Drastisch höhere Spritpreise, Tempolimit, Abschied von Pendlerpauschale und Dienstwagenprivileg: Das Umweltbundesamt rechnet vor, was Klimaschutz im Verkehr bedeuten würde, der ADAC schlägt Alarm. Die Pläne wirkten wie ein "ideologischer Feldzug gegen das Auto", sagt ADAC-Vizepräsident Gerhard Hillebrand.
SZ: Herr Hillebrand, das Umweltbundesamt verlangt drastische Einschnitte im Verkehr, höhere Spritpreise, Tempolimit, Ende von Subventionen für Dienstwagen und Pendler. Was sagt der ADAC dazu?
Gerhard Hillebrand: Auch der ADAC will Fortschritte beim Klimaschutz. Aber Mobilität muss bezahlbar bleiben, das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und der Teilhabe. Gerade auf dem Land werden wir das Auto noch eine ganze Weile brauchen. Wenn wir die Nutzung maßlos verteuern, wie das Umweltbundesamt das will, bekommen wir ein Problem. Das wird die Bevölkerung nicht mittragen.
Das Umweltbundesamt schlägt einen sozialen Ausgleich dafür vor, die Einnahmen aus der Steuererhöhung sollen an die Bürger ausgeschüttet werden. Wäre das ein Weg?
Für wen würde der Ausgleich gelten? Aus Sicht des ADAC muss Mobilität für alle bezahlbar sein. Das darf keine Frage des Geldbeutels werden oder die Gesellschaft in Städter und Landbevölkerung spalten. Vor allem Berufspendler und Menschen auf dem Land müssen wir in den Fokus nehmen. Vorschläge wie 70 Cent mehr für Diesel oder eine Abschaffung der Pendlerpauschale sind aber für uns jenseits von Gut und Böse.
Wie soll aber der Klimaschutz funktionieren, wenn das alles nicht geht?
Wer sagt denn, dass der Klimaschutz nicht funktioniert? Was die Bundesregierung ins Laufen gebracht hat, ist aus meiner Sicht schon recht vernünftig. Da gibt es Pläne für einen besseren öffentlichen Nahverkehr, für eine Stärkung der Bahn und, besonders wichtig, den Einstieg in ein moderates Preissignal. Wenn man die Menschen mitnehmen möchte, sind das die richtigen Punkte.
Das moderate Preissignal bedeutet im Jahr 2021 drei Cent höhere Spritpreise. Wen hält das vom Auto ab?
Diese drei Cent sind ja nur der Einstieg, es wird mit den Jahren auch teurer werden. Die Leute sollen durchaus merken, es wird sich etwas tun - und dementsprechend auch reagieren, etwa bei der Anschaffung eines neuen Autos. Aber sie brauchen Zeit für den Umstieg. Auch ist es wichtig, dass wir bei alternativen Antriebe und Kraftstoffen weiterkommen. Aber Dimensionen und Tempi, die dem Umweltbundesamt vorschweben, gehen nicht. Die wirken eher wie ein ideologischer Feldzug gegen das Auto.
Gilt das auch für ein generelles Tempolimit auf Autobahnen? Das Umweltbundesamt will 120 Stundenkilometer vorschreiben.
Da haben wir eine moderierende Haltung, denn auch große Teile unserer Mitgliedschaft sind in Umfragen offen. Aber man darf nicht vergessen, dass Autobahnen die sichersten Straßen sind. Und für das Klima würde ein Tempolimit unter dem Strich nur wenig an CO₂ sparen.
Lieber wenig CO₂ als gar keins.
Klar, das ist so. Aber wir reden gerade einmal über zwei Prozent der Emissionen. Das ist überschaubar. Letztlich ist es aber eine politische Entscheidung.
Der ADAC verlangt auch eine Kfz-Steuer, die sich stärker am CO₂-Ausstoß orientiert. Die bringt nach Zahlen des Umweltbundesamtes aber auch nur wenig mehr als das Tempolimit.
Das sehe ich anders, denn es kann ein entscheidender Impuls für die Frage sein, welchen Wagen kaufe ich mir. Und auf solche Signale kommt es am Ende an.
Was aber, wenn wir in fünf oder sechs Jahren wieder feststellen, es reicht nicht?
Das fragen Sie besser in fünf oder sechs Jahren noch einmal. Heute würde ich sagen: Natürlich müssten wir dann neu nachdenken. Denn wir brauchen echte Fortschritte beim Klimaschutz. Jetzt ist es allerdings wichtig, erste Schritte zu gehen. Bis dahin aber tun wir als ADAC alles, damit Menschen auf emissionsfreie Mobilität umsteigen - von der Elektromobilität über alternative Kraftstoffe bis zum Fahrrad. Wir haben da Baustellen ohne Ende. Aber das geht nicht mit der Brechstange.