Grünen-Parteitag im Saarland:Weg frei für Jamaika an der Saar

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Die Delegierten haben entschieden: Mit einer deutlichen Mehrheit stimmten sie auf dem Grünen-Parteitag im Saarland für Koalitionsverhandlungen mit CDU und FDP. Damit machen sie den Weg frei für das erste Jamaika-Bündnis in einem Bundesland. Linkenchef Oskar Lafontaine spricht bereits von "Wahlbetrug und Wählertäuschung".

Der Landesparteitag der Saar-Grünen hat sich für Verhandlungen mit CDU und FDP über eine Jamaika-Koalition ausgesprochen. Die Entscheidung fiel mit 117 von 150 abgegebenen Stimmen sehr klar aus. Das entspricht 78 Prozent. Dagegen stimmten 32 Delegierte, es gab eine Stimmenthaltung. Damit kann der seit 1999 regierende CDU-Ministerpräsident Peter Müller vermutlich im Amt bleiben.

Der saarlaendische Ministerpraesident Peter Müller (CDU, l.)der FDP-Landesvorsitzende Christoph Hartmann und der Grünen-Landeschef Hubert Ulrich: Vor dem Grünen-Parteitag im Saarland stehen die Zeichen auf "Jamaika" (Foto: Foto: ddp)

Die Delegierten machten damit den Weg frei für das erste Jamaika-Bündnis in einem Bundesland. Die Grünen können mit ihren drei Sitzen im neu gewählten Landtag sowohl einer Koalition mit CDU und FDP als auch einem Linksbündnis mit SPD und Linkspartei zur Macht verhelfen.

Zuvor hatte sich schon der Landesvorstand der Grünen im Saarland für eine "Jamaika-Koalition" ausgesprochen.

Ausschlaggebend für die Entscheidung des Grünen-Vorstands war laut Landeschef Hubert Ulrich die Aussicht auf eine stabile Koalition, die mit der Linken nicht möglich sei. "Ich habe keinerlei Vertrauen zu diesem Mann und zu dieser Partei", sagte Ulrich mit Blick auf Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine. Dieser hatte am Freitag angekündigt, sich im Falle eines rot-rot-grünen Bündnisses stärker an der Saar engagieren zu wollen.

Außerdem habe Lafontaine versucht, die Grünen im Wahlkampf "plattzumachen" und aus dem Landtag herauszuhalten.

Er trage die Hauptschuld, dass es voraussichtlich nicht zu einem rot-rot-grünen Linksbündnis kommen werde. "Mit dieser Verantwortung kann er nach Hause gehen."

Auch Jamaika keine "Insel der Glückseligkeit" sein werde, warb Ulrich vor der Abstimmung für das Bündnis: "Lasst uns das Experiment wagen", rief er den 152 gemeldeten Delegierten zu. Ein schwarz-gelb-grünes Bündnis zwinge das bürgerliche Lager, aus seinen Schützengräben zu kommen. Dabei verwies Ulrich auf Zugeständnisse, die die Grünen CDU und FDP in Sondierungsgesprächen abgerungen hätten - etwa die Abschaffung der Studiengebühren oder die Zusage eines längeren gemeinsamen Lernens in den Schulen.

Kritik an der Wahlempfehlung zugunsten von Jamaika kam von der Grünen Jugend im Saarland. Ein echter Politikwechsel sei unter dem seit zehn Jahren regierenden CDU-Ministerpräsidenten Peter Müller nicht möglich, sagte deren Landesvorstandsmitglied Christian Zimmer. Auch setze eine stabile Regierung eine programmatische Nähe voraus. "Die sehen wir mit CDU und FDP nicht gegeben."

Die Grünen hatten bei der Landtagswahl am 30. August 5,9 Prozent erreicht und stellen mit drei Abgeordneten die kleinste Fraktion im Parlament.

Lafontaine: "Koalition der Wahlbetrüger"

Der Vorsitzende der Partei Die Linke, Oskar Lafontaine, kritisierte die Entscheidung der saarländischen Grünen scharf. Damit hätten "die Grünen ihre zentralen Wahlkampfversprechen gebrochen". Denn sie verlängerten die Amtszeit der CDU-Regierung, indem sie nicht Heiko Maas von der SPD, sondern Peter Müller zum Ministerpräsidenten wählten, teilte Lafontaine mit.

Hubert "Ulrich, der von Beginn an fest zu einer Koalition mit CDU und FDP entschlossen war, zog die Sondierungsgespräche über sechs Wochen hin, um seine Wählerinnen und Wähler und die Mitglieder seiner Partei zu täuschen", erklärte er. "Zur erwiesenen Unfähigkeit der Regierung Müller gesellt sich ab jetzt die finanzpolitische Inkompetenz der Grünen."

Wie in Thüringen die SPD, so verweigerten sich im Saarland die Grünen der Aufgabe, im Bundesrat rot-rot-grünen Widerstand gegen Sozialabbau zu organisieren. Der Linke-Chef weiter: "Fazit: Das Saarland wird in den nächsten Jahren von einer Koalition regiert, die durch Wahlbetrug und Wählertäuschung zu Stande gekommen ist."

Kritik kam auch vom saarländischen SPD-Chef Heiko Maas. Ulrich habe mit den "Wendehälsen der CDU und der FDP einen Pakt gegen die strukturelle Mehrheit der Wähler geschmiedet. Das ist kein guter Tag für unser Land". Ulrich habe die Sondierungsphase dazu missbraucht, um eine entsprechende Mehrheit zu schmieden. "So verkommt Politik zur Schacherei."

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/AP/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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