Aktivismus:Klimaaktionen als Straftaten?

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Die Hand eines Aktivisten von "Last Generation" klebt auf der Fahrbahn einer Straße in Berlin. Solche Aktionen können Strafrecht verletzen. (Foto: Christian Mang/Reuters)

Die Kritik an der Klimaschutzbewegung "Letzte Generation" wächst. Justizminister Marco Buschmann warnt die Aktivisten vor empfindlichen Konsequenzen.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Nach einem lebensbedrohlichen Unfall in Berlin wächst die Kritik an der Klimaschutzbewegung "Letzte Generation". Am Mittwoch distanzierte sich Bundesjustizminister Marco Buschmann von den Protestformen der zumeist jungen Aktivisten. "Die Aktionen von #LetzteGeneration können Strafrecht verletzen", schrieb der FDP-Politiker auf Twitter.

Am Rahmen des Monet-Bildes in Potsdam, das Klimaschützer kürzlich mit Kartoffelbrei beworfen hatten, sei ein Schaden von mehreren Tausend Euro entstanden. "Das ist Sachbeschädigung", so Buschmann. Auch Autobahnblockierern, die Rettungsfahrzeuge aufhielten, drohten strafrechtliche Konsequenzen: "Wer Krankenwagen blockiert, kann sich unter Umständen der fahrlässigen Körperverletzung schuldig machen."

Die Feuerwehr bleibt wegen der Klimaschützer im Stau stecken

Am Montag hatten sich Klimaschützer der "Letzten Generation" auf der Berliner Stadtautobahn festgeklebt. Die Gruppe will damit auf die Gefahr einer Klimakatastrophe aufmerksam machen. Allerdings hatte die jüngste Aktion in Berlin gravierende Folgen. Nicht weit entfernt von der Stelle, an der die Aktivisten auf der Straße saßen, war eine Fahrradfahrerin von einem Betonmischer überrollt und eingeklemmt worden. Ein Spezialfahrzeug der Feuerwehr wurde angefordert, um den Betonmischer anzuheben.

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Der Einsatz aber verzögerte sich, weil der Feuerwehrwagen im Stau stecken blieb, wohl auch der Klimaschützer wegen. Eine Rettungsgasse wurde offenbar nicht gebildet. Am Unfallort entschied die Feuerwehr daraufhin, den Betonmischer erneut über der Radfahrerin in Bewegung zu setzen, da sie sonst verblutet wäre. Sie ist noch auf der Intensivstation, soll aber außer Lebensgefahr sein.

Die Aktivisten sind bestürzt, wollen aber weiter protestieren

Die Aktionsformen der "Letzten Generation" stoßen nun verstärkt auf Unverständnis. "Es ist eine Sackgasse", sagte die Grünen-Politikerin Renate Künast dem RBB-Inforadio. Demonstrationen für Klimaschutz seien nötig, auch der Staat habe seit "Jahrzehnten nicht genug politische Maßnahmen ergriffen". Protestaktionen allerdings, die den Blick auf ihre eigentlichen Ziele verstellten, richteten gesellschaftlichen Schaden an. "Sie verhindern die Debatte, und wenn wir jetzt wochenlang darüber reden müssen, welche Demos macht man wie, welche Sitzblockaden, wo verhindert man Einsätze, dann ist es schädlich", sagte Künast.

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Jakob Beyer, ein Sprecher der Gruppe "Letzte Generation", zeigte sich erschüttert von dem Vorfall. "Wir sind selbst bestürzt, dass es zu diesem Unfall kam", sagte er dem Deutschlandfunk. Zu klären sei aber auch, warum der Einsatzwagen nur verzögert zur Unglücksstelle durchgekommen sei. Seine Gruppe achte in der Regel auf die Sicherheit aller Beteiligten und ermögliche Rettungsgassen. Bei den Protesten bleibe es. Drei Milliarden Menschen seien wegen des drohenden Klimakollapses in ihrer Existenz bedroht. "Deshalb müssen wir zu Protestformen greifen, die nicht mehr ignoriert werden können."

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Von Yannik Achternbosch, Jan Heidtmann (Text) und Friedrich Bungert (Fotos)

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