Gesundheitspolitik:Ampel streitet über Pflegefinanzierung

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In Deutschland leben fünf Millionen pflegebedürftige Menschen - bis 2025 könnte die Zahl Studien zufolge auf 5,5 und bis 2030 auf bis zu 5,75 Millionen Menschen steigen. (Foto: Sina Schuldt/dpa)

Die SPD macht Druck auf den Bundesfinanzminister, mehr Steuergeld für die Pflege auszugeben. Im Haus von Christian Lindner ist man angesichts der ohnehin angespannten Haushaltslage nicht begeistert.

Von Angelika Slavik, Berlin

In der Ampelkoalition zeichnet sich ein Zwist um die künftige Finanzierung der Altenpflege ab. Die SPD-Fraktion erhöhte am Wochenende den Druck auf Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), mehr Steuermittel für die Pflege einzusetzen. Schon zuvor hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) öffentlich auf zusätzliche Milliarden zur Finanzierung seiner Pflegereform gepocht - doch Lindner hält mit Blick auf die ohnehin angespannte Haushaltslage offenbar wenig von den Ideen des Koalitionspartners.

Fünf Millionen pflegebedürftige Menschen in Deutschland und deren Angehörige erwarteten von der Koalition, "dass wir an ihrer Seite stehen - gerade wenn die Zeiten schwierig sind", sagte die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Dagmar Schmidt der Deutschen Presse-Agentur. Eine verbesserte Pflegefinanzierung gehöre zu den Investitionen, die Wohlstand und gesellschaftlichen Zusammenhalt sichern würden. "Es ist die Aufgabe des Finanzministers, die dafür notwendigen Mittel jetzt zur Verfügung zu stellen und endlich auch Verantwortung für die Einnahmeseite zu übernehmen", sagte Schmidt. Man habe konkrete Vorstellungen zur Verbesserung der Lage im Koalitionsvertrag hinterlegt. "Dazu gehören eine stabile Finanzierung, auch aus Steuermitteln, ebenso wie die Anpassung der Leistungen an die Bedürfnisse der Betroffenen." Das müsse nun umgesetzt werden.

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Hinter den Kulissen ringt die Koalition bereits um die künftige Pflegefinanzierung. Die Reformvorschläge von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach für die Pflege würden "weitere Leistungsausweitungen in Milliardenhöhe" bringen, zitierte das Handelsblatt vergangene Woche Stimmen aus dem Finanzministerium. Da bestehe doch noch "erheblicher Beratungsbedarf". Lauterbach hatte zuvor mehrfach öffentlich darauf verwiesen, dass im Koalitionsvertrag "weitere Steuerzuschüsse" vorgesehen seien.

Auch die Krankenkassen schalten sich nun in die Debatte ein

Es wäre nicht das erste Mal, dass es zu Spannungen zwischen dem Bundesgesundheitsminister und dem Koalitionspartner FDP kommt. Auch bei der Corona-Politik wurden Spannungen im Ampel-Bündnis mehrfach öffentlich, vor allem zwischen Lauterbach und Bundesjustizminister Marco Buschmann krachte es heftig.

In die aktuelle Debatte schalteten sich am Wochenende auch die Krankenkassen ein: Gernot Kiefer, Vorstand beim GKV-Spitzenverband, sagte, es brauche einen dauerhaften, steigenden Milliardenzuschuss vom Bund. Schon länger wird diskutiert, ob die Pflegeversicherung angesichts der wachsenden Zahl pflegebedürftiger Menschen stärker über Steuern finanziert werden sollte. Laut Studien könnte die Zahl der Pflegebedürftigen von derzeit knapp fünf Millionen bis 2025 auf 5,5 und bis 2030 auf bis zu 5,75 Millionen Menschen steigen. Das hätte entsprechende Mehrkosten zur Folge. Zum Jahresbeginn 2022 wurde deshalb bereits ein Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro pro Jahr für die Pflegeversicherung eingeführt, doch schon im Jahr zuvor musste der Bund infolge der Pandemie eine Milliarde Euro Mehrkosten zuschießen.

Es deutet sich an, dass vor diesem Hintergrund auch die Pflegebeiträge steigen werden. Lauterbach sagte kürzlich, man werde nicht umhinkönnen, "dass die Beitragssätze steigen" - und damals hoffte er noch auf zusätzliches Geld aus dem Haushalt. Seit Anfang 2022 liegt der Beitrag zur Pflegeversicherung für Menschen mit Kindern bei 3,05 Prozent des Bruttolohns, Kinderlose zahlen 3,4 Prozent. Zudem sind die Anteile für Pflegebedürftige und ihre Familien für einen Heimplatz zuletzt deutlich gestiegen. Laut Ersatzkassen-Verband kletterten sie binnen eines Jahres um 278 Euro auf nun durchschnittlich 2411 Euro pro Monat. Dabei war 2022 eigentlich ein Entlastungszuschlag eingeführt worden, der diese Anteile begrenzen sollte. Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP angekündigt, die Entlastungszuschläge zu beobachten und zu prüfen, "wie der Eigenanteil weiter abgesenkt werden kann".

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