Hacker-Angriffe in den USA:Immer mehr Demokraten verzweifeln an Obamas Urvertrauen in die USA

Lesezeit: 3 Min.

Obama betont lieber die eigene Stärke, statt andere zu kritisieren. (Foto: dpa)
  • In einer Pressekonferenz zeigt Barack Obama, was ihn von seinem Nachfolger unterscheidet: Statt aggressiver Kritik an anderen betont er vor allem die Stärke des eigenen Landes.
  • Viele Anhänger der Demokraten hatten sich nach der Wahlniederlage eine deutlichere Positionierung vor dem anstehenden Umbau des Landes durch Donald Trump gewünscht.
  • Die Eskalationsbereitschaft der Republikaner ist wesentlich höher als die der Demokraten, das zeigt auch die Debatte um die Hacker-Angriffe.

Analyse von Johannes Kuhn, New Orleans

Wer mit einem Kompass durch die politischen USA navigieren möchte, blickt derzeit auf eine wild kreisende Nadel. In der Hoffnung, Donald Trump irgendwie zu verhindern, klammern sich verzweifelte Demokraten an die Russland-Hacker-Vorwürfe von FBI und CIA - Organisationen, die in progressiven Kreisen sonst eher schlecht beleumundet sind. Der künftige Präsident, immerhin Anführer der Partei Ronald Reagans und vieler kalter Krieger, geht dagegen auf Schmusekurs mit Wladimir Putin.

Käme ein Politologe, der Jahre in der Wildnis verbracht hätte, jetzt in die Zivilisation zurück - er blickte mit aufgerissenen Augen auf die Lage in Washington und kehrte kopfschüttelnd um.

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Barack Obama hat in den vergangenen acht Jahren nicht immer seinen politischen Norden gefunden, hat mit Washingtoner Gepflogenheiten und dem ungelösten US-Konflikt zwischen Führungsanspruch und Rückzugsdrang gefremdelt. Während seiner womöglich letzten präsidialen Pressekonferenz am Freitag wurde allerdings nochmals klar, was ihn am deutlichsten von seinem Nachfolger unterscheidet: Temperament und vor allem Konsistenz.

Obama betont vor allem die Stärke der USA, statt allzu direkte Kritik zu üben

"Die Russen können uns nicht verändern oder ernsthaft schwächen", räsonierte der 55-Jährige, "sie sind ein kleineres, schwächeres Land und ihre Wirtschaft stellt nichts her, was jemand kaufen möchte - außer Öl, Gas und Waffen. Sie erfinden nichts. Sie können uns aber beeinflussen, wenn wir vergessen, was uns ausmacht. Wenn wir unsere Werte vergessen."

Er übte zwar deutliche Kritik an Putin, demonstrierte aber ansonsten vor allem dem Glauben an die eigene Stärke und das Gute des Landes. Das ist weit entfernt von dem, was viele traumatisierte Anhänger sich gewünscht hatten: eine offene Abrechnung, eine deutliche Positionierung vor dem anstehenden Umbau des Landes in der Ära Trump. Vereinzelt wurde sogar von einer Verschiebung der anstehenden Wahlmann-Abstimmung geträumt, um den anstehenden Albtraum nicht Realität werden zu lassen.

Doch natürlich passierte nichts davon; mit präsidialen Gepflogenheiten zu brechen, überlässt Obama seinem Nachfolger. "Er ist eben ein Institutionalist", lautete das seufzende Urteil. Lobend klang das von denjenigen, die Obama sein Vertrauen in sein Land und den demokratischen Prozess stets hoch angerechnet hatten, obwohl politischer Zynismus und anbrechende Irrationalität ihn in Washington nahe an die Handlungsunfähigkeit gebracht hatten. Bitterkeit jedoch dominierte den Ton derer, die Obamas Mäßigung im Kontext eines politisches Notfalls für unangebracht halten und ihm sogar vorwiegendes Interesse am eigenen Image unterstellen.

Die Frage, was vom Erbe des Präsidenten bleiben wird - nach den Plänen der Republikaner nicht viel - spielt inzwischen unter Demokraten fast eine Nebenrolle. Vielmehr setzt sich die Erkenntnis durch, es mit einer Systemkrise zu tun zu haben, die nicht gerade erst akut wurde, sondern schon weit fortgeschritten ist.

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Die Debatte um den russischen Eingriff erscheint dabei vor allem als Symptom dieser Systemkrise - und das nicht nur, weil in den vergangenen Jahrzehnten die USA in Gestalt der CIA selbst gerne in ausländische Wahlen eingriffen. Die genauen Erkenntnisse der Geheimdienste liegen der Öffentlichkeit noch nicht vor (ein Teil davon wird geheim bleiben müssen, deutete Obama an). Zudem ist der Einfluss der E-Mails aus der Clinton-Kampagne schwer zu quantifizieren, handelt es sich doch letztlich um wenig schmeichelhaftes, aber echtes Material, das erst im Kontext einer aufgeregten - und im rechtskonservativen Propaganda-Kontext völlig irreführenden - Berichterstattung Relevanz gewann.

Doch man ahnt, was unter umgekehrten Vorzeichen (Republikaner verlieren nach gehackten E-Mails die Wahl) im konservativen Lager los wäre: die Hölle. Wie sich die Demokraten in diesem Ungleichgewicht von Eskalationsbereitschaft künftig positionieren, ist eine der entscheidenden politischen Fragen der kommenden vier Jahre.

Ein republikanischer Gouverneur entmachtet seinen Nachfolger

Während Obama in Washington sprach, unterschrieb North Carolinas scheidender republikanischer Gouverneur Pat McCrory eines von mehreren Gesetzen, die das Parlament diese Woche in höchster Eile mit republikanischer Mehrheit verabschiedet hatte: Es entzieht seinem Nachfolger, dem Demokraten Roy Cooper, die Verantwortung für die Besetzung von wichtigen Gremien wie dem Wahlausschuss (der jüngst Tausenden Afroamerikanern das Wählen erschweren wollte). Ein weiteres Gesetz entzieht ihm die Schulaufsicht, reduziert die Verwaltungspositionen und macht die Ernennung von Kabinettsmitgliedern von der Zustimmung des (mehrheitlich republikanischen) Senats abhängig.

Die Essenz der konservativen Strategie: Wenn die Republikaner nicht regieren, soll es niemand können. Die Demokraten befürchten, dass dies für lange Zeit auf allen Ebenen gelten könnte. Der scheidende Präsident sagt, er vertraue den Institutionen. Doch die Demokraten ahnen, dass ein solches Vertrauen in den kommenden Jahren so naiv wie folgenschwer sein könnte.

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