Westlicher Balkan:Kampf um den Dinar

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Serbische Dinar sind in Kosovo neben dem Euro ein gängiges Zahlungsmittel - vor allem im Norden des Landes. (Foto: ttatty/IMAGO/Panthermedia)

Kosovo will den Euro zur alleinigen Währung machen. Warum das die Spannungen auf dem Westbalkan verschärft.

Von Tobias Zick, München

Als wäre es nicht genug damit, dass der Euro, seit er vor gut zwei Jahrzehnten eingeführt wurde, schon innerhalb der EU so einiges an Frust, Streit und Krisen gestiftet hat. Jetzt wird die Währung auch außerhalb ihres offiziellen Geltungsraums zum politischen Sprengstoff. Nämlich auf dem westlichen Balkan, einer eigentlich ziemlich europäischen Region, deren Länder allerdings mit unterschiedlicher Intensität in Richtung eines erhofften EU-Beitritts streben.

Nähme man die Affinität zum Euro als Gradmesser, dann wäre die Republik Kosovo aktuell der europäischste der sechs Westbalkan-Staaten. Dort, wie auch im benachbarten Montenegro, nutzen die Menschen schon seit 2002 den Euro als Zahlungsmittel (vorher nutzten sie die D-Mark). Und jetzt plant die kosovarische Regierung, einen kleinen, aber gewichtigen Schritt weiterzugehen: Der Euro soll zum 1. Februar von der inoffiziellen zur regulären und alleinigen Währung werden. Die Entscheidung hat, wie schon einige andere Entscheidungen der kosovarischen Regierung in jüngster Zeit, hektisches Treiben in Brüssel und in Washington ausgelöst.

Die USA wie auch mehrere EU-Länder, einschließlich Deutschlands, fürchten, dass die Währungsumstellung die ohnehin höchst gespannte Lage in der Region noch explosiver machen könnte. Den Euro zum alleinigen Zahlungsmittel in Kosovo machen, das heißt nämlich konkret: andere Währungen verbieten - und zwar konkret vor allem den serbischen Dinar. Der ist bis heute das gängige Zahlungsmittel im Norden des Landes, wo mehrheitlich Serben leben. Viele von ihnen erhalten Renten, Gehälter oder Sozialleistungen aus dem benachbarten Serbien, dessen Regierung Kosovo nicht etwa als eigenständigen Staat, sondern als abtrünnige eigene Provinz betrachtet.

Serbiens Präsident fordert die EU auf, solche "Provokationen" zu stoppen

Die Regierung in Pristina hat in jüngster Zeit immer wieder demonstriert, dass sie nicht länger bereit ist, die serbische Nichtanerkennung ihrer Hoheit über das seit 2008 unabhängige Kosovo hinzunehmen. Sie verhängte eine Pflicht, serbische Nummernschilder mit kosovarischen auszutauschen, sie setzte die Amtseinführung von albanischen Bürgermeistern in mehrheitlich serbischen Gemeinden durch - beides formal legitime Schritte, auf die allerdings jeweils gewaltsame Unruhen folgten, mutmaßlich geschürt von der Regierung in Belgrad.

Die Srpska Lista ("Serbische Liste"), die in Nordkosovo dominierende, von Belgrad gesteuerte nationalistische Partei, hat Widerstand gegen die Euro-Einführung angekündigt: Es handle sich dabei offenkundig um einen Versuch, die serbische Bevölkerung "ohne den Einsatz von Waffen" zu vertreiben. Serbiens Präsident Aleksandar Vučić forderte die EU auf, "weitere Provokationen" durch Pristina zu stoppen. Die EU-Kommission hat jetzt, wie schon zuvor die US-Regierung, eine "hinreichend lange Übergangsphase" für die Währungsumstellung gefordert. Doch die kosovarische Zentralbank beharrt bislang darauf, dass sie schließlich nur ihr "verfassungsmäßiges Mandat" ausübe. Im Übrigen gebe es genügend lizenzierte Banken auch im Norden des Landes, wo jeder Bürger ein Euro-Konto eröffnen und Zahlungen "aus jedem Land" empfangen könne.

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