Gläubige:"Die Menschen brauchen Hoffnung"

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Ausgedünnt, aber vor Ort: Die Kirchen setzen auf ihre Hygienekonzepte, um Ostern nicht nur virtuell zu feiern. (Foto: Christoph Schmidt/dpa)

Nach der Absage der Osterruhe diskutieren nun Kirchen und Politik, wie Gottesdienste in Präsenz stattfinden können. Zuvor hatte sich Horst Seehofer vom Bund-Länder-Beschluss distanziert.

Von Constanze von Bullion und Annette Zoch

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, ist ein Freund digitaler Gerätschaften. Am Mittwoch hatte er gut zu tun mit der bayerischen Landessynode. Für ein Posting auf Facebook aber reichte es. "Mein hoher Respekt für Bundeskanzlerin Angela Merkel!", schrieb er. "Das ist souverän: Fehler erkennen und korrigieren. Ich wünsche mir das als Haltung für unsere politische Kultur überhaupt." Der Kirchenmann bekam reichlich Zuspruch aus dem Netz, mehr als 500 gereckte Daumen, Herzchen, Smileys. Schlauer aber waren die Kirchen am Nachmittag immer noch nicht. Dürfen Gottesdienste an Ostern nun in Anwesenheit von Gläubigen stattfinden oder nicht?

"Derzeit werden in den Bundesländern zwischen den Ländern und den Bistümern Gespräche geführt, wie an den Osterfeiertagen Gottesdienste in Präsenz gefeiert werden können", sagte Matthias Kopp, Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, der SZ. "Die Bistümer und Kirchengemeinden haben bei der Durchführung der Präsenzgottesdienste in den vergangenen Monaten gezeigt, dass sie um ihre Verantwortung wissen." Er gehe davon aus, dass Gottesdienste weiter gefeiert werden könnten. "Die Einhaltung aller Schutz- und Hygienemaßnahmen ist selbstverständlich."

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Am Dienstag hatte das noch anders geklungen. Denn im Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) zur Corona-Pandemie wurde die Bitte ausgesprochen, auf Präsenzgottesdienste an Ostern zu verzichten. Offenbar klingelte wenig später das Telefon bei Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), zuständig für Religion. Kirchenvertreter beschwerten sich über die Aufforderung, von Ostergottesdiensten abzusehen. Und sie fanden Gehör. Seehofer distanzierte sich von dem Beschluss: "Es hat mich schon erstaunt, dass ausgerechnet Parteien, die das C im Namen führen, den Kirchen den Verzicht auf Gottesdienste nahelegen, noch dazu an Ostern", sagte er der Bild-Zeitung. Seehofer stellte allerdings auch klar, dass es sich bei dem Beschluss um eine "Bitte" handle, nicht um ein Verbot.

Kanzlerin dankt Kirchen und Gemeinden "für das Mittragen" der Maßnahmen

Bei der Bundespressekonferenz in Berlin hatten die Sprecherinnen und Sprecher der Bundesregierung am Mittwoch alle Mühe zu erläutern, was denn nun erwünscht ist. "Die Regierungschefinnen und -chefs des Bundes und der Länder sind sich der Bedeutung der Religionsfreiheit ja voll bewusst", sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer. Man habe angesichts steigender Infektionszahlen die Religionsgemeinschaften nur darum gebeten, von Präsenzgottesdiensten abzusehen. Das sei auch weiter die Auffassung der Kanzlerin. Sie danke Kirchen und Gemeinden "für das Mittragen" der Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit. Und weil es Irritationen gegeben habe, würden nun weitere Gespräche geführt. "Es geht darum, eine einvernehmliche Lösung zu finden vor dem Hintergrund, dass das Infektionsgeschehen sich nicht beruhigend entwickelt und wir vor großen Herausforderungen stehen."

Ostergottesdienste mit Präsenz, bitte nicht - so war das zu verstehen. Beim Sprecher von Innenminister Seehofer hingegen klang die Sache anders. Der Bundesinnenminister habe "schon vor Monaten" mit den Glaubensgemeinschaften Hygienemaßnahmen abgestimmt, die "nach den Erfahrungen der letzten Monate tadellos funktionieren", sagt er. Einwände gegen Präsenzgottesdienste seien eher unbegründet, so konnte man das verstehen. Nun soll also noch mal geredet werde, ob die bisherigen Schutzmaßnahmen noch zu optimieren sind.

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch sagte, die Politik habe zugesagt, dass es in diesem Jahr nicht wie Ostern 2020 laufe. Er wolle nicht nur auf Online-Gottesdienste setzen. Auch Bedford-Strohm wandte sich gegen reine Online-Formate: "Dieses Osterfest kraftvoll zu feiern, ist so wichtig wie nie in der jüngeren Vergangenheit! Denn die Menschen brauchen Trost, die Menschen brauchen Hoffnung, die Menschen brauchen Licht in der Dunkelheit." Auf den Ostersonntag fällt in diesem Tag auch der letzte Tag des jüdischen Pessach-Festes. Auch jüdische Gemeinden hatten angekündigt, Präsenzgottesdienste zu feiern.

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