Donald Trump hat sein Twitter-Gerät schnell zur Hand, wenn islamistische Terroristen zuschlagen. Etwa nachdem am 3. Juni drei Attentäter auf der London Bridge und im Borough Market acht Menschen töteten und später selbst von der Polizei erschossen wurden. Trump, an dem Wochenende zu seinem 16. Kurztrip auf einen seiner Golfplätze unterwegs, postete wie in Rage: Die Gerichte sollten den US-Bürgern endlich ihre Rechte zurückgeben, das Land brauche den "Travel Ban" - mit diesem will Trump die Einreise von Menschen aus bestimmten muslimischen Ländern verhindern. Dann forderte er ein Ende der politischen Korrektheit im Kampf für mehr Sicherheit.
Im dritten Tweet beschimpfte er den muslimischen Bürgermeister von London, Sadiq Khan, weil der geschrieben habe, es gebe keinen Grund, alarmiert zu sein. Als ob Khan das Ereignis nicht ernst nehmen würde. Und zum Schluss missbrauchte er die London-Attacke als Argument gegen schärfere Waffengesetze in den USA. Die Attentäter seien ja nur mit Messern und einem Lieferwagen bewaffnet gewesen.
Solche und ähnliche Ausbrüche von Trump gibt es seit Jahren verlässlich, wenn es irgendwo in der Welt zu einem Anschlag kommt, der tatsächlich oder auch nur vermeintlich islamistischen Terroristen zugeordnet wird.
Trump meldete sich auf Twitter dreieinhalb Stunden nach ersten Berichten über die Terrorattacke von Paris im November 2015. Er erfreute sich sogar noch daran, dass seine Umfragewerte danach stiegen. Er brauchte nur 90 Minuten für seinen ersten Tweet nach dem Anschlag im kalifornischen San Bernandino Ende 2015 mit 14 Toten. Im Mai 2016 spekulierte er zwölf Stunden nach dem Absturz einer Maschine der EgyptAir im Mittelmeer über einen islamistischen Anschlag. Der Fall ist noch immer ungeklärt. So geht das bis heute. Kein Anschlag in Europa ohne einen Tweet von Trump.
Wenn aber Muslime die Opfer sind und Nichtmuslime die Täter: Schweigen. Oder eine sehr späte Reaktion. Kein Wort von Trump zu dem Anschlag auf Muslime, die in der Nacht zum Montag ein Gemeindezentrum unweit der Londoner Finsbury-Park-Moschee verlassen haben. Ein Toter. Ende Januar hat ein Rechtsextremer im kanadischen Quebec das Feuer auf Muslime in einem muslimischen Kulturzentrum eröffnet. Sechs Tote. Kein Wort von Trump dazu.
Es hat Tage gebraucht, bis er sich in der Lage sah, ein lobendes Wort für zwei Männer zu finden, die in Portland, Oregon, erstochen wurden, als sie zwei muslimische Frauen vor Angreifern schützen wollten. Fast eine Woche hat es gedauert, bis er sich zu den Schüssen auf zwei Inder äußerte, die der Angreifer für Muslime gehalten hatte.
Muslime scheinen für Trump Opfer zweiter oder vielleicht sogar dritter Klasse zu sein, nichts, worüber sich aufzuregen lohnen würde. Robert McCaw vom Rat für Amerikanisch-Islamische Beziehungen sagt dazu: "Der Präsident stellt Muslime als Fremde dar, als eine Bedrohung der nationalen Sicherheit. Seine Feindschaft gegenüber dem Islam unterstützt das Narrativ des Hasses, dass diese Messerstecherei in Oregon erst möglich gemacht hat." Der Präsident solle ein für allemal klarmachen, dass amerikanische Muslime gleichberechtige Bürger seien, und dass sie Schutz bräuchten wie jeder andere.
