Umstrittener Antrag:Thüringer CDU und AfD stoppen gendergerechte Kommunikation

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Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) steht in seinem Bundesland einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung vor. (Foto: Jacob Schröter/IMAGO)

Die rot-rot-grüne Minderheitsregierung im Landtag in Erfurt vermag das Anliegen der CDU nicht zu stoppen, weil es von der AfD mitgetragen wird. Das Parlament wird in seiner öffentlichen Kommunikation somit nicht gendern.

Landtag und Landesregierung in Thüringen sollen nach dem Willen einer knappen Parlamentsmehrheit in ihrer öffentlichen Kommunikation nicht gendern. Das wird in einem heftig umstrittenen Antrag der oppositionellen CDU-Fraktion verlangt, der am späten Mittwochabend bei einer namentlichen Abstimmung im Landtag 38 von 74 abgegebenen Stimmen erhielt. 36 Abgeordnete votierten dagegen. Die rot-rot-grüne Minderheitskoalition hatte mit einem Gegenantrag noch vergeblich versucht, einen Kompromiss mit einer "Selbstverpflichtung zu einer respektvollen Kommunikation" zu finden.

Der Linke-Abgeordnete Christian Schaft warf der CDU vor, mit ihrem Antrag gegen die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache Stimmungsmache und einen rechten Kulturkampf zu betreiben, "wie man ihn sonst von der AfD-Fraktion erwarten würde". Linke, SPD und Grüne, die den Antrag heftig kritisierten, haben im Thüringer Landtag keine Mehrheit. Die AfD-Abgeordnete Corinna Herold hatte vor der Abstimmung angekündigt, dass ihre Fraktion den CDU-Antrag unterstützen werde. Sie nannte das Gendern eine "Sprachverhunzung". Ute Bergner von den Bürgern für Thüringen bezeichnete es als "unsinnig" und eine "Unkultur".

CDU: Gendern wird als Bevormundung empfunden

Der CDU-Abgeordnete Christoph Zippel hatte den Antrag seiner Fraktion damit begründet, dass nach verschiedenen Umfragen eine Mehrheit der Menschen in Deutschland die "Gendersprache" ablehne, teilweise würde sie als Bevormundung empfunden. Gendersprache sei "ein Eliteprojekt einer kleinen Minderheit", so Zippel. Die SPD-Abgeordnete Cornelia Klisch bezeichnet die gendersensible Sprache als "legitimes Mittel, die Gleichheit der Geschlechter zum Ausdruck zu bringen". Die CDU verkenne, dass sich Sprache ständig weiterentwickle.

Staatskanzleiminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) sagte, die Landesregierung halte sich an die Regeln, die unter anderem durch Gleichstellungsgesetze oder die Rechtsprechung gesetzt seien. Mit der geschlechtergerechten Sprache sei es wie mit der Frauenquote, so Hoff. "Sie muss erkämpft werden." Beim Gendern geht es um einen geschlechterbewussten Sprachgebrauch, der die Gleichbehandlung aller Geschlechter und Identitäten ausdrücken soll. Verwendet werden unter anderem Gendersterne, Doppelpunkte, Unterstriche oder kurze Sprechpausen.

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