Nordrhein-Westfalen:Glaubensbekenntnis zu Schwarz-Grün

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"Viel Potenzial" sieht NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in einem Bündnis mit den Grünen. Seine Stellvertreterin, Mona Neubaur (Grüne), sieht das ähnlich. (Foto: Oliver Berg/dpa)

Nach dem politischen Aschermittwoch stichelt NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst gegen Markus Söder und profiliert sich in der CDU: als Mann der Mitte.

Von Christian Wernicke, Düsseldorf

Das letzte Wort zum Aschermittwoch, es kommt am Tag danach. Aus den Hallen des Düsseldorfer Landtags. Dort wird Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Donnerstag vor der Landespressekonferenz gefragt, was er denn von Markus Söder (CSU) und dessen Passauer Bierrede gegen Schwarz-Grün im Bund halte. Schließlich regiert der gebürtige Westfale daheim in NRW ja vergleichsweise reibungslos mit den Grünen.

Wüst legt ein Lächeln auf. "Man kann bei solchen Reden am Aschermittwoch nicht davon absehen, dass sie am Aschermittwoch gehalten werden", sagt der 48-jährige Christdemokrat, der in CDU-Kreisen - neben Parteichef Friedrich Merz - immer wieder als möglicher Kanzlerkandidat gehandelt wird. Da beginnt Wüst seine Deutung: Nein, er will aus Bayern überhaupt "keine Absage" an Schwarz-Grün vernommen haben - "sondern eine Meinung." Zur Erklärung schiebt Wüst die Vermutung hinterher, was den CSU-Chef wohl getrieben habe - seine Erfahrungen mit Hubert Aiwanger und den Freien Wählern nämlich: Söders Meinung basiere wahrscheinlich "darauf, dass er sich gar nicht vorstellen kann, wie gut das ist, mit einem verlässlichen Partner zu arbeiten." Kurze Pause, dann dies: "Ich möchte jedenfalls nicht mit ihm tauschen."

Wüst warnt vor der AfD und den Rechtsextremen

Neben Wüst sitzt Mona Neubaur, Wüsts grüne Partnerin. Die gebürtige Bayerin hört die Worte mit ungerührter Miene. Schon im November, als die Berliner Ampel gerade in ihre nächste Haushaltskrise stolperte, hatte Neubaur der Süddeutschen Zeitung gesagt, sie wolle in NRW beweisen, dass Schwarz-Grün "auch eine Machtoption im Bund" sein könne.

Genau die beschwört auch Wüst an diesem Donnerstag. Klarer, grundsätzlicher denn je - und sogar ungefragt. Zunächst warnt der NRW-Ministerpräsident vor der AfD und den Rechtsextremen. Die Blauen seien eine "Gefahr für die Demokratie und für unseren Wohlstand", die Europawahl im Juni werde zur "Schicksalswahl". Und dann: Wüsts Glaubensbekenntnis, "gerade in diesen Zeiten."

"Schwarz-Grün hat viel Potenzial", hebt Wüst an. Was in Nordrhein-Westfalen, in Schleswig-Holstein oder Baden-Württemberg funktioniere, "das ist auch eine Option für den Bund." Widerspruch ausgeschlossen: "Wer heute noch Debatten darüber führt, ob das grundsätzlich geht und im Bereich des Vorstellbaren liegt, der führt nach meiner festen Überzeugung Debatten aus den Neunzigerjahren." Für ihn sei und bleibe es ein Wert, über die Grenzen politischer Lager hinweg Brücken zu bauen.

Der neue Merz, er passt zu Wüst

Ja, "die Grünen sind die Grünen, die Schwatten sind die Schwatten." Da müsse man allerlei erklären, aber so schaffe man "eine breite gesellschaftliche Klammer" und trage bei "zur Befriedung einer polarisierten Gesellschaft." Sein Mantra der vergangenen Wochen, in der Berliner Republik "eine Allianz der Mitte" auch zwischen Regierung und Opposition zu schmieden, vergisst Wüst diesmal.

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Nebenbei erledigt Wüst auch noch schnell den Verdacht, er habe mit seiner Bemerkung über die "Debatten aus den Neunzigerjahren" einen Seitenhieb in Richtung Parteichef Merz austeilen wollen. Nichts da. Merz hatte seine Sentenz von den Grünen als "Hauptgegner" in der Regierung ja kürzlich korrigiert - und nun eine Koalition mit den Grünen nicht mehr ausgeschlossen. Das hilft, der neue Merz, er passt zu Wüst: "Ich finde gut, was er heute sagt."

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