Ostern:"Gottesdienste sind sicher"

Lesezeit: 2 min

Die Kirchen sollen an den höchsten Feiertagen auf Zusammenkünfte verzichten. Doch Bischöfe und Priester protestieren. Manche haben dennoch virtuelle Alternativen geplant.

Von Thomas Balbierer und Elena Kolb, München

Für Clemens Hergenröder begann der Dienstagmorgen mit einem bösen Erwachen. Mitten in der Nacht hatten Bund und Länder ihre neuen Corona-Beschränkungen vorgestellt. Was Hergenröders Start in den Tag gehörig vermieste, war ein Satz, der sich unter Punkt 4 des Beschlusspapiers findet: Man wolle vor Ostern auf die Kirchen zugehen "mit der Bitte, religiöse Versammlungen in dieser Zeit nur virtuell durchzuführen", steht da. Keine Gottesdienstbesuche zu Ostern? Wieder nicht? "Das ist eine Unverschämtheit", empört sich der Ingolstädter Stadtpfarrer am Telefon.

In seiner Pfarrei St. Josef habe man die Zeit zwischen Palmsonntag und Ostermontag längst vorbereitet. Der Vorstoß aus Berlin komme völlig unerwartet. "Das sind für Christen die wichtigsten Tage im Jahr", sagt der Katholik. Sie nach dem ausgefallenen Osterfest im vergangenen Jahr erneut abzusagen, "das geht zu weit". Hergenröder kündigt an, die Bitte der Politik im Zweifel auszuschlagen. "Gottesdienste sind sicher."

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Der Wille der Politik, den Oster-Shutdown auch auf Kirchen auszuweiten, kam für viele Christen überraschend. In einer ersten Reaktion auf Twitter erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Limburgs Bischof Georg Bätzing, man wolle auf Ostermessen "nicht verzichten". Bayerns Landesbischof und Chef der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, kündigte an, sich die Empfehlung von der Politik "genau erläutern zu lassen" und erst danach über das weitere Vorgehen zu beraten. Noch am Montag hatte Bedford-Strohm "keinen Anlass" gesehen, am Stattfinden der Gottesdienste zu zweifeln.

Im vergangenen Jahr waren Gottesdienste mit Besuchern nicht erlaubt, viele Christen feierten die Messen virtuell mit. "Für Ostern hatte ich eigentlich auf die Auferstehung aus dem Lockdown gehofft", sagt Hannes Schott, evangelischer Pfarrer in der Nürnberger Gemeinde St. Jakob. Der Beschluss habe ihn überrascht, klar. Unvorbereitet sei man aber nicht. "In unserer Gemeinde hatten wir von Anfang an geplant, neben den Präsenzgottesdiensten auch Aufnahmen auf Youtube hochzuladen." Man nutze nun den Digitalisierungsschub, den die Pandemie gebracht habe.

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Augsburgs Bischof Bertram Meier gibt die Hoffnung auf Ostermessen noch nicht auf. Er setze darauf, nach den Verhandlungen mit der Regierung "doch öffentliche Präsenzgottesdienste mit strengen Auflagen feiern zu können", sagt er. Die Kirche sei "keine virtuelle Organisation". Weniger auskunftsfreudig gibt man sich im Katholischen Büro Bayern. Ein Sprecher verweist auf Bätzings Tweet und sagt, man wolle die Gespräche mit der Regierung abwarten. Ähnlich äußert sich das Bistum Passau. Ein Sprecher des Bistums Eichstätt teilt mit, dass "fieberhaft nach einer Lösung gesucht" werde, die "allen Gläubigen gerecht wird", und verschickt vorsorglich einen Link zu den vielen virtuellen Kirchenangeboten, die Namen wie "Brauchtum@home" tragen.

Ostern at home, so stellt sich die Regierung die Festtage vor. Wer zu Hause bleibt, kann sich kaum mit Corona infizieren, das ist die Idee. Doch allzu streng scheint es Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit den Kirchen nicht zu meinen. Zwar halte man am Appell "zu vermehrt virtuellen Angeboten" fest, sagte Söder nach der Kabinettssitzung am Dienstag. Aber man werde "keinen Druck" auf die Kirchen ausüben. Pfarrer wie Clemens Hergenröder müssen den Staat also nicht fürchten, wenn sie trotzdem Messen feiern.

Macht nun jeder, was er für richtig hält? Davor warnt Klaus Weber, Pfarrer der evangelischen Gemeinde St. Lukas in Regensburg: Man dürfe "die Entscheidung, wie Gottesdienste an Ostern gefeiert werden, nicht auf die kleinen Gemeinden schieben". Stattdessen wünscht er sich klare Vorgaben von Politik und Kirchenführung. Das letzte Wort könnten ohnehin die Gläubigen haben. Bleiben die Kirchen offen, müssen sie entscheiden, wo sie Ostern feiern wollen: im Gotteshaus oder zu Hause.

© SZ vom 24.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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