Trump ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen. Er profitiert vom Gegenteil. Seinen Wahlkampf baute er unter anderem auf die Abneigung gegen den Islam in weiten Teilen der Bevölkerung auf. Und diese Abneigung verknüpfte er mit der Gefahr des islamistischen Terrorismus. Sein Versprechen war ein "Muslim Ban", die Abschottung der USA vor Reisenden aus bestimmten muslimischen Ländern. Er hat dafür viel Beifall bekommen. Sein antimuslimischer Populismus hat deutlich zu seinem Wahlsieg beigetragen. Erst bei seinem Staatsbesuch in Saudi-Arabien Ende Mai schlug Trump in seiner Grundsatzrede erstmals konziliantere Töne gegenüber der islamischen Welt an als im Wahlkampf.
Gerichte haben den Einreise-Bann ohnehin vorerst gestoppt. Alle mit dem Hinweis, dass die Intention des Einreisestopps muslimenfeindlich und deshalb nicht mit der US-Verfassung in Einklang zu bringen sei. Jetzt muss der Supreme Court als höchstes Gericht der USA entscheiden.
Es ist nicht nur Trump. Das Weiße Haus ist von Islam-Hass durchsetzt. Mindestens zwei seiner Berater halten den Islam nicht für eine Religion. Sondern für eine politische Ideologie. Steven Bannon, Trumps Chef-Stratege, glaubt gar an einen "islamischen Faschismus" und denkt, Muslime wollten die USA in die " Islamischen Staaten von Amerika" verwandeln. Mit dabei ist auch Berater Stephen Miller, der schon in seiner Jugend als Hassprediger gegen den Islam aufgefallen ist. Er hat mit Bannon zusammen den "Muslim Ban" erfunden.
Der Islam-Hass ist im Weißen Haus fest verankert
Mit Michael Flynn hatte Trump einen Mann zu seinem Nationalen Sicherheitsberater gemacht, der den Islam als "bösartiges Krebsgeschwür" bezeichnet hat, das in den Körpern von 1,7 Milliarden Muslimen vor sich hin wuchere. Flynn musste kurz nach Amtsantritt zurücktreten, weil er über seine Kontakte mit russischen Regierungsvertretern nicht die volle Wahrheit gesagt hat.
In diesem Jahr wird es erstmals seit 1996 aus Anlass des Fastenmonats Ramadan kein Abendessen im Weißen Haus geben. Außenminister Rex Tillerson hat diese Geste der Verständigung für sein Haus bereits abgesagt.
Als Trump vergangenen Monat auf seiner ersten Auslandsreise auch Saudi-Arabien besucht hat, da hat er in seiner viel beachteten Rede an die muslimische Welt nicht einmal erwähnt, dass in den USA gleichfalls Millionen Menschen muslimischen Glaubens leben. Stattdessen hat er die muslimische Welt aufgefordert, alles gegen Terrorismus zu tun.
Mit Saudi-Arabien hat Trump dann Waffengeschäfte in Höhe von 110 Milliarden Dollar vereinbart. Wahhabitische Muslime aus Saudi-Arabien gelten als größte Terror-Unterstützer. Das Land ist dennoch nicht auf Trumps Liste für den Einreisestopp zu finden. Geschäft geht dann doch vor.
Dank Trump geht die Rechnung der islamistischen Terroristen auf. Sie wollen Angst und Schrecken verbreiten. Vor allem aber wollen sie die westliche Welt spalten.
Überall in Europa mahnen regierende Politiker, nicht in Panik zu verfallen. Nicht den Hass obsiegen zu lassen. Trump aber schürt den Hass, indem er allein den islamistischen Terrorismus kommentiert. So gut wie nie aber Attacken auf Muslime.
In den USA gewinnt mit Trump die Anti-Islam-Bewegung an Bedeutung. Deren Vertreter warnen vor der Einführung der Scharia, bieten Kurse an, wie Moscheen unterminiert und beobachtet werden können und bereiten sich auf einen "Heiligen Krieg" gegen den Islam vor. Wie hatte Trump im Wahlkampf gesagt: " Ich glaube, der Islam hasst uns." Es dürfte eher umgekehrt sein.