Katholische Kirche:Rom und die deutschen Bischöfe finden einen Kompromiss

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Im November 2022 erklärte Bischofskonferenz-Chef Georg Bätzing dem Papst den Synodalen Weg. (Foto: Matthias Kopp/DPA)

Bei einem Spitzengespräch im Vatikan gehen beide Seiten aufeinander zu, die roten Linien aber bleiben. Der Reformprozess in Deutschland kann vorerst weitergehen - solange die Macht der Kirchenspitze nicht infrage gestellt wird.

Von Marc Beise und Annette Zoch

Das Bild sollte die Nachricht sein: Einträchtig nebeneinander stehen deutsche katholische Bischöfe und Kurienkardinäle in der Sala Bologna im Apostolischen Palast im Halbkreis, lächeln gelöst in die Kamera. Alle sind sie in schlichtes Schwarz gekleidet, auch die Machthaber im Vatikan haben auf ihre Kardinalskleidung verzichtet. Die Deutsche Bischofskonferenz hat das Foto am Freitagabend verbreitet, nach einem Klärungsbesuch sechs deutscher Bischöfe im Vatikan.

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Was für ein Unterschied zu den Fotos, die während des Besuchs der Deutschen Bischofskonferenz in Rom im November 2022 um die Welt gingen: Während eines Gesprächs zum sogenannten Synodalen Weg thronten die römischen Kurienkardinäle weit oben hinter dem Pult der Augustiner-Hochschule und dozierten streng auf die in die Schulbänke verwiesenen deutschen Brüder herab.

Seit Jahren streiten deutsche Bischöfe und die römische Kurie über Kirchenreformen, konkret über den deutschen Reformprozess "Der Synodale Weg". Dieser war 2019 nach der großen katholischen Missbrauchsstudie ins Leben gerufen worden, um Missbrauchs-begünstigenden Faktoren in der Kirche zu begegnen. Doch dem Vatikan gingen viele der Reformvorschläge zu weit.

Oben die Kurienkardinäle, unten die Bischöfe: So sah es im November 2022 aus. (Foto: Vatican Media/Imago)

Dabei geht es vor allem um die Frage, wie viel Laien in der Kirche mitzubestimmen haben. Parlamentarische Strukturen mit Mehrheitsentscheidungen lehnt die Kirchenleitung in Rom klar ab: Das letzte Wort müssten immer die Bischöfe und letztendlich der Papst haben. Selbst Franziskus, der sich selbst auch nach elf Jahren im Amt immer noch als Reformer versteht, hat in der ihm eigenen bildhaften Sprache in diesem Sinne klar Stellung bezogen: "Es gibt eine sehr gute evangelische Kirche in Deutschland. Wir brauchen nicht zwei von ihnen."

Der Höhepunkt der Krise schien erreicht zu sein vor der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im Februar, als der Vatikan ihr die Abstimmung über die Satzung für den Synodalen Ausschuss - ein Gremium, das den Reformprozess verstetigen sollte - verbot. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing aus Limburg, strich den Punkt also von der Tagesordnung, warf dem Vatikan aber zugleich Verzögerung vor. In Rom wiederum gelten die Deutschen als Rechthaber, die nicht anerkennen wollen, wo die Grenzen einer Ortskirche liegen und dass es keine Reformen geben könne, die nicht ins Gesamtsystem passen.

Der oberste Glaubenshüter, Kardinal Fernández, setzt einen neuen Ton

Das Treffen am Freitag sei nun "von einer positiven und konstruktiven Atmosphäre geprägt" gewesen, hieß es anschließend in einer von Vatikan und Bischofskonferenz gemeinsam veröffentlichten Presseerklärung. Man habe die offenen theologischen Fragen in den Dokumenten des Synodalen Wegs erörtert und dabei "Differenzen und Übereinstimmung" benannt. Das ungewöhnlich lange Gespräch dauerte einen ganzen Arbeitstag lang, unterbrochen nur von einer Mittagspause, die beide Parteien getrennt verbrachten. Der Inhalt sollte streng vertraulich bleiben, immerhin war zu erfahren, dass es wohl tatsächlich vergleichsweise herzlich zugegangen ist.

Die Vatikanvertreter gaben sich erkennbar Mühe, die Position der Deutschen zu verstehen und Kompromisse zu suchen; das war bisher nicht immer der Fall. Offensichtlich tat die teilweise neue Führungsspitze der zuständigen Ministerien ("Dikasterien") dem Treffen gut. Namentlich Kardinal Víctor Fernández, ein Papstvertrauter, setzte als Leiter der zentralen Glaubensbehörde einen neuen Ton. Auch der oberste Beamte im Vatikan, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, nahm sich viel Zeit.

Der Synodale Ausschuss als Gremium selbst scheint für die Kurienkardinäle nun kein Problem mehr zu sein, mit einer wichtigen Einschränkung: Dessen Arbeit diene dazu, "konkrete Formen der Synodalität in der Kirche Deutschlands zu entwickeln". Diese müssten in Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche des Zweiten Vatikanischen Konzils sowie den Vorgaben des Kirchenrechts und den Ergebnissen der Weltsynode stehen. Zudem müsse alles dem Papst zur Approbation vorgelegt werden. Nichts anderes hatten die Bischöfe sowie die Laien des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) stets betont: Man werde alles, was durchs Kirchenrecht nicht ohnehin schon möglich sei, dem Papst vorlegen und um Zustimmung bitten.

Ob aus dem Synodalen Ausschuss, der sich ja nur als Übergangs-Arbeitsgremium versteht, am Ende auch der geplante Synodale Rat hervorgeht, ein fest installiertes, dauerhaftes Beratungs- und Entscheidungsgremium von Bischöfen und Laien? Das ist noch fraglich. Denn die deutschen Bischöfe haben sich auch dazu verpflichtet, ohne die Zustimmung Roms keine neuen Leitungsstrukturen in der katholischen Kirche in Deutschland zu installieren.

Das zeigt, wo die Deutschen dem Vatikan entgegengekommen sind. Sie haben sich ganz klar dazu bekannt, dass an den Machtstrukturen der Kirche nicht gerüttelt wird: Die Bischöfe und letztlich der Papst behalten das letzte Wort bei allen Reformschritten. Das kann die Vatikanseite als Erfolg verbuchen und beruhigen. Die Deutschen wiederum können den eingeschlagenen Reformweg jetzt erst einmal weitergehen, man hat Zeit gewonnen. Damit steht wohl auch der Gründung eines Vereins, der den Synodalen Ausschuss finanzieren soll, nichts mehr im Wege. Und Mitte April könnte beim Ständigen Rat der Bischöfe die im Februar abgesagte Abstimmung über die Satzung nachgeholt werden.

Vor allem aber wollen sich Kurie und deutsche Bischöfe künftig wieder enger abstimmen und mehr direkte Gespräche führen, statt böse Briefe zu schicken. Das nächste Treffen ist schon in wenigen Monaten, noch vor der römischen Sommerpause geplant.

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