Katholische Kirche:Deutsche Bischöfe warnen vor der AfD

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Deutsche Bischöfe und der Botschafter des Vatikans (3. v. li.) bei der Eröffnung ihrer Frühjahrsvollversammlung im Hohen Dom zu Augsburg. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

In nie gekannter Schärfe positioniert sich die Deutsche Bischofskonferenz gegen rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien. Völkisches Gedankengut sei mit dem Christentum nicht vereinbar.

Von Annette Zoch

So deutlich wie noch nie haben sich die deutschen katholischen Bischöfe gegen die AfD positioniert: "Wir sagen mit aller Klarheit: Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar", schreiben die Bischöfe in einer gemeinsamen Erklärung, die sie am Donnerstag auf ihrer Frühjahrsvollversammlung in Augsburg beschlossen haben. "Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind nicht wählbar. Die Verbreitung rechtsextremer Parolen - dazu gehören insbesondere Rassismus und Antisemitismus - ist überdies mit einem haupt- oder ehrenamtlichen Dienst in der Kirche unvereinbar."

Vier Seiten umfasst das Papier, das einstimmig von den 27 Diözesan- und 37 Weihbischöfen verabschiedet wurde. Ein langer Absatz ist darin der AfD gewidmet: "Nach mehreren Radikalisierungsschüben" dominiere in der Partei inzwischen eine "völkisch-nationalistische Gesinnung", die AfD changiere zwischen echtem Rechtsextremismus und einem Rechtspopulismus, der zwar weniger radikal daherkomme, schreiben die Bischöfe. Der Rechtspopulismus aber sei der "schillernde Rand des Rechtsextremismus, von dem er ideologisch aufgeladen wird".

Die AfD sei die Spitze eines Kulturwandels, der in der Gesellschaft im Gange sei

Bislang haben Bischöfe in Wahljahren zwar durchaus allgemein dazu aufgerufen, zur Wahl zu gehen - eine so deutliche Thematisierung einer Partei ist aber höchst ungewöhnlich. Man habe innerhalb der Bischofskonferenz darüber eingehend diskutiert, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, bei der Vorstellung der Erklärung am Donnerstag in Augsburg. Doch die Situation sei diesmal eine andere, die AfD die Speerspitze eines Kulturwandels, der in der Gesellschaft im Gange sei.

Auch Berichte über sogenannte rechtsextreme "Remigrationspläne", "was ja nichts anderes ist als eine beabsichtigte Deportation, haben uns hellhörig gemacht und unsere klare Positionierung herausgefordert", so Bätzing. Und er machte deutlich: Jeder Bischof könne jeden einzelnen Satz der Erklärung unterschreiben.

Die Bischöfe unterstützen zudem ausdrücklich, dass sich auf den deutschen Straßen "eine lebhafte und starke Protestbewegung" Gehör verschaffe, und richteten ihren Appell auch an alle Nicht-Christen in der Gesellschaft. Für die Kirche sei klar, so heißt es in der Erklärung: "Jeder Mensch besitzt eine unantastbare und unverfügbare Würde. Sie gründet in der Gottesebenbildlichkeit aller Menschen und ist die Basis der Menschenrechte." Das klare Votum gegen Rechtsextremismus bedeute aber "in keiner Weise, dass die Kirche sich dem Dialog mit jenen Menschen entziehen wird, die für diese Ideologie empfänglich, aber gesprächswillig sind".

Wie ist umzugehen mit AfD-Funktionären in den eigenen Gremien?

Bätzing wandte sich direkt an AfD-Wählerinnen und Wähler in der eigenen Kirche: "Ich bitte Menschen, die sich nun von unserer Erklärung herausgefordert fühlen, setzen Sie sich mit ihren Seelsorgern vor Ort, mit den Haupt- und Ehrenamtlichen zusammen, sie stoßen da auf viele offene Ohren." Auch bedeute Widerspruch gegen Rechtsextremismus nicht, existierende gesellschaftliche Probleme kleinzureden oder zu ignorieren.

In mancher katholischen Pfarrei wird sich nun die Frage stellen: Wie ist umzugehen mit AfD-Funktionären in den eigenen Gremien? Von einzelnen Bischöfen habe es den Wunsch nach einer entsprechenden Handreichung gegeben, sagte Bätzing. "Wir haben das kirchenrechtlich prüfen lassen, aber eine Parteimitgliedschaft kann kein Ausschlusskriterium sein. Deshalb haben wir nun unsere ethischen Kriterien genannt."

Das kirchliche Arbeitsrecht erlaube es aber, hauptamtliche Mitarbeiter, die sich rechtsextremistisch oder antisemitisch äußern, zu entlassen. Die Generalsekretärin der Bischofskonferenz, Beate Gilles, sagte, die Erklärung der Bischöfe ermögliche es nun, diese Debatte auch an der Basis zu führen, "da reinzugehen und hinzuschauen und das in den pfarrlichen Gremien zu thematisieren".

Auch die katholischen Bischöfe der ostdeutschen Länder warnten vor der AfD

Die katholischen Bischöfe der ostdeutschen Länder hatten bereits im Januar ein gemeinsames Wort zu den anstehenden Europa- und Landtagswahlen veröffentlicht, vor Populismus und "scheinbar einfachen Lösungen" gewarnt und die Bürger zur Wahl aufgerufen. "Spätestens die Schrecken der Weltkriege und die Gräueltaten des NS-Regimes haben uns gelehrt: Die unantastbare Würde des Menschen zu achten und zu schützen, muss die oberste Richtschnur jedes staatlichen Handelns sein", schrieben die Bischöfe.

Und warnten ebenfalls explizit namentlich vor Parteien: "Wir Bischöfe bringen daher ganz klar zum Ausdruck, dass wir vor dem Hintergrund unseres eigenen Gewissens die Positionen extremer Parteien wie des III. Wegs, der Partei Heimat oder auch der AfD nicht akzeptieren können."

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Auch die Freisinger Bischofskonferenz, der Zusammenschluss der bayerischen Bischöfe, hatte im vergangenen November eine scharfe Abgrenzung von der AfD gefordert. In Augsburg hatte der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx in seiner Predigt in der Frühmesse am Dienstag bereits den Ton gesetzt: "Ja, die Freiheit ist bedroht. Aber dann haben wir als Kirche an der Seite der Freiheit zu stehen", sagte er in der Basilika St. Ulrich und Afra. "Nicht auf der Seite von autoritären Regimen, nicht von denen, die von der Vergangenheit träumen, die AfD-Träume träumen oder Putin-Träume träumen oder Kyrill-Träume träumen."

"Die Menschenwürde ist der Glutkern des christlichen Menschenbildes und der Anker unserer Verfassungsordnung", heißt es am Ende der bischöflichen Erklärung. Sie schließt - auch das ist eher ungewöhnlich - mit zwei Appellen und zwei Ausrufezeichen: "Leisten wir alle Widerstand, wenn Menschenwürde und Menschenrechte in Gefahr geraten! Engagieren wir uns gemeinsam, für die freiheitliche Demokratie!"

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