Verteidigung - Kiel:Günther: Weiter Kritik an Auftragsvergabe für Marineschiff

Bundeswehr
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Foto: Carsten Rehder/dpa (Foto: dpa)

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Kiel (dpa/lno) - Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat die angekündigte Vergabe des Auftrags für den Bau des Mehrzweckkampfschiffs 180 an ein Konsortium unter niederländischer Führung erneut kritisiert. Der CDU-Politiker warnte am Freitag vor unabsehbaren und schweren Folgen für den Industriestandort Deutschland. Er erinnerte an Ankündigungen der Bundesregierung, nach denen sowohl der Unterwasser- als auch der Überwasserschiffbau als verteidigungspolitische Schlüsseltechnologien zur Stärkung der Verteidigungsindustrie in Deutschland eingestuft werden sollen. "Ein solches Bekenntnis allein reicht mir nicht", sagte Günther der Deutschen Presse-Agentur.

"Ich erwarte deshalb in kürzester Frist eine glasklare Entscheidung der Bundesregierung, die solche Bekenntnisse auch zum Maßstab bei Vergaben für Rüstungsaufträge macht." Wer langfristig die Fähigkeit behalten wolle, eigene Entwicklungen voranzutreiben und Exporterfolge auf den Auslandsmärkten zu erzielen, brauche nationale Referenzprojekte wie das "MKS 180".

Das CDU-geführte Verteidigungsministerium hatte am Montag bekanntgegeben, die niederländische Werftengruppe Damen Shipyards habe die Ausschreibung gewonnen; das Schiff werde bei der Lürssen-Tochter Blohm + Voss in Hamburg gebaut. Um den Auftrag im Volumen von 5,27 Milliarden Euro für vier Schiffe hatte sich auch German Naval Yards in Kiel mit Thyssenkrupp Marine Systems (TkMS) als Subunternehmer beworben. Das Votum für die Niederländer hatte in Schleswig-Holstein parteiübergreifend harsche Kritik ausgelöst, weil damit strategisch wichtiges Know-how verloren gehe. Zudem seien Arbeitsplätze auf den Werften im Land gefährdet.

"Marineschiffbau ist mehr als ein Schiff zusammenzuschweißen", sagte Günther der dpa am Freitag vor einer Klausurtagung des CDU-Bundesvorstandes in Hamburg. Es gehe um komplexe und technisch hoch anspruchsvolle Produkte aus einer großen Zahl unterschiedlicher Komponenten. Betroffen von der Entscheidung seien deshalb Hightech-Unternehmen nicht nur im Norden, sondern in ganz Deutschland.

Wer es ernst meine mit der Sicherung der Rolle Deutschlands als einer weltweit führenden Industrie- und Exportnation, der müsse zwingend darauf achten, "dass wir unsere ureigensten Potenziale auch selbst für uns nutzen", sagte Günther. Dies gelte gerade für den Bereich der Schlüsseltechnologien.

Zur Ankündigung der Bundesregierung, 70 bis 80 Prozent des Auftragsvolumens beim "MKS 180" gingen an deutsche Unternehmen, sagte Günther, er erwarte nachvollziehbare Belege. Dies gelte sowohl für die Verteilung von vier Milliarden Euro in Deutschland als auch für die Grundlagen der Vergabeentscheidung. Der Bund müsse hier gegenüber den Beteiligten und den Ländern für maximale Transparenz sorgen. Auch Ausschreibungssieger Damen hatte betont, ein Großteil der Wertschöpfung werde auf Deutschland entfallen.

Das "MKS 180" soll den Marine-Planungen zufolge bei einer Länge von rund 155 Metern eine Wasserverdrängung von bis zu 9000 Tonnen haben. Die neuen Fregatten der Baden-Württemberg-Klasse, die von diesem Jahr an in den Dienst gestellt werden sollen, sind um fast 2000 Tonnen kleiner. Das Allrounder-Schiff soll weltweit, von Polargewässern bis hin zu den Tropen eingesetzt werden können. Es ist nach Bundeswehrangaben für Selbstverteidigung und Kampfeinsätze ebenso ausgelegt wie für Seeraumüberwachung und Embargokontrolle, Militärische Evakuierung in Krisensituationen, Begleitschutz für Handelsschiffe und die Führung von Einsatzverbänden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: