Amri-Untersuchungsausschuss:Maaßen weiß wenig

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Hans-Georg Maaßen vor dem Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtages. (Foto: dpa)
  • Der scheidende Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat vor dem Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtages zum Fall Anis Amri ausgesagt.
  • Er bleibt bei seiner Version, dass seine V-Männer keinen Kontakt mit dem Islamisten gehabt haben - auch nicht in der Fussilet-Moschee.
  • Bei seiner Aussage wirkt Maaßen dünnhäutig, stellenweise herablassend und teilweise geradezu verärgert.

Von Jana Stegemann und Christian Wernicke, Düsseldorf

Hans-Georg Maaßen ist offenbar an den Rhein gekommen, um zu reden - aber nichts zu sagen. Nichts Neues jedenfalls. An diesem Düsseldorfer Nachmittag geht es im Saal E3-D01 des Landtags vor allem um eine Frage: Wusste der Verfassungsschutz doch mehr über den Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt, Anis Amri, als er zugeben wollte? Zwei Tage nach dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz vom 19. Dezember 2016 hatte Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen erklärt, es handle sich um einen "reinen Polizeifall". Und weiter: "Dafür tragen Behörden Verantwortung. Aber nicht meine." Der Verfassungsschutz habe "nirgends im Umfeld" von Amri eigene V-Leute gehabt.

Bei genau dieser Version bleibt er auch zwei Jahre später am Montag im NRW-Parlament, wo er zum ersten Mal als Zeuge im Untersuchungsausschuss auftritt. Drei Untersuchungsausschüsse sind mittlerweile in der "Causa Amri" eingesetzt: einer im Bund, einer im Berliner Abgeordnetenhaus und eben einer in NRW.

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Eigentlich hätte der Noch-Chef des Verfassungsschutzes bereits vor vier Wochen in Düsseldorf aussagen sollen. Doch die Vorladung am 1. Oktober, terminiert kurz nach den Berliner Koalitions-Turbulenzen um seine Person, ließ er platzen. Sechs Tage vor dem geplanten Termin ließ er per Fax wissen, er sei leider "im außereuropäischen Ausland" unterwegs, zwecks privater Reise. Die Einladung, so teilte er mit, habe ihn leider nie erreicht. Die Düsseldorfer SPD tobte ob dieser vermeintlichen Missachtung des Landesparlaments, der Termin wurde verschoben.

Maaßen: Amri war "als Gefährdertyp kein Einzelfall"

Jetzt aber ist er da: Der 55-Jährige sagt mehr als zwei Stunden aus, meist mit leicht genervtem Unterton. Seine drei meistverwendeten Sätze: "Ich weiß davon nichts", "Ich kann Ihnen dazu nichts sagen", "Ich war nicht dabei". Er wirkt dünnhäutig, antwortet stellenweise herablassend. Geradezu verärgert klingt er, als er darauf beharrt, seine Behörde habe über Anis Amri so gut wie nichts gewusst - jedenfalls nichts aus eigenen Quellen.

Medienberichte, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hätte "eigens zu Amri eine Quelle geführt" (also einen V-Mann auf ihn angesetzt) oder ihn gar "an der langen Leine" gehalten, seien allesamt "falsch und entbehren jeder Grundlage". Zwar habe es in der Berliner Fussilet-Moschee einen V-Mann gegeben - zum Umfeld des späteren Attentäters mag Maaßen seinen Spitzel jedoch nicht zählen. Denn "Umfeld" meine keinen Ort, sondern "ein Kennverhältnis zwischen den Personen". Und der V-Mann im Gotteshaus habe zu Amri im Herbst 2016 nun mal "keinen Kontakt gehabt und konnte ihn auch nicht aufbauen". Auch als man dem Spitzel Fotos von Amri vorgelegt habe, habe es "keine Treffer" gegeben.

Außerdem sei Amri "als Gefährdertyp kein Einzelfall" gewesen, auch wenn er den bisher schlimmsten islamistisch motivierten Anschlag in Deutschland verübte; zwölf Menschen starben, Dutzende wurden verletzt. "Es gibt viele, die eine ähnliche Geisteshaltung haben wie er", sagt Maaßen. Dann referiert er, wie viele Gefährder seine Behörde habe überwachen müssen. Tenor der Aussage: Alle Gefährder 24 Stunden am Tag zu überwachen sei unmöglich. Die Rolle seiner Behörde im Fall Amri sei "sehr begrenzt gewesen", man habe "lediglich eine unterstützende Rolle" gehabt.

Zum Anschlag war immer wieder die Frage gestellt worden, ob gegen Amri vor der Tat ein Haftbefehl hätte erlassen werden können. Amri war im Februar 2016 von Fahndern in Berlin kontrolliert und sein Handy sichergestellt worden. Er hatte sich eine Zeitlang auch in NRW aufgehalten. Maaßen sagt immer nur dasselbe: Sein Bundesamt habe nur "Daten gesammelt - Daten, die von anderen Behörden kamen". Eigene V-Leute des BfV, eigene Quellen habe es nie gegeben: "Es gab keine nachrichtendienstliche Beobachtung durch meine Behörde." Den Schwarzen Peter, das wird schnell klar, schiebt der Gast aus Berlin auch in Düsseldorf weit von sich.

© SZ vom 30.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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