Große Koalition:Was wird aus Horst Seehofer?

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Noch ist ihm nichts zu entlocken, noch wehrt er ab: Horst Seehofer, der als bayerischer Ministerpräsident bald scheiden muss und als CSU-Vorsitzender vielleicht bleiben will. (Foto: AFP)
  • Die CSU rätselt darüber, ob ihr Vorsitzender ins Berliner Kabinett oder in den Ruhestand strebt.
  • Ausgerechnet die SPD sorgt nun dafür, dass es bereits am Sonntag eine Antwort darauf geben könnte.
  • Neben Seehofers Entscheidung ist interessant, wer außer ihm für die CSU ins Kabinett einziehen könnte. Es gibt drei Favoriten.

Von Robert Roßmann, Berlin

In der CSU gibt es derzeit kaum eine Frage, die die Mitglieder mehr beschäftigt als die nach der Zukunft des Parteivorsitzenden. Will Horst Seehofer Bundesminister in einer großen Koalition werden? Oder scheut er den Wechsel nach Berlin? Damit würde dann auch seine Zeit als Parteichef zu Ende gehen, denn ein Vorsitzender ohne Regierungsamt ist in der CSU nicht vorstellbar - und die bayerische Staatskanzlei muss Seehofer ja bis Ende März räumen. Jetzt sorgt ausgerechnet die SPD dafür, dass die CSU-Mitglieder schneller als geplant Klarheit bekommen.

Anders als nach der Bundestagswahl 2013 wollen die Sozialdemokraten, dass diesmal schon vor einem Mitgliederentscheid der Zuschnitt der Bundesministerien und deren Verteilung auf die Parteien veröffentlicht wird. Die SPD-Spitze hofft, damit bei der Basis punkten zu können. Am Sonntag wollen Union und SPD ihre Koalitionsverhandlungen abschließen. Wegen der neuen Transparenz der Sozialdemokraten heißt das aber auch, dass bereits dann bekannt wird, welche Partei welche Ministerien besetzen darf. Und aus dieser Liste wird man, auch wenn sie noch keine Namen enthält, ablesen können, ob sich Seehofer für oder gegen Berlin entscheidet.

Lässt sich Seehofer ein Superministerium schneidern?

Wenn der CSU-Chef ins Kabinett eintreten will, wird er bei den Koalitionsverhandlungen ein besonderes Ressort für sich erstreiten. Als Edmund Stoiber 2005 den Gang nach Berlin erwog, ließ er sich von Angela Merkel ein Super-Wirtschaftsministerium schneidern. Wenn sich am Wochenende auf der Liste der Ressorts, die die CSU bekommen wird, etwas Vergleichbares findet, kann man sicher sein, dass Seehofer nach Berlin geht. Infrage kämen etwa das Finanzministerium oder eine Art Aufbruchministerium für Wirtschaft, Digitales und Zukunft, aber auch ein aufgewertetes Arbeits- und Sozialministerium. Ist kein derartiges Ressort auf der Liste, ist klar, dass Seehofer seine Karriere beenden will - mit erheblichen Folgen für die Personalplanung der CSU. Um was geht es?

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Entgegen weit verbreiteter Meinung ist die CSU bei der Bundestagswahl nicht stärker eingebrochen als CDU und SPD. Die Christ- und die Sozialdemokraten haben bei der Bundestagswahl mehr als 15 Prozent weniger Zweitstimmen bekommen als 2013, die CSU 11,5 Prozent. Das relative Gewicht der Christsozialen in einer neuen großen Koalition wäre also keinesfalls geringer als in der bisherigen. Hinzu kommt, dass CDU und SPD seit der Wahl im Bundestag über keine eigene Mehrheit mehr verfügen, sie sind jetzt auch rechnerisch auf die CSU angewiesen. Aus all dem leitet die CSU-Spitze den Anspruch ab, auch künftig drei Ministerien zu besetzen - sogar dann, wenn ein mächtiges Ressort für Seehofer darunter ist. In der vergangenen Legislaturperiode stellte die CSU die Minister für Verkehr, Landwirtschaft und Entwicklungshilfe.

Wenn Seehofer darauf verzichtet, selbst ins nächste Kabinett zu gehen, ist die Lage für die CSU relativ einfach. Sie könnte dann ein Trio ins Rennen schicken, das fast alles erfüllt, was der Parteispitze gerade wichtig ist: Sie will ein Zeichen der Erneuerung setzen, sie möchte den Regionalproporz erfüllen, sie will - anders als bisher - nicht nur Männer in die Regierung schicken, und sie möchte nicht nur für die Anhänger einer rigiden Flüchtlingspolitik, sondern auch für die vielen in der CSU, die in dieser Frage näher bei den Kirchen stehen, ein Angebot machen. Nicht zuletzt sollten die Kandidaten auch über die nötige Erfahrung verfügen. All das würde das Trio Gerd Müller, Dorothee Bär und Andreas Scheuer erfüllen, die drei gelten deshalb als Favoriten.

Entwicklungsminister Müller ist in der Flüchtlingspolitik als Mann der leisen und vermittelnden Töne aufgefallen, ganz im Gegensatz zu Generalsekretär Scheuer. In der 39-jährigen Verkehrsstaatssekretärin Bär sowie Scheuer (43) kämen zwei relativ junge CSU-Politiker zum ersten Mal zu Minister-Ehren. Bär würde dafür sorgen, dass die Riege der CSU im Kabinett nicht mehr nur aus Männern bestünde. Außerdem würden Müller, Scheuer und Bär - zusammen mit Landesgruppenchef Alexander Dobrindt - beinahe idealtypisch die bayerischen Regionen abdecken. Bär ist Fränkin, Müller Schwabe, Scheuer Nieder- und Dobrindt Oberbayer.

Falls Seehofer aber selbst ins Kabinett geht, wird dieses fein austarierte Trio gesprengt. Egal auf wen von den dreien die CSU verzichten würde, sie müsste mindestens eines ihrer Ziele aufgeben. Falls es Scheuer erwischen sollte, könnte der als Generalsekretär zwar weiter an prominenter Stelle Politik machen. Aber der Niederbayer sähe sich trotzdem lieber im Kabinett, in der schwarz-gelben Bundesregierung war er bereits parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium.

Für belastbare Prognosen, wie ein solches Rennen zwischen Müller, Bär und Scheuer ausginge, ist es noch zu früh. Es ist ja noch nicht einmal klar, was Seehofer macht. Aber dank der SPD wird man wenigstens in dieser Causa bereits kommende Woche Klarheit haben.

© SZ vom 02.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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