Großbritannien:Sunak: Abschiebeflüge nach Ruanda sollen im Sommer beginnen

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Der britische Premierminister Rishi Sunak auf einer Pressekonferenz in London. (Foto: Toby Melville/AP)

Das britische Parlament hat dem umstrittenen Asylpakt mit Ruanda noch gar nicht zugestimmt. Einwände des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte will Sunak ignorieren.

Das Gesetz ist noch gar nicht beschlossen, da verkündet der britische Premierminister Rishi Sunak schon seine Umsetzung. Am Montag erklärte der konservative Politiker auf einer Pressekonferenz, dass Abschiebeflüge nach Ruanda in zehn bis zwölf Wochen starten würden. "Kein Wenn und Aber. Diese Flüge gehen nach Ruanda", sagte Sunak. Auf einem Flugplatz seien bereits Slots für Chartermaschinen gebucht, außerdem seien 500 Personalkräfte ausgebildet worden, um Migranten bis in das ostafrikanische Land zu eskortieren. "Wir sind bereit. Die Pläne stehen. Und diese Flüge werden stattfinden, egal was passiert."

Dabei ist das umstrittene Gesetz zum Asylpakt mit Ruanda bisher nicht einmal durchs Parlament. Das britische Oberhaus hat den sogenannten Ruanda-Plan wiederholt ausgebremst. Sunak will das Vorhaben durchdrücken, weil es zu den Kernprojekten der konservativen Regierung gehört. Es sieht vor, alle Asylbewerber, die illegal nach Großbritannien kommen, nach Ruanda zu schicken. Dort sollen sie dann Asyl beantragen. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen. Mit der Regelung sollen Menschen von der gefährlichen Überfahrt in kleinen Booten über den Ärmelkanal abgehalten werden. Das afrikanische Land soll im Gegenzug Geld von der Regierung in London erhalten. Die Regierung will damit die Einwanderung eindämmen und so eines ihrer zentralen Wahlversprechen umsetzen.

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An diesem Montag soll das britische Unterhaus noch einmal über das Asylpaket diskutieren. Der Gesetzentwurf steckt derzeit im Verfahren zwischen Unterhaus und Oberhaus fest, das mehrheitlich Bedenken dagegen hat. Sunak wies die Parlamentarier seiner Partei in beiden Häusern jedoch an, am Montag so lange zu tagen, bis es verabschiedet ist.

Doch selbst wenn die Lords dem umstrittenen Gesetz zustimmen sollten, könnte Sunak auf juristischen Widerstand stoßen. Unter anderem haben Bürgerrechtsgruppen rechtliche Schritte angekündigt. Sunak steht unter Druck, denn in der zweiten Jahreshälfte 2024 wird ein neues Parlament gewählt und der Premier hat versprochen, "die Boote zu stoppen". In Umfragen liegen die Konservativen deutlich hinter der sozialdemokratischen Labour-Partei, die erklärt hat, den Ruanda-Plan zu kippen, sollte sie die Regierung übernehmen.

Sunak will Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ignorieren

Sunak erklärte außerdem, er wolle Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Zusammenhang mit dem Asylpakt mit Ruanda ignorieren. Dieser hatte in der Vergangenheit Abschiebeflüge von Großbritannien nach Ruanda per einstweiliger Verfügung gestoppt. Später erklärte das oberste Gericht in Großbritannien den Asylpakt für rechtswidrig.

UN-Menschenrechtsexperten haben Fluggesellschaften und Luftfahrtbehörden aufgerufen, sich nicht an solchen Programmen zu beteiligen. Menschen nach Ruanda oder in ein anderes Land zu bringen, von wo aus sie womöglich in ihre Heimat zurück gezwungen werden, könne gegen das Recht auf Schutz vor Folter und andere erniedrigende Behandlung verstoßen. "Wenn Fluggesellschaften und Luftfahrtbehörden staatliche Entscheidungen umsetzen, die gegen die Menschenrechte verstoßen, müssen sie für ihr Verhalten zur Verantwortung gezogen werden", teilten die UN-Sonderberichterstatter mit.

In den vergangenen Jahren sind Zehntausende Migranten nach Großbritannien gekommen, viele auf der Flucht vor Kriegen und Armut in ihren Heimatländern in Asien, Afrika und im Nahen Osten. Oft nehmen sie den riskanten Weg über den Ärmelkanal in kleinen Booten. Organisiert wird die Überquerung häufig von Schleuserbanden. Kritiker halten die Abschiebungen für unmenschlich und bemängeln, Ruanda sei kein sicherer Ort.

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