Ramadan:Lehrreiches im Morgengrauen

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Nora Akachar will einige "Islam-Klischees abräumen". Sie startete die erste tägliche Ramadan-Morningshow in Europa. (Foto: Julie Nazki)

Der Ramadan beschert den Muslimen viel Aufmerksamkeit - und die immer gleichen Fragen. Darf man wirklich kein Wasser trinken? Und duschen? In den Niederlanden räumt eine Moderatorin in Europas einziger täglichen Ramadan-Radiosendung mit ein paar Mythen auf.

Von Dunja Ramadan

Nora Akachar feiert in diesen Tagen: ihre erfolgreiche Radiosendung und das dreitägige Fest des Fastenbrechens, das am Mittwoch beginnt. Um ihr bei Suhoor Stories zu lauschen, musste man allerdings schon früh aufstehen, aber offenbar taten das nicht wenige. Jeden Morgen schalteten im Durchschnitt 160 000 Niederländerinnen und Niederländer ein, um sich Europas einzige tägliche Ramadan-Radiosendung anzuhören. Ausgestrahlt von NTR, dem niederländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Sieben muslimische Moderatorinnen luden im Morgengrauen (Suhoor), wenn Muslime für den Fastentag frühstücken, Gäste ein, um den Ramadan für die breite Öffentlichkeit zu "entmystifizieren", wie die Moderatorin Nora Akachar im Gespräch mit der SZ sagt.

"Mein Ziel ist die Normalisierung des Ramadan, aber auch die Normalisierung von Muslimen im Fernsehen und Radio. Wir wollen unsere Geschichten aus unserer Perspektive erzählen", sagt die 39-Jährige, die auch als Schauspielerin und TV-Moderatorin arbeitet. Im vergangenen Jahr moderierte sie die Sendung "Rara Ramadan", ein Quiz über den Ramadan, ebenfalls ausgestrahlt im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Jahrelang habe es ausschließlich negative Geschichten über Muslime gegeben, der Muslim sei beängstigend und verursache nichts als Probleme. "Nach und nach zeigen wir, dass wir Weltbürger sind, dass kein Muslim gleich ist und dass wir Liebe, Positivität und Geselligkeit mitbringen", sagt Akachar.

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Europas erste Ramadan-Sendung erschien in politisch aufgeladenen Zeiten: In den Niederlanden hat im vergangenen Jahr die islamfeindliche rechtsextreme Partei für die Freiheit (PVV) unter der Führung von Geert Wilders gewonnen. Für sie als marokkanischstämmige Niederländerin sei das ein echter Schock gewesen, sagt Akachar. "Es hat mich verletzt. Zwei Millionen Menschen haben ihn gewählt. Ich dachte: Sehen mich diese Menschen wirklich als Bedrohung?" Mittlerweile glaube sie, dass viele ihn aus Protest wählten, aber der Rassismus sei auch noch nie so offen gewesen. Akachar glaubt, dass eine Sendung wie Suhoor Stories deshalb gerade richtig kam, um mit Vorurteilen aufzuräumen.

Die Produktionsfirma Rose Stories, für die Akachar als Creative Producer arbeitet, habe nicht lange nach einem Sender suchen müssen. Mittlerweile gibt es die Folgen auch als Podcast. Da spricht zum Beispiel ein Unternehmer namens Kadir über sein erfolgreiches Business mit Halal-Würstchen oder ein Spoken-Word-Künstler, der als Lehrer arbeitet. Ihre letzten Gäste waren ein muslimisches Paar, das als Business-Coach erfolgreich ist. "Wir sprechen über das aktuelle Zeitgeschehen, über das Leben in den Niederlanden und ja, es gibt auch gute Rezepte", sagt Akachar.

In der Show wurde auch viel gelacht, etwa über die ewigen Fragen der nicht muslimischen Niederländer, die Muslime im Ramadan Jahr für Jahr zu hören bekommen. Ganz weit vorn mit dabei: "Nicht einmal Wasser? Es ist immer noch eine Frage!", sagt Akachar und klingt überrascht. Eine Frage findet sie besonders lustig: "Manche Leute fragen mich allen Ernstes, ob wir während des Ramadan duschen, weil man da ja auch Wasser aufnehmen könnte." Sie hofft jedenfalls, dass im nächsten Jahr ein paar neue Fragen dazukommen werden. Denn die Resonanz sei so gut, dass sie sich nicht vorstellen könne, dass Europas erste Ramadan-Morningshow eine Eintagsfliege war.

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