Es gab vor allem zwischen Grünen und CSU immer wieder Spannungen. Der grüne Unterhändler Jürgen Trittin hat weit nach Mitternacht "zum Stand der Sondierungen" den Link zu einem Song getwittert, in dem Jimmy Cliff die Zeile singt: "The harder they come, the harder they fall" (auf deutsch etwa: "Je härter sie sind, umso härter fallen sie").
Die Parteivorsitzenden und Chefunterhändler hatten bereits am Donnerstagnachmittag über mögliche Annäherungen bei den entscheidenden Punkten beraten. Zuvor hatte die Kanzlerin an die Kompromissbereitschaft aller appelliert: Wenn das gelinge, könne daraus "etwas sehr Wichtiges für unser Land entstehen in einer Zeit großer Polarisierung".
Union, FDP und Grüne wollten eigentlich in der Nacht zum Freitag die Sondierungen abschließen und entscheiden, ob sie ihren Parteien Koalitionsverhandlungen empfehlen. Die Generalsekretäre hatten sich immerhin bereits auf die Präambel eines möglichen Sondierungspapiers geeinigt.
Obwohl es einen ersten gemeinsamen Gesamtentwurf eines Sondierungspapiers gibt, hakt es an vielen Stellen. So sind sich die Sondierer zwar einig, dass der Soli in verschiedenen Schritten abgebaut werden soll. Aber das Datum des völligen Ausstiegs sowie der Umfang der schrittweisen Abbaus bleiben in dem Papier offen. Sie sind sich nur einig, dass sowohl der Soli-Abbau als auch die Entlastung für Familien Priorität haben sollten.
Streit gibt es vor allem um die Migrationspolitik
Zum Thema Klimaschutz bot die Union den Grünen an, bis 2020 mehr als die bisher angebotenen drei bis fünf Gigawatt Leistung an Kohlestrom aus dem Netz zu nehmen. Merkel soll stattdessen sieben Gigawatt ins Gespräch gebracht haben. Die Grünen fordern aber Abschaltungen in der Größenordnung von acht bis zehn Gigawatt, weil ihrer Meinung nach nur so die nationalen Klimaschutzziele 2020 erreicht werden können.
Als schwierigster Punkt galt in der Nacht erneut die Migrationsdebatte. Die Grünen bestehen darauf, dass im März 2018 der derzeitige Stopp für den Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus nicht verlängert werden soll. Union und FDP lehnen dies mit dem Hinweis ab, dass die Kommunen durch die zu erwartende hohe Zahl an zuziehenden Familienangehörigen überfordert wären. Dem widersprechen wiederum die Grünen.
Vor allem Grüne und CSU geraten immer wieder aneinander. Beide Parteien stehen unter Druck. Die Grünen-Spitze müsste am 25. November von einem Parteitag die Zustimmung zu formellen Koalitionsverhandlungen bekommen. In der CSU tobt vor der bayerischen Landtagswahl 2018 ein Machtkampf. FDP-Generalsekretärin Nicola Beer warnte in der Nacht per Twitter: "Verlange nichts von Deinem Gegenüber, was er Dir nicht geben kann. Sonst bekommst Du am Ende gar nichts."