Friedrich Merz:Demut ist nicht seine größte Tugend

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Minister? Klar, ich kann das, sagt Friedrich Merz. Eigentlich könnte die CDU-Spitze diesen Vorstoß ignorieren - doch seine Initiativbewerbung wirft ein Schlaglicht auf die Schwäche einiger CDU-Minister.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

So unverhohlen wie Friedrich Merz hat sich schon lange keiner mehr für ein Ministeramt ins Spiel gebracht. Dass Demut nicht die größte Tugend des 63-Jährigen ist, hat er schon oft bewiesen. Aber die Chuzpe, die Merz jetzt an den Tag legt, ist selbst für seine Verhältnisse erstaunlich. Sein Interview mit der Frankfurter Allgemeinen ist nicht nur eine Initiativbewerbung für einen Kabinettsposten. Merz zeigt darin auch, für wie großartig er sich hält. Sogar auf die Frage, ob er nicht manchmal Angst habe, die enormen Erwartungen seiner Anhänger gar nicht erfüllen zu können, sagt er einfach: "Nein".

Aber was bedeutet das nun für die Kanzlerin und die neue CDU-Chefin? Eigentlich könnten Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer den Vorstoß von Merz leicht ignorieren. Die Umfragewerte für die CDU steigen seit dem Wechsel im Parteivorsitz wieder - auch Kramp-Karrenbauer selbst bekommt gute Werte attestiert. Die befürchtete Austrittswelle enttäuschter Merz-Anhänger ist ausgeblieben. Vor allem aber: Warum sollten Merkel und Kramp-Karrenbauer den Mann, den sie gerade mit so viel Mühe niedergerungen haben, durch eine Aufnahme ins Kabinett erneut in eine gute Ausgangsposition für eine mögliche Kanzlerkandidatur bringen?

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Von Robert Roßmann

Merkel hat deshalb am Mittwoch hinreichend deutlich gemacht, was sie von der Merz-Bewerbung hält. "Die Bundeskanzlerin plant keine Kabinettsumbildung", ließ sie ihren Sprecher ausrichten. Doch so einfach wird Merkel die Debatte nicht beenden können. Denn in einem haben Merz und seine Freunde ja recht. Dass jemand, der vor einem Jahrzehnt aus der Politik ausgestiegen ist, trotz einiger kapitaler Fehler und einer enttäuschenden Bewerbungsrede fast die Hälfte der Delegierten hinter sich gebracht hat, zeigt, dass in der CDU etwas im Argen liegt. Vielen Wirtschaftsliberalen und Wertkonservativen ist ihre Partei in der Ära Merkel fremd geworden. Für die ostdeutschen Landesverbände gilt das besonders. Im kommenden Jahr wird aber in Brandenburg, Sachsen und Thüringen gewählt. Die AfD rangiert dort in den Umfragen bei 22 bis 24 Prozent. In dieser Lage kann es sich keine Parteispitze erlauben, jemand leichtfertig auszugrenzen. Um der CDU willen - aber auch, um sich nach den zu erwartenden Verlusten nicht vorhalten lassen zu müssen, mit Merz wäre das nicht passiert.

Zudem wirft die Bewerbung von Merz ja auch ein Schlaglicht auf die Schwäche der amtierenden CDU-Minister. Die Union hat sich immer als Partei der Bundeswehr verstanden - Ursula von der Leyen hat jedoch dafür gesorgt, dass die Sympathie vieler Soldaten für die CDU erkaltet ist. Bildungsministerin Anja Karliczek ist gerade dabei, auch den Wissenschaftsbetrieb nachhaltig zu vergraulen. Und Wirtschaftsminister Peter Altmaier steht ausgerechnet beim Wirtschaftsflügel der CDU nicht gerade hoch im Kurs.

Aber selbst, wenn Merkel und Kramp-Karrenbauer Merz ins Kabinett holen wollten, hätten sie ein Problem. Als Bildungs- oder Verteidigungsexperte ist er bisher nicht aufgefallen. Und Altmaier fallen zu lassen, wäre für die beiden Frauen ein gewaltiger Preis. Die neue CDU-Vorsitzende wird deshalb ziemlich lavieren müssen: mit inhaltlichen Konzessionen an die Wertkonservativen und Wirtschaftsliberalen - und mit einem Angebot an Merz außerhalb des Kabinetts, das seine Anhänger trotzdem nicht als Brüskierung begreifen. Einfach wird das nicht.

© SZ vom 20.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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