Hummus:Zerkleinert oder püriert

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Die Kichererbsenpaste Hummus ist in der deutschen Küche angekommen. Aber woher stammt sie? (Foto: Natalia Klenova/IMAGO/The Picture Pantry)

Ein Kochbuch aus dem 13.Jahrhundert soll belegen, dass Hummus aus Syrien stammt. Doch die Debatte ist damit nicht beendet, im Mittelalter wurde noch anders gekocht.

Von Sina-Maria Schweikle, München

Über Hummus lässt sich ganz ausgezeichnet diskutieren. Nicht nur darüber, ob man es mag oder nicht, sondern auch über seinen Ursprung. Kommt die orientalische Paste aus Syrien, Israel, aus den palästinensischen Gebieten, Libanon oder doch aus Ägypten? All diese Länder beanspruchen für sich, Heimat des Pürees aus Kichererbsen, Sesampaste und Olivenöl, verfeinert mit Knoblauch, Petersilie und Zitronensaft, zu sein, das auch in deutschen Küchen gerne zubereitet wird. Die Kontroversen gingen sogar so weit, dass im Jahr 2008 der sogenannte Hummus-Krieg begann. Damals hatte Libanon das Nachbarland Israel beschuldigt, sich an dem zu bereichern, was seiner Meinung nach Libanons Erbe, Werbung und damit auch Einnahmemöglichkeit hätte sein sollen. Der Präsident der Vereinigung libanesischer Industrieller, Fadi Abboud, war verärgert darüber, dass Hummus im Westen als israelisches Gericht vermarktet wurde. Er verklagte Israel wegen Verletzung des Urheberrechts auf Lebensmittel, und die libanesische Regierung forderte die EU auf, Hummus als libanesisches Gericht anzuerkennen. "So wie es Griechenland mit dem Feta-Käse getan hat", erklärte Abboud gegenüber Medien. Beide Bemühungen blieben jedoch erfolglos.

Nun aber soll es bewiesen sein: Das älteste aufgezeichnete Rezept von Hummus stehe in einem syrischen Kochbuch aus dem 13. Jahrhundert, heißt es in einem Essay des Journalisten Mahmoud Habboush. "Al-Wusla ila al-Habib fi Wasf al-Tayyibat wal-Teeb" heißt das Kochbuch und ist eines der neun mittelalterlichen arabischen Kochbücher, die der Journalist Habboush gelesen und in Teilen auch nachgekocht hat. In seinem Essay schreibt er, dass das Buch das älteste Hummus-Rezept der Welt enthalte. "Das Rezept könnte die hitzige Debatte über den Ursprung dieser beliebten Meze beenden", so Habboush. Syrien sei die Wiege des Hummus, zumindest bis weitere Beweise ans Licht kommen. Und so sehen es auch andere. Das englischsprachige New Lines Magazine titelte: "Die wahren Ursprünge von Hummus: Eine Untersuchung mittelalterlicher Kochbücher beweist eindeutig, dass das Gericht aus Syrien stammt" und machte seinen Leserinnen und Lesern damit eine Freude. Sie teilten den Artikel in den sozialen Medien und kommentierten ihn: "Finally - endlich!"

Einer anderen Meinung ist der kulinarische Historiker Charles Perry. Er hat das Kochbuch ins Englische übersetzt und sagt, dass es durchaus verlockend sei, das im Kochbuch beschriebene "Frische Kichererbsen kisa" als Vorläufer des Hummus bi Tahini zu betrachten. Zwar ähneln die Grundzutaten des mittelalterlichen Rezepts denen der modernen Variante von Hummus. "Aber es unterscheidet sich auch in einigen entscheidenden Punkten." Es werde aus zerkleinerten Kichererbsen hergestellt, nicht aus einer glatten Kichererbsenpaste, und enthalte keinen Knoblauch, der für das moderne Gericht unabdingbar sei. Letztlich, so führt der Wissenschaftler aus, sei es "unmöglich zu sagen, ob ein Einzelner Hummus erfunden hat oder ob er das Ergebnis einer mehr oder weniger langen Entwicklung war".

Warum aber ist der Ursprung für die Menschen in der Region so wichtig? Den Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder von der Universität Regensburg wundert das nicht: "Seit dem Ende des Osmanischen Reiches sind die Länder auf Identitätssuche. Lebensmittel schaffen Identität."

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