Landtagswahl in Bayern:Debakel für die CSU

Lesezeit: 3 min

  • Die CSU hat bei der Landtagswahl in Bayern schwere Verluste eingefahren. Sie verliert die absolute Mehrheit.
  • Als Gewinner der Wahl dürfen sich die Grünen fühlen, die mit fast 19 Prozent zweitstärkste Kraft werden.
  • Die SPD stürzt ab und halbiert ihren Stimmenanteil.

Von Robert Probst, München

Die CSU hat bei der Landtagswahl einen dramatischen Absturz erlebt. Die seit den 1960er-Jahren beinahe ununterbrochen alleinregierende Mehrheitspartei, deren Ergebnisse von mehr als 55 Prozent eher die Regel als die Ausnahme waren, muss sich nach einer Hochrechnung vom Sonntagabend künftig mit 37,4 Prozent zufriedengeben. Das bedeutet im Vergleich zur Wahl von 2013 (47,7 Prozent) einen Verlust von mehr als zehn Punkten - und das Ende der absoluten CSU-Mehrheit im Landtag. Nur im Jahr 2008 - nach dem erzwungenen Rückzug von Ministerpräsident Edmund Stoiber - war der Verlust noch gravierender. Damals büßte die Partei 17,3 Prozentpunkte ein.

Trotz der Niederlage will die CSU derzeit aber keine Führungsdebatte führen - und hofft auf eine Koalition mit den Freien Wählern.

Ministerpräsident Markus Söder, der sein Amt erst im März angetreten hatte, sprach in einer ersten Reaktion davon, das Wahlergebnis "mit Demut" anzunehmen. Die CSU sei aber dennoch mit Abstand die stärkste Partei und habe einen klaren Regierungsauftrag erhalten. Er versprach den Bürgern eine "vernünftige, stabile und klare Regierung". Mit Blick auf die Hochrechnungen - die außer einer Koalition mit den Grünen auch eine mit den Freien Wählern für realistisch ansahen - sagte Söder, seine Priorität sei ein "bürgerliches Bündnis". Das Programm der Grünen sei in vielen Bereichen "denkbar weit entfernt" von der CSU, betonte er im ZDF. Seine Partei werde mit "allen bürgerlichen Parteien" reden - außer mit der AfD.

Parteichef Horst Seehofer sagte später im Bayerischen Rundfunk: "Auch meine Priorität wäre eine Koalition mit den Freien Wählern, wenn sie denn möglich ist." Er selbst habe "natürlich" auch Mitverantwortung für das schlechte Ergebnis. Für die Niederlage gebe es aber zahlreiche Gründe. Es gebe Ursachen in Berlin und welche in München. Zu einer Diskussion über personelle Konsequenzen sei er zwar bereit, seine Verantwortung werde er aber weiter wahrnehmen. Führende CSU-Politiker betonten - mit Ausnahme des früheren Parteichefs Erwin Huber -, es gebe derzeit keine Personalfragen zu besprechen.

Gewinner der Wahl sind die Grünen. Sie können laut Hochrechnung von 8,6 Prozent im Jahr 2013 auf 17,8 Prozent zulegen und wären damit erstmals zweistellig und sogar zweitstärkste Kraft im Freistaat. Diesen Platz hatte bisher immer die SPD inne, doch die Sozialdemokraten erlebten ein Desaster und mussten hinnehmen, dass ihr Ergebnis mehr als halbiert wurde. Von 20,6 Prozent fielen sie auf 9,3 Prozent. Das ganze Ausmaß der Niederlage wird dadurch deutlich, dass die SPD nun nur noch die fünftstärkste Kraft in Bayern darstellt. "Das wird ein langer, harter Weg, uns da wieder herauszuarbeiten", sagte Spitzenkandidatin Natascha Kohnen. Die Freien Wähler (bisher 9,0 Prozent) können ihr Ergebnis auf 11,8 Prozent steigern - es ist ihr bestes bisher. Die AfD, die zum ersten Mal antrat, kam auf 10,3 Prozent. Damit sitzt die Partei nun in 15 von 16 Bundesländern im Parlament. Offen war zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch, wie viele Parteien künftig Abgeordnete in den Landtag schicken werden. Die FDP, die bisher nicht im Maximilianeum vertreten war, musste um den Einzug ins Parlament bangen, sie stand bei exakt fünf Prozent. Für die Linke, die bei 3,2 Prozent lag, hat es erneut nicht gereicht. Die Wahlbeteiligung stieg von 63,9 auf mehr als 72 Prozent.

Von der Zahl der im Landtag vertretenen Parteien hängt es nicht zuletzt auch ab, welche Koalitionen rechnerisch möglich wären. Für eine politisch von beiden Seiten nicht sehr erwünschte Verbindung zwischen CSU und Grünen ist eine klare Mehrheit vorhanden; noch unsicher war am Abend zunächst, ob es für die CSU und die Freien Wähler reichen würde. Sogar Schwarz-Rot wäre theoretisch möglich. Der Spitzenkandidat der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, rief die CSU schon vor 19 Uhr zu Koalitionsverhandlungen auf. Dafür würden die Freien Wähler den Christsozialen "machbare Vorschläge auf den Tisch legen". Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze erklärte, das Wahlergebnis habe Bayern "jetzt schon verändert". In München wurden die Grünen stärkste Partei. Einige Direktmandate waren ihnen kurz vor Ende der Auszählung sicher, das erste holten sie in Würzburg. Schulze weiter: "Natürlich wollen wir Verantwortung für dieses schöne Land übernehmen."

© SZ vom 15.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Wahlabend in der Nachlese
:FDP nimmt Fünf-Prozent-Hürde ganz knapp

Als um kurz vor zwei Uhr nachts das vorläufige amtliche Endergebnis feststeht, kann auch die FDP aufatmen: Sie kommt auf 5,1 Prozent. Die angeschlagene CSU will indes mit den Freien Wählern koalieren.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: