Haushaltskrise:Habeck-Beirat empfiehlt "goldene" Investitionsregel

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Robert Habeck plädiert dafür, die Schuldenbremse zu lockern. Die FDP ist nicht überzeugt. (Foto: Liesa Johannssen/Reuters)

Der wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums hat über nachhaltige Staatsfinanzen nachgedacht - und präsentiert ein Gutachten, das dem Minister gut gefallen dürfte.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Natürlich ist das alles nur ein Zufall, beteuern die Wissenschaftler. "Da war kein großer strategischer Plan dahinter", sagt der Mannheimer Ökonom Eckhard Janeba. "Wir haben da nichts absichtlich verzögert." Jedenfalls kommt ihr Gutachten genau zur richtigen Zeit: Die Koalition sucht händeringend nach Milliarden, mit denen sie jene Lücken stopfen kann, die mit dem Karlsruher Fonds-Urteil entstanden sind, sie ringt mit Schuldenbremse, Sparideen und Subventionen - da legt der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums genau zu diesen Fragen ein Gutachten vor. Und vieles, was drinsteht, dürfte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gerade recht kommen.

Im Oktober hatte der Beirat, dessen Vorsitzender Janeba ist, das Papier nach gut einjähriger Vorarbeit abgeschlossen. Vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das anschließend sowohl dem Klima- als auch dem Krisenfonds den Boden entzog, konnte da noch keiner etwas ahnen. Auch nicht, dass anschließend im Haushalt für das kommende Jahr 17 Milliarden Euro fehlen würden, von denen bis heute keiner weiß, wie und wo sie aufzubringen sind. Die Ökonomen trieb anderes um: die vielen Ausgaben, die in den nächsten Jahren noch auf den Staat zukommen, für Infrastruktur, Verteidigung, klimagerechten Umbau - und die aufgebracht werden sollen von einer alternden Gesellschaft, also einer schmaleren Basis. Es ging ihnen um jene Finanzlücken, die derzeit vor lauter akuter Not keiner mehr auf dem Schirm hat. Die aber dennoch absehbar drohen.

Ein Ja zur Neuverschuldung, aber nur für ganz bestimmte Investitionen

Ohne Gegenvotum kommen nun zehn Mitglieder des Beirats zu einer Lösung, die auch Teile der Koalition für richtig halten, darunter Habeck: eine Lockerung der Schuldenbremse. Anstatt starr vorzuschreiben, dass bei einem Umfang von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts Schluss ist mit zusätzlicher Verschuldung, brauche es eine "Goldene Regel plus": eine Ausnahme für zusätzliche Investitionen. Das "plus" ist wichtig, denn eine "Goldene Regel" gab es schon, bevor die Schuldenbremse eingeführt wurde. Sie ließ die Neuverschuldung zu, wenn sie staatlichen Investitionen diente. Allerdings war der Begriff "Investitionen" dehnbar. "Es gab immer einen Anreiz, Ausgaben aus dem regulären Haushalt rauszuschieben", sagt der Münchner Wirtschaftsprofessor Klaus M. Schmidt, ebenfalls Mitglied im Beirat. Genau das aber gelte es zu verhindern.

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Das "Plus" soll deshalb die "Goldene Regel" auf Investitionen beschränken, die wirklich Neues schaffen und nicht bloß Altes erhalten. Nur sie wären von der Schuldenbremse ausgenommen. Kontrollieren soll dies eine unabhängige Institution, vielleicht sogar eine, die aus Ökonomen besteht. Auch für Projekte, die bisher der "Klima- und Transformationsfonds" finanzieren sollte, ließen sich so Kredite aufnehmen. Schließlich kämen Investitionen, etwa in den Klimaschutz, künftigen Generationen zugute, wirbt Janeba.

Mehr noch: Der Beirat könnte sich auch die Schaffung von staatlichen Investitionsfördergesellschaften vorstellen, die unabhängig von Haushaltszwängen operieren könnten. Mit denen hatte Habeck schon vor der vorigen Bundestagswahl geliebäugelt - als er noch dachte, er werde vielleicht selbst der nächste Finanzminister. Das Ministerium selbst wollte sich am Dienstag noch nicht zu dem Gutachten äußern, man wolle es jetzt erst studieren. Von Habeck selbst, so hieß es aus dem Beirat, sei es aber wohlwollend aufgenommen worden. Kein Wunder.

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