

Von Gianna Niewel, Fulda

Die ersten Eilmeldungen kamen am Freitagvormittag, Volker Bouffier, so hieß es, würde Ende Mai von seinem Amt als hessischer Ministerpräsident zurücktreten. Ein paar Stunden später erklärte er dann beim traditionellen Künzeller Treffen der hessischen CDU, es sei eine "politische Grundentscheidung für unsere Partei und unser Land", eine Zäsur, die er in einem "sehr sorgfältigen Prozess" vorbereitet habe.

Die Entscheidung beendet eine Debatte, die in Hessen schon länger geführt wurde. Sie begann nach der Landtagswahl 2018, als die Balken für die CDU bei 27 Prozent stehen blieben. Elf Prozent weniger als bei der Wahl zuvor. Sie ging weiter, als Volker Bouffier gemeinsam mit Wolfgang Schäuble Armin Laschet zum Kanzlerkandidaten machte, und der nicht Kanzler wurde, und sie erreichte ihren Höhepunkt, als die ersten begannen, ungefragt vorzurechnen, wie alt Bouffier bei der nächsten Landtagswahl wäre: 71 Jahre. Muss sich die CDU nicht erneuern und verjüngen? Und das schnell?

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Klar war aber immer auch, dass es Volker Bouffier sein würde, der den Zeitpunkt seiner Nachfolge bestimmen wollen würde. Bouffier, der nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 als Innenminister in Hessen das Polizeigesetz ändern ließ und die Rasterfahndung einführte, Bouffier, der lange viel dafür getan hatte, dass sie ihn "schwarzen Sheriff" nannten. In den vergangenen Jahren wurde er gemäßigter, etwa als er den Kurs von Angela Merkel im Streit um die Geflüchteten unterstützte. Bouffier, Ministerpräsident seit fast zwölf Jahren. Nach so langer Zeit sei es nötig, sich selbst und der Öffentlichkeit "Klarheit zu verschaffen, ob man das Amt weiter wahrnehmen soll, kann und will". Und weiter: "Alles hat seine Zeit. Der jetzige Zeitpunkt ist der richtige."

Und so stand am Freitag ein zweiter Mann neben ihm, Boris Rhein, 50 Jahre alt, bisher Landtagspräsident in Wiesbaden. Bouffier hatte ihn der Parteispitze als Nachfolger vorgeschlagen, sowohl für das Amt des Ministerpräsidenten als auch für das des Landeschefs, und die hatte sich einstimmig für ihn ausgesprochen. Wer aber ist der Mann, der ihm folgen soll?

"Schwarzer Sheriff" wurde Bouffier genannt

Boris Rhein war schon in der Jungen Union, als er Abitur machte. Er studierte Rechtswissenschaften in Frankfurt, arbeitete als Anwalt, arbeitete sich in der CDU hoch. 2010 wurde er hessischer Innenminister, auch damals als Nachfolger von Bouffier, 2014 dann Wissenschaftsminister, 2018 Landtagspräsident. Rhein gilt als konservativ, so wie die hessische CDU konservativ ist, und vielleicht ist das einzige politische Manko das: 2011 versuchte er, Oberbürgermeister von Frankfurt zu werden, verlor aber in einer Stichwahl gegen Peter Feldmann (SPD).

Am Freitag sparte Rhein dann weder am Lob an Volker Bouffier, noch an Worten der Freude. Der hessischen CDU sei ein "Übergang in Freundschaft" gelungen, die einstimmige Entscheidung eine "Grundlage für den Wahlerfolg 2023". Dann sind in Hessen Landtagswahlen.

Doch zunächst muss Boris Rhein Ende Mai selbst vom hessischen Landtag als Ministerpräsident gewählt werden und da hat die Regierung aus CDU und Grünen nur eine Mehrheit von einer Stimme. Er braucht also wieder Geschlossenheit, nun auch über die Parteigrenzen hinaus. Rhein gilt innerhalb der sehr konservativen hessischen CDU als mittelkonservativ, und damit als anschlussfähig - oder zumindest als anschlussfähiger als manch anderer Kandidat, der in den vergangenen Wochen als möglicher Nachfolger gehandelt wurde.

Wenn Rhein Ministerpräsident werden sollte, steht er vor nicht ganz leichten Aufgaben: Nicht nur, dass er das Bündnis aus CDU und Grünen zusammenhalten muss. In den letzten Umfragen vom vergangenen Oktober liegt seine Partei gleichauf mit den Grünen bei 20 Prozentpunkten, die SPD kommt erstmals auf 26 Prozentpunkte. Anders gesagt: Die CDU muss aufholen.

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