Wenn die Steuerschätzer der Bundesregierung an diesem Mittwoch bekannt geben werden, mit welchen Einnahmen Bund, Länder und Kommunen sowie die Sozialversicherungen bis 2025 rechnen dürfen, wird mehr Unsicherheit als früher mitschwingen. Die Pandemie hat gelehrt, dass man nicht sicher sein kann, wann die nächste Welle kommt, wie lange sie dauert und wie das Virus mutiert. Sie hat den Job der Steuerschätzer schwieriger gemacht. Und deshalb ist vor allem die Tendenz der neuen Zahlen wichtig: Danach kann man vorsichtig optimistisch sein, dass nach dem historischen Absturz das Schlimmste überstanden ist.
Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung kann der Bund bis 2025 mit einem Steuerplus von etwa 2,5 Milliarden Euro rechnen, verglichen mit der jüngsten Schätzung von November 2020. In diesem und dem kommenden Jahr könnte es noch bergab gehen mit den Einnahmen, aber von 2023 an sollten sie wieder steigen. Dass es zunächst eine Delle gibt, liegt an der andauernden dritten Welle, die verhindert, dass die Unternehmen durchstarten können. Und an diversen Gesetzen der großen Koalition, die den Bund Steuereinnahmen kosten, zugunsten der Bürger - sowie der Länder und Kommunen.
Das reguläre Kindergeld wurde erhöht, es gibt höhere Kinderfreibeträge, die Inflation bei den Steuertarifen wurde angepasst. Hinzu kam ein Kinderbonus von 150 Euro, die Gastronomie darf bis Ende 2022 ermäßigte Mehrwertsteuersätze abrechnen, digitale Wirtschaftsgüter können schneller abgeschrieben werden, Unternehmen dürfen Verluste besser verrechnen, die Seeschifffahrt profitiert und Fonds. Schließlich zahlt der Bund mehr für die Flüchtlingskosten der Länder. Allein im laufenden Jahr summieren sich diese Maßnahmen auf ein Minus von fast acht Milliarden Euro für den Bund. Dieses Minus wird sich in den kommenden Jahren fortschreiben; Länder und Kommunen erhalten einen größeren Anteil am Steueraufkommen.
Profitieren dürften vor allem die Kommunen
Zusammen mit dem Bund können Länder und Gemeinden bis 2025 mit einem Steuerplus von ungefähr 18 Milliarden Euro rechnen, verglichen mit der Schätzung im November. Angesichts erwarteter Steuereinnahmen von insgesamt 4,2 Billionen Euro über fünf Jahre ist das eine geringe Summe, die innerhalb der Schätzungsungenauigkeiten liegt. Die Kommunen könnten nach Informationen der SZ am stärksten von dem kleinen Plus profitieren.
Zieht man die 2,5 Milliarden Euro für den Bund und knapp sechs Milliarden Euro für die Länder ab, verbleibt der große Rest kreisfreien Städten, Landkreisen und kreisangehörigen Gemeinden. Die Stimmung ist dennoch schlecht. Viele gehen davon aus, im laufenden Jahr die Investitionen kürzen zu müssen; sie fordern weitere finanzielle Hilfen. Das geht aus einer Umfrage des Deutschen Instituts für Urbanistik im Auftrag der staatlichen Förderbank KfW hervor. Die Kommunen haben strenge Schuldenregeln.
Problematisch ist die Steuerschätzung auch für die Wahlkämpfer. Das erwartete Steueraufkommen lässt ihnen scheinbar nur die Wahl zwischen einem großen Sparprogramm, um die Schuldenbremse zu retten - oder weiteren Schulden, um die Folgen der Pandemie zu lindern. Dazu müsste die Schuldenregel weiter ausgesetzt werden.
Allein in diesem Jahr plant die große Koalition mit 240 Milliarden Euro an neuen Schulden, 2022 sollen es 81,5 Milliarden Euro sein. Um diese Kredite aufnehmen zu können, hat sie die Ausnahmeklausel gezogen. Die Schuldenbremse soll eigentlich je nach Konjunktur die Nettokreditaufnahme begrenzen. Sie erlaubt derzeit nur zwischen acht und 15 Milliarden Euro neue Schulden.