Im Kopf von Donald Trump scheint es nur Superlative zu geben. Was gerade passiere, sei die "größte Hexenjagd auf einen Politiker in der amerikanischen Geschichte", schreibt er in seinem Lieblings-Netzwerk Twitter. Und er ist natürlich das Opfer. Vor allem das Opfer der schlimmen Medien, erklärte er am Mittwoch in einer Rede vor Kadetten der Küstenwachen-Akademie in New London, Connecticut.
Er wolle den jungen Männern und Frauen einen Rat mit auf den Weg geben, sagte er den Kadetten. Es gebe manchmal Momente im Leben, die seien nicht fair. Da passierten Dinge, die sie nicht verdient hätten. Aber da dürfte niemand aufgeben. Da gelte es zu kämpfen. "Fight! Fight! Fight!", ruft er den Soldaten zu. Um dann natürlich sofort auf sich zu kommen. "Schaut euch an, wie sie mit mir gerade umgehen." Besonders die Medien. "Kein Politiker in der Geschichte - und ich sage das mit großer Sicherheit - wurde schlimmer und unfairer behandelt."
Es ist eine denkwürdige Rede, die Trump da hält. Zwei Tage, bevor er sich an diesem Freitag auf seine erste Auslandsreise macht, die ihn nach Saudi-Arabien, Israel, in die Palästinensischen Autonomiegebiete, den Vatikan, nach Italien, Brüssel und Sizilien führen wird. Und acht Tage, nachdem er FBI-Chef Comey gefeuert, die Verantwortung erst anderen zugeschoben, sein ganzes Team im Weißen Haus desavouiert und seinen russischen Besuchern geheime Informationen verraten hat. Und noch so einiges mehr.
Trump, nicht zu vergessen, ist Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, der mächtigste Mann der Welt. Und doch sieht er sich immer nur als Opfer. Ein Opfer der Medien und seiner Kritiker, die einfach nicht erkennen wollen, dass im vergangenen Herbst der denkbar großartigste Präsident des Universums in das Amt gewählt wurde. Es scheint, als habe Trump seit seinem Amtsantritt nichts dazugelernt. Trump bleibt einfach Trump - komme, was da wolle. Und doof sind immer die anderen.
Derzeit wartet Washington gespannt darauf, wen er sich als neuen FBI-Chef aussucht. Favorit im Rennen um die Nachfolge des geschassten James Comey ist offenbar Joseph Lieberman, ehemaliger Senator von Connecticut und Vizepräsidentschaftskandidat unter dem Demokraten Al Gore im Jahr 2000. Doch auch die frühere Terrorismus-Beraterin von George W. Bush, Frances Townsend, und der Leiter der FBI-Außenstelle in Richmond, Adam S. Lee, sollen noch auf Trumps Liste stehen.
Doch bis diese Personalie entschieden ist, gibt es noch zwei Geschichten zu erzählen aus den vergangenen zehn Tagen. Oder eigentlich sogar drei.
Wie Trump plötzlich den FBI-Chef feuerte
Die erste: Wie Trump den FBI-Chef feuert und sich damit an den Rand eines Amtsenthebungsverfahren bringt. Die zweite: Wie Trump den Russen Geheimisse verrät und damit Israel womöglich in Schwierigkeiten bringt. Und die dritte: Wie das alles zusammenhängt.
Am Dienstagabend vergangener Woche beginnt die erste Geschichte. Trump feuert FBI-Chef James Comey. Das ist keine Kleinigkeit. Erst ein Präsident vor ihm hat es gewagt, den obersten Chefermittler des Landes zu entlassen. Zwei Tage wird gerätselt, warum Comey gefeuert wurde.
Die Begründung, die das Weiße Haus liefert: Weil der stellvertretende Justizminister Rod Rosenstein, der die FBI-Aufsicht führt, das so wollte. Dann macht Trump klar: Nein, er selbst war es. Er wollte Comey schon immer feuern - was die Frage nach dem Warum noch interessanter macht.
Comey leitet zu dem Zeitpunkt die Ermittlungen in der Russland-Affäre. Er untersucht, ob und welchen Einfluss Russland auf die US-Wahl im vergangenen Herbst genommen hat. Im Blick des FBI sind auch eine Reihe von Trump-Leuten. Darunter der inzwischen zurückgetretene Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn.
Nach dem Rausschmiss Comeys wird bekannt, dass Comey in der Woche zuvor im Justizministerium nach mehr Personal für die Russland-Ermittlungen gebeten habe.
Und schließlich der Hammer: Comey hatte sich offenbar im Februar nach einem Gespräch mit Trump Notizen gemacht. Demnach habe ihn Trump in dem Gespräch gefragt, ob er nicht die Ermittlungen gegen Michael Flynn fallenlassen könne. An diesem Donnerstag von einem Reporter danach gefragt, ob das so war, ist Trumps Antwort kurz: "Nein, Nein. Nächste Frage."
Republikaner wie Demokraten waren und sind erschüttert. Vergleiche mit der Watergate-Affäre werden gezogen. Und über allem die Frage, ob die Sache zu einem Amtsenthebungsverfahren führen könnte.