Die Linke über Sahra Wagenknecht:"Für uns ist das eine Chance"

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Wird am Montag ihre Pläne für das "Bündnis Sahra Wagenknecht" öffentlich vorstellen: Noch-Linken-Politikerin Wagenknecht. (Foto: Imago)

Nicht nur Parteichef Schirdewan wirkt beinahe erleichtert, dass Sahra Wagenknechts Abkehr von der Linken nun beschlossene Sache ist. Anders die bisherige Fraktionschefin Amira Mohamed Ali: Sie schließt sich dem neuen Bündnis an.

Von Boris Herrmann, Berlin

Es ist zunächst einmal nur eine Terminankündigung für eine Pressekonferenz, die Anfang kommender Woche stattfindet. Aber in dieser Ankündigung von Donnerstagnachmittag steckt bereits der Kern der Botschaft: Die Noch-Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht hat einen Verein gegründet, der wiederum die Gründung ihrer eigenen Partei vorbereiten soll. Am Montagvormittag wird sie ihre Pläne in der Bundespressekonferenz öffentlich vorstellen. Mit der Einladung ist nun auch schriftlich dokumentiert, dass dieser Verein "Bündnis Sahra Wagenknecht - Für Vernunft und Gerechtigkeit", heißt, kurz BSW. Der Gründungsparteitag soll dann mutmaßlich Anfang 2024 stattfinden.

Interessant ist auch, wer am Montag neben Wagenknecht auf dem Podium sitzen wird: Unter anderem Amira Mohamed Ali, die scheidende Fraktionsvorsitzende der Linken, sowie Christian Leye, ein weiterer Noch-Linken-Abgeordneter. Beide gelten als enge Vertraute Wagenknechts. Falls alle drei die Fraktion verlassen sollten, wäre die Linksfraktion im Bundestag Geschichte. Es ist aber eher unwahrscheinlich, dass das sofort geschieht. Eher dürften Wagenknecht und ihre Leute versuchen, bis zur tatsächlichen Gründung ihrer eigenen Partei in der Linksfraktion zu bleiben. Die restlichen Linken wiederum könnten sie mit Zweidrittelmehrheit rauswerfen, aber das wäre gleichzeitig der Beschluss über das Ende der Fraktion. Weiterhin offen ist auch, wann genau Wagenknecht ihren Austritt aus der Partei erklärt, der sie seit mehr als 30 Jahren angehört.

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Sahra Wagenknecht wird die Partei, die sie schon so lange bekämpft, nun tatsächlich hinter sich lassen - und ihre eigene gründen. Eine existenzielle Gefahr für die Linke. Doch auch ein Risiko für Wagenknecht selbst.

Von Boris Herrmann

"Es gibt keinen Grund, jetzt den Kopf in den Sand zu stecken", sagt Schirdewan

Dass nun Bewegung in die Sache kommt, haben sie in den Führungszirkeln der Linkspartei seit Tagen, wenn nicht gar seit Wochen kommen sehen. Und es klingt sogar so, als hätten einige den Absprung des Wagenknecht-Flügels sehnsüchtig erwartet. "Gut für die Linke, dass das ein Ende hat", sagte der stellvertretende Parteivorsitzende Ates Gürpinar der Süddeutschen Zeitung. Nun könne sich seine Partei wieder auf die wirklichen Probleme konzentrieren, etwa auf die hohen Mieten und den Rechtsruck in Deutschland. Auch Parteichef Martin Schirdewan wirkt eher erleichtert als gefrustet. "Für uns ist das eine Chance, wieder als Partei der Solidarität mit klar erkennbarem linken Profil wahrgenommen zu werden. Es gibt keinen Grund, jetzt den Kopf in den Sand zu stecken", sagte er der SZ.

Gleichwohl setzt sich die Parteispitze natürlich gegen die Abtrünnigen aus der eigenen Bundestagsfraktion zur Wehr. Schirdewans Co-Vorsitzende Janine Wissler sprich von einem "Egotrip" Wagenknechts. Beide haben alle Linken-Abgeordneten, die sich der Wagenknecht-Partei anschließen wollen, dazu aufgerufen, ihre Bundestagsmandate zurückzugeben. Es sei "unanständig", Mandate, die für die Linke gewonnen wurden, mit in eine mögliche Konkurrenzpartei zu nehmen, argumentieren sie.

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Wie sehr das BSW mit der Linken konkurriert, lässt sich erst seriös bewerten, wenn Wagenknecht am Montag ihre konkreten politischen Ziele präsentiert hat. Schon jetzt ist aber klar, dass ihr Projekt in zentralen Fragen deutlich weiter rechts stehen wird und etwa mit der Forderung nach einer strikten Asylpolitik es auch auf Wählerpotenziale der AfD abgesehen hat. Gürpinar unterstellt seiner bisherigen Fraktionskollegin aber noch ganz andere Motive: "Es ist menschlich abgründig, dass Wagenknecht auf der Welle des Rechtsrucks einfach mitschwimmt, nur um eine neue Plattform für den Verkauf ihrer Bücher und anderer Einnahmequellen zu finden", sagt er.

Wagenknecht hat aber gleich zu Beginn schon festgestellt, dass man als real existierendes Projekt plötzlich auch mit ganz konkreten Problemen zu tun hat. Zum Bespiel mit einer gefälschten Webseite. Unter der Domain www.bswpartei.de wurde um Spenden für das BSW geworben, im Impressum ist Wagenknechts Bundestagsbüro angegeben. Von dort heißt es auf SZ-Anfrage, es handle sich um einen Fake, man gehe rechtlich dagegen vor.

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