Asyl-Kompromiss:Europa wird griechisch

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"Damit wird unser Land zum Gefängnis": Die linke Opposition in Griechenland lehnt den Asylkompromiss ab - provisorisches Lager auf Lesbos. (Foto: Aris Messinis/AFP)

In Griechenland lobt die Regierung den europäischen Asylkompromiss - er trägt die Handschrift ihrer eigenen Migrationspolitik.

Von Raphael Geiger

Der Migrationsminister hatte für die Entscheidung in Brüssel nur Lob übrig. "Ein Durchbruch" sei sie, ließ Dimitris Kairidis am Mittwochabend wissen. "Ein historischer Tag", an dem sich zeige, dass "die europäischen Völker gemeinsam mehr erreichen können". Kairidis gehört zur rechtskonservativen Nea Dimokratia von Premierminister Kyriakos Mitsotakis, die Griechenland mit absoluter Mehrheit regiert. Ihre Wahlsiege verdankt die Partei nicht nur dem Wunsch vieler Griechinnen und Griechen nach Stabilität, sondern auch dem Thema, für das Dimitris Kairidis zuständig ist: dem Kampf gegen die irreguläre Einwanderung.

Regierungschef Mitsotakis versprach von Anfang an ein härteres Vorgehen an den Grenzen, also vor allem an der Grenze zur Türkei - in der Ägäis und am Grenzfluss Evros im Norden des Landes. Dabei hatte Mitsotakis nicht nur die Unterstützung seiner Wähler, die sich von den anderen EU-Ländern mit den vielen Ankommenden alleingelassen fühlten. Auch in Brüssel und anderen europäischen Hauptstädten war man froh, dass es Mitsotakis gelang, die Zahl der Ankünfte zu reduzieren, wenn auch zum Teil mit Mitteln jenseits der Legalität. Der griechischen Regierung wurden etwa Pushbacks nachgewiesen, also das rechtswidrige Abschieben von Geflüchteten direkt nach der Ankunft - ohne dass sie die Chance gehabt hätten, Asyl zu beantragen.

Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis punktete bei den Wählern mit seinem Versprechen, härter gegen die illegale Migration vorzugehen. (Foto: Louiza Vradi/REUTERS)

Auf den ägäischen Inseln gegenüber dem türkischen Festland, Kos zum Beispiel oder Samos, entstanden mehrere mit EU-Mitteln finanzierte Aufnahmezentren. Gelder in dreistelliger Millionenhöhe flossen in den Bau. Dabei erinnern die Zentren nicht nur optisch an Gefängnisse. Der Greek Council for Refugees kritisiert, dass die Menschen, während sie auf ihre Asylbewerberkarte warten, die Lager nicht verlassen dürfen. Ärzte ohne Grenzen sprechen von "haftähnlichen" Zuständen, auch wegen der Videoüberwachung im Innern. Wie Griechenland mit Geflüchteten umgeht, beschäftigt immer wieder europäische Gerichte, erst im Januar wurde Athen in zwei Prozessen verurteilt.

Und doch ist die griechische Politik wegweisend für das, was Europa jetzt im Ganzen umsetzt. Schon der EU-Türkei-Deal aus dem Jahr 2016 legte fest, dass die Menschen während ihres Verfahrens die Insel nicht verlassen durften, die sie von der Türkei aus erreicht hatten. Kyriakos Mitsotakis, 2019 ins Amt gekommen, schloss daran an: möglichst zügige Asylverfahren am Ankunftsort, noch dadurch beschleunigt, dass der Premier die Türkei für Syrer und Afghanen zu einem sicheren Herkunftsland erklären ließ. Die türkische Regierung allerdings weigerte sich, die Menschen zurückzunehmen. Die hingen dann fest - in einem rechtlichen Niemandsland.

Zur griechischen Wahrheit gehört bisher allerdings auch, dass die Republik nur ein Transitland ist. Für die meisten Menschen findet sich nach Monaten oder Jahren des Wartens ein legaler oder illegaler Weg dorthin, wo sie eigentlich hinwollen: nach Nordeuropa. Der jetzige europäische Kompromiss will das ändern, die Regierungen sollen sich freikaufen dürfen, wenn sie keine Geflüchteten mehr aufnehmen wollen - eine Art Gebühr an die Länder an den EU-Außengrenzen, die keine Wahl haben. Kostas Arvanitis, Europaabgeordneter der linken Syriza, stimmte am Mittwoch gegen den Kompromiss. "Damit", sagte er, "wird unser Land zum Gefängnis."

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