Kanzlerkandidatur:Fünf Gründe, warum Merkel in der K-Frage alles richtig macht

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Archivbild: Ein Baum wirft Schatten auf das Wahlplakat von Angela Merkel im Sommer 2013 (Foto: dpa)

Im Berliner Politik-Betrieb macht die K-Frage mal wieder die ganz große Runde. Wird Kanzlerin Merkel 2017 noch einmal antreten? Na, selbstverständlich.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Es dürfte im Moment weltweit wohl nur eine Person geben, die sicher weiß, ob Angela Merkel 2017 noch einmal als Kanzlerkandidatin der Union antritt. Und das ist - große Überraschung - Angela Merkel selbst. Alles was gerade geschrieben wird, ist also kaum etwas anderes als Spekulation. Manchmal untermauert von Quellen, von denen kaum jemand weiß, welche Interessen sie verfolgen.

Zum Beispiel meldet der Spiegel, Merkel werde die Frage nach ihrer Kandidatur jetzt doch erst im Frühjahr beantworten - weil angeblich CSU-Chef Seehofer sich nicht vorher festlegen lassen möchte.

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Eigentlich wollte die Kanzlerin noch in diesem Jahr bekanntgeben, ob sie noch einmal antritt. Jetzt sei der Termin schon wieder verschoben worden, berichtet der "Spiegel". Schuld soll Seehofer sein.

Nun hat Merkel bisher aber gar nicht erklärt, dass sie sich früher äußern werde. Sondern eben nur "zu gegebener Zeit" - was immer das heißen mag. Und außerdem trifft sich die CDU im Dezember in Essen zum Parteitag. Und wollen da die Delegierten nicht erst wissen, wer sie in die Bundestagswahl führt, bevor sie den Parteichef neu wählen?

Die einen sagen so, die anderen sagen so. Merkel aber hält sich bedeckt, ohne die Frage ihrer Kandidatur zu einer Staatsaffäre hochzujazzen. Fünf Gründe, warum sie im Umgang mit der K-Frage gerade alles richtig macht:

1. Merkel hält die Spannung aufrecht

Indem sie die Frage offen lässt, hält Merkel die Spannung aufrecht. Das ist auch notwendig. Sie ist ja schon Kanzlerin. Seit nun bald elf Jahren. Die Leute kennen sie. Sie haben sie erlebt als Klimakanzlerin, als Banken-Retterin, als Europas Krisenmanagerin. Zuletzt als Flüchtlings-Versteherin. Sie muss sich nicht erst bekannt machen.

Dieser Vorteil ist auch ein kleiner Nachteil. Merkel ist nicht mehr neu. Sie wird niemandem mehr so richtig überraschen können. Da ist die K-Frage eine, mit der sie das Interesse an ihrer Person zumindest leicht verstärken kann.

2. Nichtantreten würde die Union ins Chaos stürzen

Für die meisten Wähler ist also weniger von Belang, ob und wann sie sich erklärt. Sondern nur, ob sie womöglich doch nicht mehr antritt. Das wäre tatsächlich eine Nachricht. Hätte Merkel aber vorgehabt, 2017 nicht mehr anzutreten, sie hätte schon viel früher den Amtswechsel eingeleitet und einen Nachfolger aufgebaut.

Merkel ist bekannt dafür, dass sie Dinge vom Ende her denkt. Selbst wenn sie jetzt, ein Jahr vor der Wahl, die Kanzlerkandidatur zur Verfügung stellen würde, wäre das schon viel zu spät. Die Nachricht würde ihre Partei unweigerlich in ein mittleres Chaos stürzen. Das will Merkel sicher nicht.

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Ein solches Bündnis wünschen sich derzeit mehr Menschen als eine vierte Amtszeit der Kanzlerin. Für sie wäre Schwarz-Grün ein Vitalisierungsprogramm - und selbst für die SPD böte es eine Chance.

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3. Gegen ihren Willen wird kein anderer Kandidat der Union

Gegen Merkels Willen wird die Kanzlerkandidatur der Union nicht entschieden. Wenn Merkel es will, dann wird sie es. In der CDU sowieso. 70 Prozent der Unionsanhänger wünschen sich eine erneute Kandidatur Merkels. Und immerhin die Hälfte der Deutschen.

Ihre Umfragewerte waren schon mal besser. Aber wer bedenkt, wie sie mit ihrem "Wir schaffen das" in der Flüchtlingsfrage die Republik durcheinandergewirbelt hat, der muss zum einen anerkennen: Die Umfragewerte könnten weitaus schlechter sein. Und zum anderen: Bessere Werte hat niemand sonst in CDU und CSU.

CSU-Chef Horst Seehofer hat zwar mal damit gedroht, zur Not selbst anzutreten, wenn Merkel nicht auf seine harte Flüchtlingslinie einschwenkt. Aber auch dann wäre er nur Spitzenkandidat der CSU. Deswegen würde die CDU aber trotzdem nicht auf Merkel als Kanzlerkandidatin verzichten wollen.

4. Andere Kandidaten sind gerade nicht ins Sicht

Wer will Merkel auch im Moment beerben? Ursula von der Leyen wird immer wieder genannt, die Verteidigungsministerin. Die traut sich das zu, keine Frage. In der Fraktion aber hat sie zu wenig Unterstützung. Den Großteil ihrer Macht hat sie dem Umstand zu verdanken, dass Merkel voll hinter ihr steht.

Und Innenminister Thomas de Maizière? Der könnte Kanzler, aber ob er auch Wahlkampf kann? Da sind Zweifel angebracht. Finanzminister Wolfgang Schäuble ist auch immer mal wieder im Gespräch. Aber der Mann wird im September 74 und ist schon seit Urzeiten in der Politik. Merkel ist zwölf Jahre jünger. Und um einiges frischer.

5. Merkel wirkt überhaupt nicht amtsmüde

Egal wo Merkel auftritt - auf irgendeinem Sondergipfel oder im ARD-Sommerinterview am Wochenende -, von Amtsmüdigkeit keine Spur. Allerdings hat sie auch nie krachende Vitalität verströmt. Sie war im Amt einfach immer Angela Merkel.

Sie hat ein paar mehr Falten vielleicht als zum Amtsantritt 2005. Ansonsten reißt sie ihr Pensum ab wie eh und je. Merkel könnte vermutlich noch Jahre so weitermachen.

Wie gesagt: Schäuble ist 74 und immer noch fit genug für den Job des Finanzministers. Wenn Merkel so lange weitermachen will wie er, dann müsste sie dafür nur noch dreimal wiedergewählt werden. Kohls Rekordamtszeit von 16 Jahren hätte sie schon in fünf Jahren in der Tasche, also zur Wahl 2021. Wer Merkel jetzt schon abschreibt, der wird sich womöglich noch mächtig wundern.

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