Großbritannien:Parlament verabschiedet Asylpakt mit Ruanda

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Die Entscheidung des Oberhauses fiel in der Nacht von Montag auf Dienstag. (Foto: House Of Commons; Uk Parliament/DPA)

Großbritannien kann irregulär eingereiste Migranten künftig nach Ruanda schicken. Das Parlament hat ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, das das ostafrikanische Land zum sicheren Drittstaat erklärt.

Nach wochenlangen Diskussionen hat der britische Premierminister Rishi Sunak ein Gesetz zum umstrittenen Asylpakt mit Ruanda durchs Parlament gebracht. Sunak hatte zuvor erklärt, die Regierung werde das Parlament zwingen, so lange wie nötig in der Nacht zum Dienstag zu tagen, um das Gesetz zu billigen. "Ohne Wenn und Aber. Diese Flüge gehen nach Ruanda", sagte Sunak auf einer Pressekonferenz am Montag.

Migrantinnen und Migranten sollen ungeachtet ihrer Herkunft in das ostafrikanische Land abgeschoben werden, wenn sie unerlaubt nach Großbritannien einreisen. Der Entwurf, dem das Oberhaus in der Nacht zum Dienstag nach langem Widerstand zustimmte, erklärt Ruanda per Gesetz zum sicheren Drittstaat. Teile des britischen Menschenrechtsgesetzes werden zudem außer Kraft gesetzt. Ferner wird die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen, auf Ausnahmefälle beschränkt.

Es gibt massive Zweifel an der Wirksamkeit

Das Oberhaus - das House of Lords - als zweite Parlamentskammer hatte mehrmals Änderungsanträge beschlossen, die dann in einem zeitaufwendigen Verfahren vom Unterhaus rückgängig gemacht wurden. Schließlich gab das House of Lords seinen Widerstand auf. Damit kann der Gesetzentwurf von König Charles III. mit seiner Unterschrift in Kraft gesetzt werden.

Der Asylpakt mit Ruanda sieht vor, dass irregulär eingereiste Migranten in Großbritannien keine Gelegenheit mehr zum Antrag auf Asyl erhalten sollen. Sie sollen stattdessen nach Ruanda gebracht werden und dort Asyl beantragen. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen.

Der Plan war erstmals vor zwei Jahren vom damaligen Premierminister Boris Johnson vorgebracht worden. Mit der Regelung sollen Menschen von der gefährlichen Überfahrt in kleinen Booten über den Ärmelkanal abgehalten werden.

Gegner bezweifeln aber, dass das Gesetz Migranten abschrecken wird. Kritisiert wird auch, dass Großbritannien Hunderte Millionen Pfund an Ruanda zahlt, aber vermutlich nur einen Bruchteil der irregulär eingereisten Menschen abgeschoben wird. Andere Kritiker halten den Plan schlicht für unmenschlich. Sie verweisen auf die Menschenrechtslage in dem ostafrikanischen Land und die Gefahr, dass Asylsuchende in Länder zurückgeschickt werden, in denen ihnen Gefahr droht.

Eine Verfügung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte will Sunak ignorieren

Premier Sunak kündigte an, einstweilige Verfügungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen den Asylpakt mit Ruanda zu ignorieren. Zugleich betonte er am Montag, sein Vorgehen stehe nicht im Konflikt mit internationalem Recht.

Die erste Maschine solle in zehn bis zwölf Wochen abheben, kündigte Sunak an. Bisher hatte die Regierung den ersten Abflug für den Frühling angekündigt. Für die Abschiebungen seien kommerzielle Charterflüge gebucht worden. Zudem seien Hunderte Sachbearbeiter und Richter auserkoren, um mögliche Klagen zu bearbeiten.

Der einzige Flug, der bisher nach Ruanda abheben sollte, wurde per einstweiliger Verfügung vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in letzter Minute gestoppt. Später erklärte das oberste Gericht in Großbritannien den Asylpakt für rechtswidrig. Mit dem Ruanda-Gesetz soll dieses Urteil nun ausgehebelt werden.

Für die konservative Regierung, die angesichts eines gewaltigen Rückstands in den Umfragen im Jahr der Parlamentswahl unter erheblichem Druck steht, ist die irreguläre Migration ein Ärgernis. Jährlich kommen Zehntausende über den Ärmelkanal ins Land, es gibt aber kaum Aufnahmekapazitäten.

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