Die CSU ist die Brücke der politischen Mitte nach Rechtsaußen
Vor 30 Jahren gab der ehemalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß die Losung für seine Partei aus: "Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben!" Vor weniger als zwei Jahren sagte dann Angela Merkel: "Wir schaffen das." Seit Beginn der sogenannten Flüchtlingskrise im Sommer 2015 manövriert die Union zwischen diesen beiden Polen. Die CSU mit Parteichef Horst Seehofer an der Spitze hat einiges getan, um Strauß' Forderung postum gerecht zu werden. Geschadet hat das der CSU nicht: Die Stammwähler bleiben, oben drauf kommt Erfolg bei (rechts-)konservativen Wählern. Obwohl oder weil sie rechtspopulistisches Gedankengut verbreitet und es so unter Umständen salonfähig macht, wie Kritiker wie die konservative Publizistin Liane Bednarz der CSU vorwerfen.
Die SZ-Recherche legt nahe, dass Facebook-Nutzer aus dem christsozialen Lager dem Strauß'schen Mantra folgen: Sie machen sich nach rechts möglichst breit, so dass sie im Mitte-links-Ballungsraum der etablierten Parteien (siehe Seite 3) der Rechtsausleger sind. In dem auf den Facebook-Daten basierenden Netzwerk steht rechts von der CSU nur die AfD, mit der keine andere Partei koalieren will. Die Überschneidungen sind deutlich. Mehr als 30 Seiten auf den jeweiligen Top-100-Listen finden sich bei CSU und AfD - bei den meisten anderen Parteien sind es deutlich weniger, mit der CDU etwa hat die AfD nur 19 gemeinsame Seiten, mit der SPD gar nur sieben. Deswegen ist auch die Grafik auf der rechten Seite am farbigsten - hier wird für beispielhaft ausgewählte Seiten die Popularität im jeweiligen Parteimilieu über mehr oder weniger intensive Farbgebung angezeigt. Dass beispielsweise die Felder bei Frauke Petry oder Horst Seehofer sowohl in der CSU- wie auch in der AfD-Spalte dunkel hervorstechen, ist bezeichnend:
Der gemeinsame politische Nenner von AfD und CSU ist das Misstrauen gegenüber einer liberalen Asyl- und Einwanderungspolitik. Die AfD und die CSU sind auch die beiden Parteien, deren Facebook-Nutzer die meisten Seiten gemeinsam haben, die in keiner anderen Parteiwelt eine größere Rolle spielen. Darunter fallen mehr oder weniger offen rechte Seiten wie "Bürger sagen Nein", "Ein Prozent für unser Land", "Multikulti? Nicht mit uns". Der längst als Unwort des Jahres gebrandmarkte Nazi-Begriff "Lügenpresse" dient als Name einer Seite mit mehr als 80 000 Followern. Hier entstehen Echokammern, in denen menschenfeindliche Hetze und Aufrufe zur Gewalt den Grundton bestimmen - etwa wenn gefordert wird, "dem Dreckspack" könne man "gar nicht genug in die Fresse hauen" oder das "verblödete Islamisten Pack am nächsten Baum" aufzuhängen.
CSU und AfD mögen sich übrigens auch gegenseitig: Fast einem Fünftel der AfD-nahen Facebook-Nutzer gefällt die CSU (Platz 9 der Top-100-Seiten), während unter CSU-Nutzern die AfD (Platz 6) sogar beliebter ist als die CDU auf Rang 10. Ähnlich sieht es, zumindest auf Seiten der CSU, beim Personal aus, denn wer sich im CSU-Milieu bewegt hat, dem gefällt auffallend häufig auch AfD-Chefin Frauke Petry, die hier sogar beliebter ist als Kanzlerin Angela Merkel. In den Grafiken unten haben Petry und Merkel erwartungsgemäß die stärksten Ausschläge bei ihren eigenen Parteien, die zweitstärksten auf der CSU-Achse - wobei der bei Merkel weniger stark ausgeprägt ist als bei Petry.